Der Duft Der Wüstenrose
Tsauchab River durchschlagen und von dort nach Osten ziehen. Nur so haben wir eine Chance. Wir machen jetzt den Karren bereit, die nächsten Tage können wir noch mit ihm reisen. Doch in der Nähe von Sesriem werden wir ihn dann zurücklassen müssen.«
»Wir gehen zu Fuß?« Fanny erinnerte sich an die beschwerliche Wanderung mit Zahaboo und fragte sich, ob sie und ihre Tochter noch eine weitere Strecke dieser Art überstehen würden.
»Nur so kommen wir die Dünen rauf und runter. Unsere Verfolger haben zwar Pferde, aber die werden sie dort auch zurücklassen müssen.«
»Wir haben nicht genug Wasser und …« Fanny betrachtete ihren Fuß und fragte sich, ob ihre Bisswunde wirklich schon gut genug verheilt war für einen langen Marsch durch die Wüste.
»Meine Mutter und ich kennen alle Wasserstellen. Aber wir müssen uns beeilen – oder willst du zurück zu Ludwig verschleppt werden?«
»Nein! Ich will ihn nie wiedersehen und diese Ehe für immer vergessen.«
John zog eine Augenbraue hoch, sagte jedoch nichts und begann, die wenigen Dinge, die neben dem erloschenen Feuer lagen, einzusammeln und auf den Wagen zu legen. Einige Kalebassen voller Amasi, Schläuche mit Wasser und einen Sack von Zahaboo.
Fanny und Zahaboo setzten sich mit Lottchen auf den Karren, Zahaboo stieß ihre hohen Jodelrufe aus, und die Pferde trabten los. John begleitete sie auf seinem Pferd und trieb die Zugtiere zusätzlich an. Erleichtert stellte Fanny fest, wie schnell sie vorankamen, so würden sie es sicher schaffen, den Verfolgern zu entkommen. Diese Männer konnten niemals so viel über die Wüste wissen wie John und seine Mutter, denn sie waren nicht hier geboren und aufgewachsen.
33
F annys Mut sank mit jedem Tag, mit jeder Stunde, die sie unterwegs waren. Das hellgelbe Kleid war während der letzten acht Tage von der Sonne nahezu weiß gebleicht worden, die Haut in ihrem Gesicht und an den Händen war stark gerötet und warf Blasen. Ihre Lippen waren aufgesprungen, weil sie dauernd mit der Zunge darüberfuhr, um sie zu befeuchten, was alles noch schlimmer machte. Seit dem Beginn ihrer Flucht hatte sie nicht mehr gebadet. Sie fühlte sich von der Geburt noch entsetzlich klebrig und hatte große Angst, dass sie dank der mangelnden Hygiene noch krank werden könnte.
Jede Faser ihres Körpers lechzte nach Wasser, und es war ihr ein Rätsel, woher noch Milch für ihre Tochter kam, der es trotz allem gut zu gehen schien. Sie weinte viel weniger als am Anfang der Flucht und schlief viel.
Eine weitere Woche lang hatten sie es geschafft, ihre Verfolger zu narren, und waren ihnen immer voraus gewesen, aber in den letzten Tagen hatten sie aufgeholt, erst unmerklich, dann deutlicher, und nun waren sie ihnen dicht auf den Fersen. Ausgerechnet jetzt, wo sie endlich am Fluss bett des Tsauchab angelangt waren. Der Tsauchab war vollkommen ausgetrocknet, und auch die letzte Wasserstelle war schon staubtrocken gewesen.
Deshalb hatte Zahaboo darauf bestanden, mit Fanny einen Regenzauber durchzuführen. John hatte sich mit seiner Mutter darüber heftig gestritten, doch sie erinnerte ihn daran, dass sie ohne Wasser verloren wären, selbst wenn es ihnen gelänge, ihre Verfolger wieder abzuschütteln.
John fiel es schwer einzuwilligen, denn er war sicher, es wäre klüger, zuerst den Vorsprung zu den Verfolgern zu vergrößern und sich dann mit dem Wasserproblem zu beschäftigen, aber seine Mutter blieb unerbittlich.
Er war nicht mehr so ausgeglichen wie sonst, und Fanny konnte sehen, wie sogar er unter der Hitze und den Strapazen litt. Sein Gesicht wirkte abgemagert, und auch er hatte trotz seiner hellbraunen Haut überall Blasen und rote, entzündete Stellen. Nur Zahaboo schien völlig unverändert und in sich ruhend, als wäre diese Wanderung durch die Wüste ein Spaziergang und keine Flucht vor tödlicher Bedrohung.
Nachdem John endlich einverstanden war, bestieg Fanny mit Zahaboo eine der riesigen, sternförmigen rotgoldenen Dünen, was Fanny ihrer letzten Kräfte beraubt hatte.
Als sie völlig außer Atem und am ganzen Körper zitternd endlich oben angelangt waren, hatte Fanny bei dem endlosen Anblick all der kupfern leuchtenden Sanddünen schwer geschluckt. Sie waren umschlossen, gefangen in einem Meer aus rotem Sand. Aber nicht nur das, sie hatte von dort oben auch ihre Verfolger gesehen, die von hinten ständig näher kamen, und das ausgetrocknete Flussbett des Tsauchab vor ihnen, der in der Regenzeit wenigstens ein paar Tropfen
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