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Der Duft des Apfelgartens

Der Duft des Apfelgartens

Titel: Der Duft des Apfelgartens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Willett
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Wohnung zurück!«
    Schockiert starrt er sie an. »Was? Um Himmels willen, Kitty. Ich sage dir doch, dass nichts passiert ist. Da war nichts, nur so ein dummer Flirt, wie das oft vorkommt, wenn man mit jemandem vom anderen Geschlecht zusammenarbeitet. Frag, wen du willst. Ich flirte auch mit Sally, und das macht dir nichts aus.«
    Sie zögert ganz kurz, und er weiß, dass er einen Nerv getroffen hat. Was soll sie Sally sagen? Wie soll sie das ihrer besten Freundin erklären?
    »Sieh mal«, versetzt er rasch, »mach doch aus einer Mücke keinen Elefanten! Ich verstehe schon, warum Dossies Auftauchen hier dich schockiert hat. Aber ich schwöre dir, dass sie mir nicht das Geringste bedeutet. Du kannst doch nicht wegen eines albernen Flirts unsere Ehe zerstören.«
    »Ich zerstöre gar nichts«, gibt sie zurück. »Du bist derjenige, der alles verdirbt. Ich gehe jetzt, und ich will nicht, dass du mir folgst.«
    Türen knallend stürmt sie hinaus, und er hört den Motor starten und den Wagen wegfahren. Rupert steht regungslos da, denn er weiß, dass es dumm wäre, ihr zu folgen und eine weitere Auseinandersetzung zu erzwingen. Er muss ihr Zeit lassen, sich zu beruhigen, darüber hinwegzukommen. Er hat nichts zugegeben und Dossie offensichtlich auch nicht. Seine Dankbarkeit hat einen Beigeschmack von Scham, und er fragt sich, was sie wohl denkt und wie sie sich verhalten wird.
    Rupert geht zurück in die Küche und füllt sein Glas nach. »Schöner Geburtstag, verdammt«, murmelt er. »Und was jetzt, zum Teufel?«
    Dossie kann nicht aufhören zu weinen. Das ist der Schock, sagt sie sich, reibt sich immer wieder die Wangen mit Papiertaschentüchern trocken und krümmt sich noch einmal vor Schmerz. Schreck, Demütigung und Enttäuschung drücken ihr das Herz ab und treiben ihr stets neue Tränen in die Augen.
    Als sie zu Hause ankommt, sind Pa und Mo mit den Hunden unterwegs, und sie schließt sich, immer noch zitternd und zutiefst schockiert, einfach in ihrem Zimmer ein, setzt sich aufs Bett und beginnt erneut zu weinen. Es ist so demoralisierend, dass Rupert sie nur als Lückenbüßer benutzt hat, als reinen Triebableiter, solange er nicht bei Kitty ist. Kitty. Lautlos und verbittert sagt sie sich im Kopf den Namen vor. Kitty.
    Also war er die ganze Zeit verheiratet und hat sie glauben lassen, seine Frau sei tot. Lügner!, denkt sie heftig. Betrügerischer, lügnerischer Bastard! Sie ist von Scham, Demütigung und dem brennenden, überwältigenden Gefühl, betrogen worden zu sein, erfüllt. Rupert weiß, dass sie ihn liebt – natürlich weiß er das –, und er hat sie nur hingehalten und ist dann an den Wochenenden zu Kitty gefahren. Wie muss er sich darüber ins Fäustchen gelacht haben, dass sie bereitwillig gewartet und gehofft hat, wie muss er sich auf die Schulter geklopft haben, weil sie sich damit abgefunden hat, zu nehmen, was sie bekommen konnte, und nicht nach mehr verlangt hat!
    Wieder weint sie vor Trauer und Wut. Und jetzt hat sie gar nichts mehr – nichts mehr, auf das sie sich freuen kann. Keine Verabredungen und Treffen, keine Pläne und Picknicks oder unerwartete SMS. Die Zukunft breitet sich leer vor ihr aus.
    Erschöpft schiebt Dossie das Haar zurück, das an ihren feuchten Wangen klebt. Sie sitzt immer noch zusammengesunken auf der Bettkante, als sie hört, wie der Wagen zurückkommt. Pa und Mo steigen aus, lassen die Hunde laufen und betreten das Haus. Hastig steht sie auf und tritt an das kleine Waschbecken in der Ecke ihres Zimmers, dreht das kalte Wasser auf, beugt sich darüber und kühlt sich die heißen Wangen. Sie ist verärgert, weil ihr nicht einmal eine Stunde Auszeit vergönnt ist, um sich zu erholen; weil sie sich zusammennehmen muss, um Pa und Mo gegenüberzutreten. Erneut steigt Zorn in ihr auf, aber der Moment geht vorüber.
    Sie hebt den Kopf und sieht sich in dem Spiegel, der über dem Waschbecken hängt, an. So etwas hat sie schon früher erlebt, und sie weiß Bescheid. Tief im Herzen ist sie froh darüber, dass sie jemanden hat, zu dem sie hinuntergehen kann, Menschen zum Reden, für die sie sich Mühe geben muss, Schmerz und Selbstmitleid zu überwinden. Mo und Pa werden ihr keine Fragen stellen, dazu sind sie zu klug. Sie werden einfach nur da sein.
    Dossie nimmt ein Handtuch, tupft die Tränenspuren ab und schickt sich an, den Schaden in ihrem Make-up zu reparieren. An der Tür kratzt es leise. Einen Moment lang steht sie ganz still da, und dann geht sie und öffnet. John the

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