Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)
den Frauen. Theresas Schluchzen verklang, und man konnte sie schließlich hinausschicken, weil sie am Krankenbett ohnehin keine Hilfe war.
Penelope hatte die Ärmel hochgekrempelt und sich neben Elizabeth auf das Bett gesetzt. Es gab nicht viel nachzudenken – sie tat, was sie seit frühster Jugend getan hatte, wenn die Mutter Frauen untersucht und behandelt hatte, sie stützte die aufgestellten Beine, wechselte Tücher aus und drückte die Hand der Patientin, wo es nötig war. Kreuz schaute sie kurz an. Anerkennung lag in seinem Blick, doch er sparte sich Worte. Und so arbeiteten sie Seite an Seite, stumm und mit routinierten Bewegungen, Penelope bettete das Becken der Gouverneursgattin auf Kissen, während er sie erneut untersuchte und sie Elizabeth mit leisen Worten beruhigte und ihr erklärte, was sie als Nächstes tun würden.
»Du bist so ein kluges Mädchen«, flüsterte Elizabeth. »Ich danke Gott, dass du hier bist, ich hab solche Angst …«
»Ihnen wird nichts geschehen, Madam.« Penelope strich ihr mit einem feuchten Tuch über die schweißnasse Stirn. Nein, ihr würde nichts geschehen, wenn der Doktor seine Arbeit richtig machte. »Ein wenig Fieber vielleicht. Wir sorgen für Sie, Madam. Haben Sie keine Angst.«
Elizabeth schlang stumm den Arm um sie. Einen kurzen Moment verharrten sie so. Dann flüsterte sie Penelope ins Ohr: »Ich wünsche mir so sehr ein Kind …«
Bernhard Kreuz warf ihr einen Blick zu, als sie wieder an ihren Platz rutschte, um ihm zur Hand zu gehen. Ein Versuch der Aufmunterung lag in diesem Blick. Doch wederkonnte er den Blutfluss stoppen noch verhindern, dass ihm die Frucht förmlich in die Hände glitt. Penelope reichte frische Tücher und warmes Wasser, und dann sah sie, wie er in seiner Instrumententasche kramte, leise, um Elizabeth durch das Metallklappern nicht zu ängstigen, und wie er jene Instrumente hervorzog, die schon ihre Mutter benutzt hatte. Sie schloss die Augen.
Ein wenig Laudanum nahm Elizabeth die Schmerzen, und sie konnte ohne Furcht ertragen, dass Kreuz die Kürette in ihrem Unterleib versenkte, um herauszuholen, was nicht von selbst hatte kommen wollen. Wie einst Mary verrichtete er seine Arbeit mit großer Ruhe und Besonnenheit. Elizabeth ertrug die Prozedur tapfer und ohne Klage. Nur ihre Hand, mit der sie Penelopes Finger umklammert hielt, verriet ihre Verzweiflung.
»Madam …« Kreuz tauchte seine Hände in die Schüssel mit warmem Wasser und trocknete sie an einem frischen Handtuch ab, während Penelope das blutverschmierte Leinzeug so zusammenraffte, dass Elizabeth es gar nicht erst zu sehen bekam.
»Madam, Sie sollten nun ein paar Tage ruhen. Versuchen Sie so viel wie möglich zu schlafen, denn ein wenig werden Sie fiebern, fürchte ich. Dr. Redfern und ich werden so oft wie möglich nach Ihnen schauen.« Er trat näher an ihr Bett. »Es tut mir so leid. Ich hörte von Ihren …«
»Danke für Ihre Hilfe«, unterbrach Elizabeth ihn. Ihrer Stimme war anzumerken, dass sie kein Mitleid duldete. »Ich weiß zu schätzen, dass Sie so schnell gekommen sind. Bitte beruhigen Sie meinen Mann. Ich habe Penelope bei mir …«
»Ja, das haben Sie, Madam. Welch ein Glück für Sie …«
War es Einbildung oder strich seine Hand über ihrenRücken, bevor er das Zimmer verließ? Verwirrt beugte Penelope sich über Elizabeth und half ihr, sich in den Kissen zurechtzulegen.
Mit den benutzten Tüchern im Arm folgte sie Kreuz zur Tür hinaus und wurde Zeugin, wie Lachlan sich durch den Raum auf den Doktor stürzte.
»Wie geht es ihr? Konnten Sie was tun? Konnten Sie es retten? Was soll ich tun – sagen Sie mir, was ich tun soll –«
»Es tut mir leid, Exzellenz«, sagte Kreuz leise. »Ihre Gattin hat das Kind verloren. Und viel Blut dazu, besorgniserregend viel. Geben Sie gut auf sie acht.«
Lachlan duldete an diesem Tag niemanden am Bett seiner Gattin, und so fand Penelope sich alleine im Garten wieder – dort, wo alles passiert war und wo der Korb mit der abgebrochenen Seerose immer noch lag, weil niemand Zeit gehabt hatte, ihn wegzuräumen.
Einige Tage später stand Elizabeth mit einer Gartenschürze bekleidet vor Penelope und hielt ihr den Rechen hin. Blässe ließ ihr Gesicht schmaler wirken, und auch die schwarzen Löckchen hingen ein wenig traurig aus der Frisur. Das Flechten war ihr nicht so recht gelungen, doch ihr Lächeln war fast wieder das alte. Für den Abend wurden Gäste erwartet, zehn an der Zahl, und die Köchin drehte sich schon
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