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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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wäre überwiegend Blut aus diesem Viertel.
    Es war zu spät, darüber nachzudenken. Als Söldner verschwendete man vor einer Schlacht am besten überhaupt gar keine Gedanken. Sie lenkten nur ab. Doch hier und jetzt war er nicht nur ein Söldner. Er war ein Truppführer, und die Männer verließen sich auf ihn. Wenn die Schneidergesellen, die Handwerksburschen, die Schreiberlinge und die Tagelöhner, die ihm folgten, überhaupt eine Überlebenschance hatten, dann nur, wenn er sie ihnen verschaffte. Die Berittenen waren zu gefährlich, um ihnen nicht genügend Aufmerksamkeit zu schenken. Sie durften auf keinen Fall freie Hand bekommen, in den Kampf einzugreifen. Manche mochten denken, ein Reiter sei schnell vom Pferd geholt. Das stimmte vielleicht, wenn man aus hundert Fuß Entfernungmit Pfeilen schoss. Im Nahkampf konnten Pferd und Reiter jedoch eine todbringende Einheit bilden, wenn sie trainiert waren, was Dorn nicht in Frage stellte. Das Pferd verschaffte sich mit Gewicht, Kraft und Schnelligkeit Freiraum. Wer nicht bereit war zu weichen, wurde zertrampelt. Jeder, der es dennoch schaffte, nahe heranzukommen, wurde vom Rücken des Pferdes aus vom Reiter attackiert. Die erhöhte Stellung verschaffte einen guten Überblick und bot ihm eine optimale Kampfposition. Seine Treffer waren meist tödlich, da ein Reiter Kopf, Hals und Schultern seiner Gegner attackierte.
    Dorn plante eine weitere Ablenkung, die so einfach wie Erfolg versprechend schien, aber auch dümmer war als alles, was er je gemacht hatte.
    »Ihr bleibt zurück, bis ich das Signal gebe«, bläute er den Männern, die bei ihm standen, erneut ein. Stummes Nicken antwortete ihm.
    Dorn schmiegte sich an die Hauswand wie eine Katze, die einen Vogel an der Tränke belauerte. Die Pferdehufe auf dem Pflaster wurden lauter und übertönten das rhythmische Getrampel der zwei Rotten Männer dahinter. Dorn überschlug die Entfernung bis zur Straßenmitte und kam auf acht Schritte. Von seiner jetzigen Position konnte er nur einen kleinen Teil der Gasse einsehen. Es war ein schmaler Grat, auf den er sich wagte. Der Kopf eines Pferdes erschien in Dorns Sichtfeld. Das Tier scheute und warf unruhig den Kopf in die Höhe. Es schien das Unheil mit seinen großen Nüstern wittern zu können. So wie das Pferd in seiner Bewegung erstarrt war, so setzte auch bei Dorn das Herz einen Schlag aus. Der Söldner hielt den Atem an. Auf ein Schnalzen hin schnaubte das Pferd und setzte sich wieder in Gang.
    Die Reiter passierten die Gasse zum Hinterhof. Ein Blick zur Seite hätte gereicht, und sie hätten Dorn entdeckt und damit seinen ausgeklügelten Plan zunichtegemacht. Doch die beiden beäugten lieber die Frau, die ihrem scheinbar betrunkenen Mann auf die Beine half.
    Dies war der richtige Moment. Dorn sprang auf, sein schweres Kurzschwert gezückt, und stürmte brüllend mit vier weiten Schritten auf die Reiter zu. Pferde waren so berechnend, stellte er erleichtert fest. Erschreckte man sie, drehten sie sich zu einem, stiegen auf die Hinterläufe und nahmen ihren Reitern damit die Möglichkeit, einen Hieb von der Flanke des Pferdes aus in Richtung des Angreifers zu führen.
    Dorn tauchte links unter der Brust des ersten Tieres weg und hieb mit dem Schwert auf den rechten Hinterlauf ein. Das Pferd schrie, und dazu gesellten sich die Schreie und Flüche der Regorianer. Dorn richtete sich zwischen den Flanken der Pferde auf, sprang hoch und stieß sein Kurzschwert in den Bauch des Reiters auf dem zweiten Pferd. Alle Augen ruhten auf ihm   – die des Tieres ebenso wie die seines sterbenden Reiters.
    »Angriff!«, brüllte Dorn, als das verletzte Pferd neben ihm zur Seite stürzte und den bis dahin noch unverletzten Reiter unter sich begrub. Die Regorianer, die ihre Waffen noch nicht gezogen hatten, taten dies jetzt. Im selben Augenblick fiel der Mob von allen Seiten über die Glaubenskrieger her, während hinter ihnen die Maultiere die Barrikade über die Straße zogen.
    Der Zeitpunkt hätte besser nicht sein können. Für einen kurzen Moment schien es, als wenn die Regorianer einfach überrollt würden. Die Waschfrauen fischten zwei lange Dolche aus ihren Zubern und fielen über einen der Männer her. Der betrunkene Mann vor der Schenke griff einen Speer, den er als Stab eines Lampenanzünders getarnt hatte, und schleuderte ihn einem Söldner durch den ledernen Brustpanzer. Die Kartenspieler stießen den Tisch beiseite, an dem sie gesessen hatten, und stürzten sich wie im

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