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Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte - eine Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rütten & Loening Verlag <Potsdam>
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ihnen gegeben zu wachsen. Der Duft, den sie aus ihrer Erinnerung hineinhäkelte, schenkte ihrer Seele neue Kraft.
    Penelope häkelte wie besessen, fertigte Blatt um Blatt und formte dann eine zierliche Kette aus Maschen. Da sie nicht sprach, ließ man sie in Ruhe, aber neugierig verdrehten die Frauen ihre Hälse, um herauszufinden, was sie hinter der Kochhütte trieb, wo Mary und Jenny sie mit ihrem Kind abschirmten. Zu tratschen fiel ihnen nichts ein. Es war, als habe die lange Seereise alles Getratsche erschöpft.
    Dafür wuchs die Unruhe auf dem Schiff … »Noch drei Tage«, hörte man die Seeleute raunen, und: »Bald ist es vorüber – bald!« Auch die Wachleute hingen an der Reling, statt ihren Aufgaben nachzugehen, und mussten immer öfter daran erinnert werden, dass sie Gefangene zu bewachen hatten. New South Wales lag vor ihnen, es war nur eine Frage der Zeit, wann man Land würde sehen können! Land, nach so vielen Wochen! Penelope war die Einzige, die nicht auf den Horizont schaute. Ohnehin hätte sie nichts erkennen können, Salzwasser und Wind trübten ihren Blick, vielleicht auch das merkwürdige Licht. Sie war die Einzige, die mit ihren Händen jetzt noch etwas Bleibendes schuf. Diese Arbeit blieb tröstend klar. Sie hatte nicht geahnt, wie sehr ihr das Häkeln gefehlt hatte, jene vertrauten Bewegungen und das leise Glücksgefühl, wenn ihre Finger etwas erschufen. Das beruhigende Denken rund um die Maschen, die geistige Abgeschiedenheit im stillen Raum zwischen ihnen. Sie hatte sich zwischen den Maschen immer sicher gefühlt und wusste, dass sie hier an etwas Wundervollem arbeitete. Je weiter die Blüte wuchs, desto sicherer wusste Penelope, dass sie das eines Tages wieder würde tun können: herrliche Arbeiten anfertigen,aber diesmal nicht für einen habgierigen Arbeitgeber, sondern für sich selbst. Sie würde ihren Lebensunterhalt verdienen, für sich und das Kind. Mit einem ehrbaren Beruf, nicht so wie die Mutter.
    Sie spürte ein wehmütiges Ziehen in ihrer Brust, als das Werk vollendet war. Wie ein kleines Lächeln lag die Pfirsichblüte auf ihrer Hand, zart geformt, exzellent geraten. Es gab nur einen Platz auf der Welt, wo die Blüte mit all den Gedanken, die sie hineingelegt hatte, gut aufgehoben war. Sie fühlte unbändiges Glück, als sie ihr Kind betrachtete. Es lag neben ihr, in die gespendeten Lumpen der Frauen gewickelt, und erwiderte ihren Blick. Und es strahlte über das ganze Gesicht, als sie ihm vorsichtig die Kette über den goldenen Kopf streifte und die Blüte auf seine Brust zwischen die Lumpen steckte, um sie vor neugierigen Blicken zu verbergen. Ja, sie hatte da etwas, was sie antreiben würde. Der Doktor hatte recht behalten.
    »Lily ist ein wundervoller Name«, flüsterte Penelope lächelnd.
     
    Als die Küste in Sicht kam, rannten alle durcheinander und drängelten sich an die Reling. James Haddock bewies ungewohnte Strenge, weil er befürchtete, dass sich jemand von Bord stürzen könnte, um das Ufer eher zu erreichen. Er wies die Aufseher an, Frauen und Männer zu trennen und gut zu bewachen. Den Männern wurden zudem Fußschellen angelegt. Immerhin erlaubte er ihnen, an Deck zu bleiben. Die Weiber trugen nur ihre Handschellen; wenn sie meuterten, wären Ketten rasch durch die Ösen gezogen … Murrend drängten sie sich zusammen und reckten die Köpfe, um einen Blick darauf zu erhaschen, was die flatternden Leinwände der Kochhütte ihnen noch verwehrten.
    Die Sonne gab sich größte Mühe, ihnen New South Wales in allen Farben zu präsentieren – ein tiefrotes Land, das bis ans Ufer von grünen Bäumen umschlungen wurde. Hellgrüne Wellen leckten an weiße Sandstrände, Hitze flirrte in der Luft. Seevögel glitten über dem Wasser daher. Für lange Wochen waren sie ja verschwunden gewesen, hatten das Gefühl der grenzenlosen Einsamkeit auf See nur verstärkt. Sie waren dort gesegelt, wo sich nicht einmal die Seevögel hintrauen, hatte eine Frau gemurmelt. Doch nun umschwirrten sie wieder das Schiff, und ihr Kreischen und Klagen waren wie Musik für die Gefangenen.
    »Mann, ich hätte nicht gedacht, dass wir noch mal ankommen«, sagte ein Aufseher nachdenklich neben Penelope. Erstaunt drehte sie den Kopf. Noch niemals hatte einer von den Kerlen das Wort in freundlicher Absicht an sie gerichtet. »Aber das denkt man jedes Mal«, fügte er hinzu. »Ich bin schon zweimal hierhergesegelt. Wir kämpften mit Flauten und verrotteten am Skorbut, einer nach dem anderen. Unter

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