Der Duft Der Wüstenrose
Hosenbund.
Er zielte auf Saherero und feuerte zwei Schüsse in dessen Brust ab. Blut schoss aus Sahereros Wunden und spritzte auf die Veranda. Im selben Moment kreischten alle Vögel im Umkreis auf, summten die Mücken bedrohlich, schrien die Ochsen und blökten die Schafe.
Saherero griff sich ans Herz, betrachtete verwundert das Blut an seinen Händen, dann stürzte er auf die Terrasse, das Gewehr fiel laut polternd neben ihn. Die Lache um ihn herum wurde schnell größer und größer.
Tränen tropften aus Fannys Augen, alles in ihr verlangte danach, zu ihrem Vater zu laufen, ihn zu retten oder ihm wenigstens ein Abschiedswort abzuringen, aber ihre Beine waren wie gelähmt.
»Bitte, Zahaboo, bitte, bitte …«, flüsterte Fanny. »Wozu haben wir magische Fähigkeiten, wenn wir sie nicht nutzen können?«
Da stürzte ihre Mutter aus dem Versteck, raste auf die Veranda, griff sich das Gewehr von Saherero und legte ohne jedes Zögern auf Pete an, der immer noch seinen Revolver in der Hand hielt.
»Hätte mich auch gewundert, wenn der Kanake alleine gewesen wäre. Luise, das ist lächerlich, lass das Gewehr fal len, ich schieß nicht gern auf Weiße, und auf weiße Frauen erst recht nicht.«
Luise sagte kein Wort und zog durch. Ein Schuss krachte. Pete hatte immer noch ein Lachen auf dem Gesicht, dann krümmte er sich, taumelte und stürzte neben seinen Hund, der noch immer schlief.
Luise ließ das Gewehr fallen, als hätte sie sich daran verbrannt, und bückte sich zu Saherero, der noch atmete. Sie bettete seinen Kopf in ihren Schoß und streichelte sanft seine Stirn.
»Liebster, Liebster«, flüsterte sie, »du darfst nicht sterben, du musst an deinen Clan denken, an deine Frauen und Kinder.«
»Bring mich zu meinem Volk zurück.« Blut sprudelte aus Sahereros Mund und tropfte auf Luises Kleid.
»Schsch, mein Liebster! Alles, ich werde alles tun, aber du musst still sein und gesund werden.«
Doch Saherero sprach weiter. »Sorge dafür, dass ich begraben werde, wie es einem Mukuru gebührt, und opfere zwei Rinder für meine Ahnen.«
»Das werde ich, aber bitte, du darfst nicht sterben, nicht jetzt, wo wir endlich zusammen sein können!«
Saherero keuchte vor Anstrengung. »Ich hätte dir niemals meine Schutzperlen geben dürfen. Ich habe meine Ahnen verärgert. Du musst dafür Buße tun, ich bitte dich darum.«
»Ich verspreche es, aber nun sei still. Beruhige dich. Schschsch …«
Luise wiegte ihren Geliebten hin und her wie ein Kind und blieb so sitzen, auch nachdem Saherero längst nicht mehr atmete. Sie verharrte den ganzen Tag so und bis blutiges Rot den Himmel überzog und den Abstieg der Sonne in die Dunkelheit ankündigte.
Fanny war müde von allem, was sie erlebt und gesehen hatte. Vieles verwirrte sie, und doch fügte sich alles zu einem klaren Bild zusammen. Sie dachte an die Worte des Richters in Windhuk, an die Erinnerungen an seine Frau, die er mit ihr, Fanny, geteilt hatte. Luise … Die Frau des Richters war ihre Mutter gewesen. Er war nach Keetmanshoop geschickt worden, um den Mord an Pete Random aufzuklären, und hatte sich ihrer angenommen. Deshalb hatte Fanny ihn so an seine Luise erinnert. Alles ergab plötzlich einen Sinn. Fanny hatte die Antworten gefunden, nach denen sie ihr Leben lang gesucht hatte.
Und doch war das Herz ihr schwer, denn nun wusste sie auch, dass sie ihre Eltern niemals kennenlernen würde und sie weder Geschwister noch Onkel oder Tanten hatte.
Fanny wünschte sich mit einem Mal nichts sehnlicher, als endlich zu schlafen. Sie sank erschöpft in den Sand. Ihr Kopf stieß an etwas Hartes, sie griff mit den Händen danach, zu müde, um sich wieder aufzurichten, und erwartete, noch eine Träne der Sonne zu finden. Aber es war eine große, durchsichtige Kugel aus Glas, mit einer gelben Bodomperle in der Mitte, die so hell und golden strahlte, als wäre sie von innen erleuchtet. Beim Betrachten wurde sie immer größer und größer und drehte sich um sich selbst, blendete Fanny, sodass sie ihre Augen schließen und mit den Händen bedecken musste. Dann endlich sank sie in tiefen Schlaf.
32
A ls Fanny die Augen wieder öffnete, wurde sie wirklich von der Sonne geblendet. Sie blinzelte und sah sich vorsichtig um. War sie immer noch auf ihrer Zeitreise?
Da hörte sie das leise Weinen ihrer Tochter und wusste, sie war wieder zurück im Hier und Jetzt. Sie war überrascht, dass sie sich nach allem, was sie erlebt hatte, so ausgeruht und frisch fühlte.
Fanny sah
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