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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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Moment, und sie genoss seine Blicke wie ein kurzes Sonnenbad.
    »Penelope«, wiederholte er. »So hieß die Frau des Odysseus. Kennst du die Geschichte?« Er lächelte. »Sie wartete zehn Jahre lang auf ihren Gatten. Penelope war die beste Ehefrau der Welt.«
    Penelope wagte einen Blick in seine Augen. So dicht, wie er vor ihr stand, konnte sie jede Einzelheit darin erkennen, die Farbnuancen, die kleinen Zacken am Rand der Iris, die hellen Wimpern und auch die dunklen breiten Schatten, die der Hunger den Menschen ins Gesicht malte. Blasse Sommersprossen belebten das Gesicht des Iren; in guten Zeiten mochte er ein schöner Mann gewesen sein.
    »Penny hat einen Verehrer«, meinten die Frauen, die sie beobachtet hatten, beim Essen und kicherten. Sie griffen in ihr strähniges Haar, um es wie bei einer Dame hochzustecken. »Penny hat einen Galan!«
    Mary sah stirnrunzelnd den rosigen Schimmer auf den Wangen ihrer Tochter. So fing es an. So fing es immer an. Danach kam jenes Brennen in der Brust, und die Sehnsucht fing an, körperlich zu quälen. Mary wusste nur zu gut, wie man sich nach einem Mann verzehren konnte. Ihre Tochter war durchaus hübsch mit den dunkelblonden Haaren und dem schmalen, herzförmigen Gesicht. Sie befand sich in dem Alter, wo Mädchen noch nichts über ihre Schönheit wussten, wenn ihre Brüste ihre endgültige Form noch nicht erreicht hatten, sie einem Mann aber schon keck zulächelten. Mary hatte Penelope über ihr Aussehen stets im Unklaren gelassen – die Sünde würde noch früh genug in ihr Leben treten.
    Auch sie hatte die Blicke zwischen Penelope und dem verdammten Iren bemerkt und begann, sich Sorgen zu machen.
     
    Nichts blieb auf dem Schiff unentdeckt. Die Wände hatten Augen, jede Schraube in den Planken schien zu lauschen, sobald zwei Menschen sich unterhielten. Niemals war man alleine, nicht beim Essen, nicht beim Schlafen, nicht beim Scheißen. Immer gab es Blicke, Neugier, dummes Gequatsche. Die Langeweile am anderen gebar törichte Ideen und Gemeinheiten, um die sich die Aufseher jedoch nicht scherten, solange sie ihnen selbst keinen Ärger bereiteten.
    Und so hingen die Blicke der Gefangenen aneinander, weil sie sich an den Nebelbänken, die das Schiff von der Außenwelt abtrennten, nicht festhalten konnten. Dasnächste Mal brachte Liam etwas für sie mit. Man hatte Penelope dazu eingeteilt, jenen Belag von der Reling zu kratzen, den Wind und Seewasser mit sich brachten. Die Bürste, die Mike, der Aufseher bei den Frauen, ihr in die Hand gedrückt hatte, besaß kaum noch Borsten, und Penelope wusste, dass es am Ende des Tages Ärger geben würde, weil sie die aufgetragene Arbeit nicht ordentlich genug hatte erledigen können. Ärger hieß möglicherweise, dass sie kein Essen bekam. Sie versuchte verzweifelt, den Belag mit den Nägeln herunterzukratzen, und ließ die Arme resigniert sinken, weil die Schicht zu dick war.
    »Das sind wohl kaum die richtigen Hände für solch eine Arbeit.«
    Unförmig und grau hing das Geschenk des Iren vor ihrer Nase: ein Kanten Brot.
    »Für dich«, sagte Liam gegen das Heulen des Windes. Ahnte er, dass sie heute ohne Essen auf ihren Schlafplatz kriechen würde? Das Brot, das er ihr darbot, war verschimmelt, aber der Hunger hatte sie gelehrt, dass Ekel nicht sättigt. Sie verschlang inzwischen alles, was man ihr vorsetzte, ganz gleich, woher es kam. Trotzdem zögerte sie. Die Gier in seinem Blick verriet, dass dieses Brot seinen Preis haben würde.
    »Willst du’s etwa nicht?«, fragte er erstaunt.
    »Doch«, sagte sie schnell und griff nach dem Brot. Zwei große Bissen stopfte sie sich in den Mund und steckte den Rest in ihren zerrissenen Kleiderausschnitt. Liam verfolgte ihre Hände, sein Blick blieb zwar an ihrer halbnackten Brust hängen, aber froh schien ihn etwas anderes zu machen. Vielleicht, dass sie sein Brot angenommen hatte. Er lächelte jedenfalls. Dann traf ihn Mikes Stock im Rücken. Liam stürzte mit einem erschrockenen Laut über sie, undfür einen flüchtigen Moment war sein Gesicht neben ihrem, während er sich an der Reling abfing, um sie nicht unter sich zu begraben …
    »Heirate mich, Mädchen«, presste er hervor. »Heirate mich …« Der Stockhieb musste schmerzen, doch schaffte er es, sie mit den Lippen an der Wange zu berühren, bevor Mike ihn fluchend davonschleifte, um ihn in einer verborgenen Ecke wissen zu lassen, dass der Kontakt zu den Weibern streng verboten war.
     
    Die anderen hatten alles mit

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