Der Duft des Apfelgartens
Lilie machen, aber Schwester Emily arbeitet daran. Jetzt mal ehrlich, Dossie. Ich wäre an diesem Abend dageblieben und hätte einen Riesenaufstand veranstaltet.«
Dossie schüttelt den Kopf. »Nein, hätten Sie nicht. Das ist ebenso wenig Ihr Stil wie meiner.«
»Nein.« Janna schaut düster drein. Sie erinnert sich an genauso eine Szene zwischen Nat und seiner Mutter, die sie unabsichtlich verursacht hatte. Wie abscheulich das war! »Nein«, bekräftigt sie noch einmal. »Sie haben recht. Ich hasse Streit. Aber wie werden Sie sich jetzt verhalten? Abgesehen davon, dass Sie ihn von Ihrer Liste für die Weihnachtskarten streichen.«
»Welche Möglichkeiten habe ich denn? Mir bleibt wahrscheinlich nur, ihn zu vergessen und so zu tun, als wäre es nie passiert. Ich habe ihm per SMS unmissverständlich die Beziehung gekündigt, obwohl da anscheinend nichts zu kündigen war.«
»Und Sie haben nichts von ihm gehört?«
Dossie schüttelt den Kopf. »Nichts. Ich dachte, er würde wenigstens antworten.«
»Der Feigling!«, versetzt Janna heftig. »Dem würde ich gern mal erklären, was ich von ihm halte! Und Mo und Pa?«
»Umso besser, dass sie ihn nie kennengelernt haben. Ich habe Mo nur erzählt, dass es vorbei ist, und die beiden sind so taktvoll, dass es beinahe wehtut. Zum Glück sind sie abgelenkt von aufgeregten Menschen, die brieflich oder per E-Mail ihre Ferien buchen, und durch ihre Pläne für kommendes Jahr. Und dann ist einer von Pas alten Freunden kürzlich Witwer geworden und hat gefragt, ob er zu Silvester kommen kann. Wir wollen erst um Ostern herum wieder eröffnen, aber wir haben darüber geredet und ihn dann gefragt, ob er uns nicht schon zu Weihnachten besuchen mag. Er war so dankbar, dass es richtig rührend war. Und eine von Mos Cousinen kommt und Grandmère und Grandpère auch, daher vermute ich, dass es auf ein rauschendes Fest hinausläuft.«
»Das ist gut«, meint Janna. »Ist es doch, oder?«
Dossie nickt. »Ich werde viel Arbeit haben, und es wird lustig … Aber er fehlt mir trotzdem. Anscheinend kann ich an meinen Gefühlen für ihn nichts ändern. Abgesehen von allem anderen war ich eine schrecklich dumme Gans. Ich hätte mir so etwas denken müssen.«
Janna sieht ihre niedergeschlagene Miene, und Zorn und Mitleid steigen in ihr auf. Sie hasst es, sich so hilflos zu fühlen, während Dossie leidet. Deshalb steht sie auf, füllt den Wasserkessel nach und spült die leeren Tassen aus.
»Trinken wir noch einen Tee«, schlägt sie vor. »Was ist eigentlich mit Clem? Was sagt er dazu?«
»Nichts«, gibt Dossie bestimmt zurück. »Er hat gar nichts davon gewusst. Sie sind die Einzige. Der einzige Mensch, mit dem ich reden kann. Tut mir leid. Aber jetzt wollen wir Rupert mal eine Weile vergessen. Wie geht es bei Ihnen? Haben Sie sich wirklich eingelebt? Das sieht alles komfortabel aus, und Sie wirken sehr entspannt. Bereuen Sie etwas?«
»Wissen Sie, es ist komisch, doch ich bin hier wirklich glücklich. Nachdem ich mich entschlossen hatte, haben sich all diese schrecklichen Befürchtungen irgendwie in Luft aufgelöst. Ich meine, ich habe wirklich viel zu tun, aber das gefällt mir, und ich habe trotzdem noch genug Zeit, auf die Klippen hinauszugehen oder hinunter nach Padstow, um Freunde zu treffen. Mir ist, als wäre ich in einer schon vorgefertigten Familie angekommen, doch ohne das ewige Gezänk, das es in echten Familien immer zu geben scheint. Und es ist toll, Sie und Clem und Jakey zu haben. Sie gehören alle dazu.«
»Und Schwester Ruth?«
Janna lacht. »Im Moment braucht sie mich, deswegen geht es ganz gut. So übel ist sie eigentlich nicht, und Schwester Nicola ist ja als …« Sie zögert und sucht nach einem Wort.
»Als Puffer da?«, schlägt Dossie vor.
»Genau! So ist es. Sie sorgt dafür, dass wir nett und höflich zueinander sind.«
»Schwester Emily und Mutter Magda sind sicher restlos begeistert von Ihnen.«
»Ich kriege ein Fleißkärtchen«, sagt Janna zufrieden. »Das wird mein Weihnachtsgeschenk. Da wir gerade
davon reden, ich brauche von Ihnen ein paar Ideen für ein besonderes Mittagessen am Weihnachtstag.
Schwester Emily lässt schon ständig Anspielungen fallen.«
Rupert sitzt im Pub und starrt in sein Bierglas. Er hat gerade ein weiteres vollkommen ergebnisloses Telefongespräch mit Kitty geführt und ist mit den Nerven am Ende. Sie hat ihm unumwunden erklärt, dass sie keine Zukunft für sie beide sieht und ganz bestimmt nicht vorhat, aus der Wohnung
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