Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)
Zwerge«, sagte sie erneut, als alle Blicke auf ihr ruhten. »Habt ihr mir nicht zugehört? Es sind Wiedergänger. Tote, die zurück auf diese Welt geholt wurden. Sie scheren sich einen Dreck um die Gesetze der Zwerge oder um euer Schicksal. Sie gehorchen nicht mehr den irdischen Gesetzen. Sie folgen nun einer höheren Macht. Kein Elf, Zwerg, Mensch oder Halbling ist in der Lage, solche Kreaturen zu erschaffen. Was dort draußen auf uns lauert, ist ein Werkzeug der Götter.«
»Dann sind es die Götter, die du erzürnt hast«, keifte Wende Furtfuß. »Ein Grund mehr, dich ihnen auszuliefern. Es ist sicherlich nicht Cephei, die deinen Tod will. Vielleicht ist es dieser Zwergengott oder sogar dieser Götze, den die Grünbluter anbeten. Ich sage, werft sie aus dem Tempel, und diese toten Zwerge werden uns in Ruhe lassen.«
Rubinia stellte sich zwischen Oda und die aufgebrachte Meute. Sie spürte, dass es nicht mehr weit war, bis sich alle gegenseitig an die Kehle gingen. Sie musste es schaffen, dass alle zusammenhielten. Der Feind stand vor den Türen und nicht hier drin. Nur gemeinsam konnten sie die Zwerge, oder was sie auch immer waren, bezwingen.
»Wir sollten warten, bis Hilfe kommt«, bat sie. »Ich war in Begleitung eines Tunnelgnoms, als ich hierherkam. Wahrscheinlich ist er schon auf dem Weg zurück zum Krähenturm, um Meister Othman zu informieren. Wenn uns einer gegen diese Kreaturen helfen kann, dann er. So lange sollten wir Ruhe bewahren und uns weiter hier verschanzen.«
Suse Findlings und einige andere nickten nachdenklich. Der Rest blickte sich ratlos um und schien nach einer Stimme zu suchen, die ihre Feuer wieder entflammen ließ.
»Sie zünden die Häuser an«, keuchte Mira Butterblums und zeigte durch das farbige Fenster, hinter dem bunte Flammen in grün, gelb, blau und rot zu tanzen schienen.
Oda kehrte sofort wieder zu dem milchig weißen Splitter zurück und heftete ihren Blick nach draußen.
»Vielleicht ist es nur aus Versehen passiert«, suchte sie nach einer Erklärung. »Wiedergänger meiden die Flammen.«
Auch Rubinia hatte sich gen Fenster gewandt. Sie wollte sich gerade wieder zu den aufgebrachten Halblingen umdrehen, um erneut beruhigend auf sie einzuwirken, da traf sie ein Knüppel am Kopf. Sie schrie auf und taumelte. Hams Furtfuß stand vor ihr. In der Hand hielt er ein gedrechseltes Stück Holz wie von einem Stuhlbein. Sein Gesicht war vor Wut verzerrt, und bevor sie den Arm zum Schutz heben konnte, schlug er ein weiteres Mal zu, und Rubinia ging zu Boden.
»Das hat uns gerade noch gefehlt«, grollte er. »Dieser Othman, dem du dich verschrieben hast, ist hier genauso wenig willkommen wie du. Zauberer bringen nur Unglück über alle. Und diese Gnome sind nichts weiter als kleine Teufel. Meine Frau hat Recht, wir sollten dich und diese Diebin einfach hinauswerfen und dafür beten, dass die Zwerge damit besänftigt sind. Kommt, wer hilft mir?«
Gunder sprang vor und stieß Hams zurück, der daraufhin zwischen den Bänken zu Boden ging, sich aber sofort wieder aufrappelte und den Knüppel schwang. Gunder ließ einen Dolch in seiner Hand aufblitzen, und seine Augen verrieten, dass er keine Angst davor hatte, ihn auch zu benutzen.
»Wage es nicht, meiner Schwester noch einmal zu nahe zu kommen, Hams Furtfuß«, schnaubte er. »Ich werde dich und jeden anderen niederstechen, der es versuchen sollte.«
»Das sieht dir ähnlich, Gunder. Die ganze Familie Blaubeers ist wie ein wurmstichiger Apfel. Ihr alle seid verdorben und verrottet. Ihr gehört einfach nicht hierher. Es ist kein Wunder, dass deine Söhne so missraten sind, denn du und deine Schwester, ihr seid keinen Deut besser.«
Gunder hielt die Spitze seines Dolches weiter auf Hams gerichtet, während er Rubinia eine Hand reichte, um ihr aufzuhelfen.
»Deine Wunde blutet wieder«, sagte er. »Setzt dich dorthin. Wir müssen sie neu verbinden.«
Hams hatte mittlerweile einen weiteren Verbündeten gefunden. Sein Bruder Tune, ein sonst äußerst zurückhaltender Mann, hatte sich mit einem geschmiedeten Kerzenständer bewaffnet, der genauso groß war wie er selbst. Wie eine Standarte trug er die gewundene Eisenstange vor sich her, den Spieß, auf dem die Kerze sonst steckte, voran.
»Deine Schwester kannst du vielleicht beschützen«, grunzte Hams, »doch diese diebische Elster gehört uns.«
Mit wenigen Schritten hatten sie Gunder und Rubinia umrundet und hielten auf Oda zu. Die junge Halblingsfrau drückte sich mit dem
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