Der Duft des Apfelgartens
Erinnerung an den leicht durchschaubaren alten Burschen, der sich so große Sorgen um das finanzielle Wohlergehen seiner kostbaren Tochter gemacht hat, grinst Rupert in sich hinein. Einfacher war es gewesen, seine Frau – deren Leben aus guten Werken, Wohltätigkeitsveranstaltungen und Fotos in Country Life bestand – für sich einzunehmen. Sie war ganz aufgeregt und von seinen Komplimenten geschmeichelt gewesen; der Charme dieses jungen Mannes, der das absolute Bedürfnis hatte, etwas Schönes zu schaffen, hatte sie überwältigt, sodass sie in Kittys leidenschaftliche Appelle an ihren Vater eingestimmt hatte. Und schließlich hatten sie ihren Willen bekommen.
»Worüber lächelst du?«
Er lacht laut heraus. »Ich hatte gerade an deinen lieben Dad gedacht. Er hat es nicht kapiert, oder? Meine Theorie, dass jedes alte Haus eine Seele besitzt, mit der man sich beraten muss, bevor man anfangen kann, daran zu arbeiten. Die Vorstellung hat ihn nervös gemacht. Er hat mich nie verstanden, oder?«
»Natürlich hat er das«, gibt sie rasch zurück. »Red keinen Unsinn.« Aber sie lächelt ebenfalls bei der Erinnerung an die alten Zeiten und die Aufregung, mit der sie langsam den Charakter jedes Cottages herausgearbeitet haben; und er sieht die hübsche, sexy Kitty, in die er sich damals verliebt hat. Mit ihrem kurzen, vom Schlaf zerdrückten Haar und dem Schein, den das Feuer über ihre blasse Haut wirft, wirkt sie plötzlich jünger, verletzlicher, und er fühlt mit einem Mal Zuneigung und Begehren in sich aufsteigen.
Immer noch lachend, steht er auf. »Wir sollten uns lieber anziehen …« Er zieht die Augenbrauen hoch. »Es sei denn, du hast eine bessere Idee?«
Sie zögert, wirft aber einen Blick zum Fenster. »Ich dachte, du hättest gesagt, dass der Bauer vielleicht vorbeikommen würde, um nach dir zu sehen.«
Er hebt die Schultern. Ein Besuch des Bauern zur Unzeit hätte ihm nichts ausgemacht, doch Kitty wickelt sich bereits in ihren Morgenrock und steht auf.
»Ich finde, wir sollten uns anziehen«, erklärt sie fest. »Gott sei Dank hast du die Dusche in Gang gebracht. Ich gehe zuerst.«
»Okay«, gibt er unbekümmert zurück und folgt ihr die Treppe hinauf.
Goldenes Sonnenlicht ergießt sich über die schmalen Gassen. Es schimmert auf alten, nassen Pflastersteinen, fällt schräg auf mit Schieferplatten verkleidete Mauern und gleitet in eine versteckte Ecke, in der neben der Tür eines Cottages ein Kübel Stiefmütterchen Zuflucht sucht. Wie ein Schatten geht Janna den steilen Hügel hinunter, unter einem winzigen, spitzen, schiefergedeckten Dach mit einem krummen Kamin hindurch, an ungleichmäßigen, weiß getünchten Granitmauern und unter schmalen Fenstern vorbei, die aus zusammengekniffenen Augen boshaft herabzuschauen scheinen. Weit jenseits der unebenen, mit Flechten überzogenen Dachlandschaft wogt friedlich das Meer, auf das sie durch Mauerlücken immer wieder einen Blick erhascht, und wendet dem Land den Rücken zu, als schlummerte es zwischen Ebbe und Flut.
Janna schlüpft in eine Passage, die wieder hügelaufwärts führt, auf mit Ginster bewachsene Klippen und die kleine normannische Kirche zu, die auf halbem Weg nach oben auf einer grasbewachsenen Ebene steht. Vater Pascals Cottage ist das letzte in einer Reihe Zechenhäuschen neben der Kirchhofmauer und wird von der Kirche im Rahmen eines speziellen Programms gegen den Priestermangel unterhalten, bei dem pensionierte Geistliche in fremden Gemeinden aushelfen und dafür eine Wohnung gestellt bekommen. Nach seiner Pensionierung ist Vater Pascal aus seinem Pfarrhaus in der Nähe von Padstow hierhergezogen und hält Gottesdienste in der kleinen Kirche nebenan, die von einem Team von Geistlichen betreut wird, oder überall anders, wo er gebraucht wird.
Vom Fenster seines Arbeitszimmers im ersten Stock aus sieht Vater Pascal zu, wie Janna zwischen zwei Cottages auftaucht und die steinige Straße hinaufzusteigen beginnt. Ihm gefällt es hier in Peneglos unter den bunt gescheckten Dorfbewohnern: Alteingesessene, die versuchen, der feindseligen Landschaft oder dem Meer ihren Lebensunterhalt abzuringen; Zugezogene, die auf der Suche nach einem ruhigeren, friedlicheren Leben hergekommen sind, und die Ferienhausbesitzer, die kommen und gehen wie kleine Schwalbenschwärme und der Sonne folgen. Er geht mit ihnen allen um und erhält ein empfindliches Gleichgewicht aufrecht, besänftigt Gemüter, mildert Gegensätze und schwächt Vorurteile ab. Er liebt
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