Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)
der Hass auf alles Lebendige. Sie sind nicht interessiert an Verhandlungen oder Gold, und es kümmert sie auch nicht, was ihr wollt. Sie werden Eichenblattstadt erst wieder verlassen, wenn sie uns alle erledigt haben.«
»Das ist doch Unsinn«, zischte Hams und stampfte verärgert auf Oda zu, doch Gunder versperrte ihm den Weg. »Wer ist die Frau überhaupt? Warum kann sie hier bestimmen. Sie ist eine Fremde.«
»Sie ist eine Fremde«, bestätigte Gunder. »Na und, ist das jetzt bereits schon ein Verbrechen in Eichenblattstadt?«
Hams drehte verärgert ab und trat mit dem Fuß gegen eine der Bänke.
»Die Zwerge sind aufgetaucht, nachdem Rubinia die Frau mit ins Dorf gebracht hat«, erklärte Wende. »Vielleicht sind sie ihretwegen hier?« Wende sah sich nach etwas Unterstützung bei den anderen um und fand sie.
»Wir sollten sie einfach hinauswerfen. Vielleicht lassen uns die Zwerge dann in Ruhe und ziehen wieder ab«, schlug Isla Grünblatt vor.
»Ja, wer weiß, was sie verbrochen hat. Vielleicht hat sie die Zwerge bestohlen«, mutmaßte Friga Butterblums. »Sie soll hinausgehen und sich stellen … oder wenigstens mit ihnen sprechen.«
Rubinia hatte genug gehört. Zornig fuhr sie von der Bank hoch. »Ist das die Gastfreundschaft, mit der Fremde in Eichenblattstadt aufgenommen werden? Ich kenne euch alle als vernünftige und zuvorkommende Leute. Was ist nur los mit euch? Eine Gräueltat mit einer anderen aufzuwiegen, ist das jetzt der neue Leitspruch von Cephei? Ihr seid doch alle nicht mehr bei Sinnen.«
Rubinia wusste, wie man mit aufgebrachten Gemütern umzugehen hatte, jedenfalls hatte sie das bis zum heutigen Tage gedacht. Ein paar energische Worte ließen die meisten ihrer alten Nachbarn sonst schnell verstummen oder wenigstens für einen Moment in sich kehren. Halblinge waren keine hitzköpfigen Charaktere, und ein kleiner Dämpfer ließ ihren Groll schnell abkühlen. Aber heute war alles anders. Die Butterblums, Findlings und Furtfußens starrten sie hasserfüllt an. Selbst die, die sich bislang nicht eingemischt hatten und mit Zurückhaltung aufwarteten, warfen ihr feindselige Blicke zu.
»Du hast diese Fremde hierhergeschleppt«, fauchte Hams. »Wahrscheinlich steckst du hinter alldem. Nicht umsonst haben wir dich aus Eichenblattstadt weggeschickt. Genau wie Gunders Sprösslinge hast du auch immer nur Flausen im Kopf gehabt. Ein Ehemann hätte dir ganz gutgetan Er hätte dir mit harter Hand gezeigt, wo es langgeht und wie man sich als wertvolles Mitglied in eine Dorfgemeinschaft einbringt. Doch stattdessen hast du dich lieber in den Dienst eines Magiers gestellt. Dieser Othman hat dich vergiftet mit seiner Zauberei.«
Rubinia war für einen Moment sprachlos. Wurden langsam alle verrückt? Was um Himmels willen ging nur vor in dieser Stadt? Rubinia konnte nicht mehr anders. War sie sonst bekannt für ihre ruhige und gelassene Art, die Dinge anzugehen und Streitereien auszuweichen, brach es plötzlich aus ihr heraus wie aus einem Vulkan.
»Ist euch allen der Bärlauch zu Kopf gestiegen?«, brüllte sie. »Ich habe Eichenblattstadt aus freien Stücken verlassen, und wie es aussieht, war das die einzig richtige Entscheidung. Ich bin gekommen, um zu sehen, was hier vor sich geht. Milo und Bonne haben mir von dem grauenhaften Vorfall im Ratssaal erzählt. Ich habe ihnen nur meine Hilfe angeboten. Und ja, ihr habt Recht, Oda ist vor den Zwergen geflüchtet. Sie ist von ihnen wegen Diebstahls verurteilt worden. Aber selbst wenn sie geflohen ist, haben die Bärtigen kein Recht, sie zu jagen und zu töten, genauso wenigwie sie einfach nach Eichenblattstadt einmarschieren und Unschuldige niedermetzeln können. Ihr solltet euch allesamt schämen, an eine Auslieferung zu denken. Was glaubt ihr, was sie mit Oda machen würden?«
Für einen kurzen Moment hatte Rubinia es geschafft, alles Gerede verstummen zu lassen. Doch die flammenden Blicke blieben.
»Habe ich es doch gewusst!«, rief Hams. »Ihr beide bringt uns nichts weiter als Scherereien. Euretwegen mussten so viele Kinder, Frauen und Männer sterben. Wie konntest du diese Diebin hierherbringen und dann darauf hoffen, dass die Zwerge sie nicht verfolgen würden?«
Oda trat von dem Fenster zurück und stieß eine der Ziersäulen, die in der Nähe des Eingangs standen, um. Die Schale mit frischen Blumen, die darauf gethront hatte, zersplitterte auf dem Boden, und Wasser und Scherben verteilten sich zu ihren Füßen.
»Das dort draußen sind keine
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