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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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erinnerte sich immer seltener. Sie sank auf den Küchenhocker und starrte vor sich hin. Wenn sie sich das schwankende Schiff ins Gedächtnis rief, kam alles andere auch … Kälte. Nässe. Das Beißen des Salzes auf wundgescheuerter Haut. Zahnfleischbluten. Die drangvolle Enge, der man nicht entfliehen konnte … die Fesseln an den Fußgelenken.
    Fahle Gedanken an diesem friedlichen Abend. Vor dem offenen Fenster zirpten die Grillen. Das Mondlicht schien sanft durch die Bäume, und Elizabeths gehüteter Salbei unter dem Fenster zauberte mit seinem Duft ein Pflaster auf das Gemüt. Nachdenklich formte Penelope Kringel aus dem Teig, den Ernestine ihr noch hingelegt hatte. Sie war nicht müde, sie hatte die ganze Nacht Zeit dafür und Zeit, ihren Gedanken nachzuhängen. Ernestine schnarchte wie ein ganzes Heer von Hafenarbeitern, und da sie sich das Bett im Obergeschoss teilten, war es bisweilen schwer, Schlaf zu finden.
    Hin und her rollte der Teig in ihren Händen, wie ein Schiff auf hoher See. Wieder sprühten die Wellen über die Reling, trugen sie zurück auf die Miracle, ließen Gesichter vor ihrem inneren Auge tanzen, vergessene Gesichter, vermisste Gesichter, die Mutter, Jenny, Liam – Liam. Es war relativ leicht gewesen, nicht mehr an ihn zu denken. Er hatte nicht in das Haus Macquarie gepasst. Weder sein vernarbter Rücken noch die aufreizende Nacktheit, die er zurSchau trug, und auch nicht der gierige Blick, mit dem er ihr nachgestellt hatte.
    Plötzlich klapperte die Tür. Lachlan Macquarie betrat die Küche, und sie sprang auf und klopfte das Mehl von ihren Händen, um ihm zu Diensten sein zu können.
    »Kannst du auch nicht schlafen?«, fragte der Gouverneur. »Das solltest du aber, morgen wird sicher wieder ein arbeitsreicher Tag. Wenn du Zweifel daran haben solltest, frag meine Frau.« Er grinste gutmütig. Zu ihrer größten Überraschung ließ er sich an ihrem Küchentisch nieder und fingerte an den Teigkringeln herum. »Arbeitsreicher Tag, ja. Wie für mich. Immer Arbeit … selbst wenn ich ins Bett gehe«, brummte er.
    »Hat Mr. Greenway Ihnen keine Zerstreuung bringen können?«, fragte Penelope vorsichtig. Mit Sicherheit war solch eine Frage nicht schicklich, doch hatte sie das Gefühl, dass Macquarie sich tatsächlich unterhalten wollte, obwohl sie nur das Hausmädchen war und ein Sträfling obendrein.
    »Zerstreung? Greenway?« Der Gouverneur lachte hart auf. »Greenway streut allenfalls Zweifel in meinen Kopf oder schlechte Ideen – solche, die sich nicht umsetzen lassen. Er zerstreut mich mit seiner Kritik dergestalt, dass ich hinterher noch verwirrter bin – was für ein amüsanter Abendgast!« Seine Faust donnerte auf den Tisch … »Greenway – ein genialer Architekt. Einer mit Visionen und Ideen – vor allem mit häretischen Ideen. Den ganzen Abend hat er mich mit dieser Rumgeschichte geärgert. Ich dürfe niemanden mit Rum bezahlen. Rum sei keine Bezahlung. Rum könne keine Gegenleistung erwarten. Außer dem Suff. Und was der Suff aus Häusern mache, könne ich ja an meinem neuen Rum-Hospital anschauen.« Wieder hieb die Faust auf den Tisch. »Geld müsse ich den Leutenzahlen. Echtes Geld. Wo soll ich bitte Geld hernehmen? Einen chinesischen Penny für diesen, einen portugiesischen für jenen, einen britischen Schilling für den Dachdecker, und dann wären da noch drei französische Ich-weiß-nichtwas-Münzen für den Maler. Wenn wir suchen, finden wir sicher noch andere lustige Geldstücke, von denen niemand weiß, was sie eigentlich wert sind. Und sie alle gehen dann mit ihren Münzen zu Mr. Lord in den Laden und wollen sich neue Schuhe kaufen. Was soll ich dem armen Mr. Lord sagen? Ist der chinesische Penny genauso viel wert wie das französische Ding? Oder was?«
    Der Gouverneur stand auf und stampfte erregt durch die Küche, so lange, bis er die Rumkanne gefunden hatte, die Ernestine auf der Anrichte vergessen hatte. Er leerte sie in einem Zug. »Das sagst du auf keinen Fall meiner Frau.«
    Penelope nickte. Elizabeth hasste den Rum wie kaum etwas anderes.
    Als der Gouverneur nicht mehr weiterschimpfte, setzte sie ihre Arbeit fort. Rollte Kringel um Kringel, knetete einen Boden hinein, setzte sie auf das Kuchenblech, und als sie damit fertig war, nahm sie den Konfitürentopf und ließ von einem Löffel süße Masse in die Mitte der Kringel fallen. Das war die schönste Arbeit – die Verzierung mit der Erinnerung des Sommers, dessen Duft man in der ganzen Küche riechen

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