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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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waren, müsste er vermutlich von Zeit zu Zeit dessen Identität annehmen und wieder er sein. In dem Fall wäre Gibbons sein wirklicher Name und Quick das Pseudonym. Er, Anwar, hätte Mittel und Wege gefunden, sich einen Führerschein unter einem fremden Namen zu besorgen, wenn er das gewollt hätte, aber so schlau wie er war Jeremy nicht. Das waren nur wenige.
    Keefer machte unvermittelt einen Satz, seine Beine zuckten, seine Füße trommelten auf den Boden.
    »Das kommt davon, wenn man einen ganzen Cocktail von dem Dreck nimmt«, sagte Anwar. »Du bleibst besser hier. Ich nehme den Van.«
    Auto fahren konnte er, obwohl er dazu noch zu jung war. Der Van war nicht versichert, und er besaß keine Haftpflichtversicherung. In seinem ordentlichen Nadelstreifenanzug fuhr er nach Brondesbury Park hinauf, zu seinem Elternhaus. Seine Schwester Arjuna war daheim. Vermutlich schwänzte auch sie die Schule, während beide Elternteile arbeiteten. Wie sagte sein Vater immer? »Um euch Kindern einen Lebensstil zu bieten, den wir nie gewohnt waren.«
    »Hallo, Fremder.« Arjuna klang mehr nach einer alten Tante als nach einer Vierzehnjährigen.
    »Hi.«
    Mit ihr würde Anwar keine Zeit verschwenden. Er ging nach oben in sein Schlafzimmer, wo er einen Computer mit Internetzugang hatte. Dort loggte er sich rasch in die Webseite des Londoner Wählerverzeichnisses ein. Obwohl er wusste, dass er sich vielleicht stundenlang abmühen müsste, war er entschlossen, Geduld aufzubringen. Fast zwei Stunden vergingen, ehe er das Gewünschte fand. Zum Glück lag der Wohnsitz des Mannes, beziehungsweise sein vermeintlicher Wohnsitz, fast so zentral wie die Star Street, allerdings im Königlichen Bezirk Kensington und Chelsea. Chetwynd Mews 14, Alexander P. Gibbons. Hiermit erübrigte sich das Beschatten von Jeremy Quick. Er, Anwar, würde sich persönlich dorthin begeben und die Lage sondieren.
    Inzwischen waren auch Uma und Nilima nach Hause gekommen.
    »Mama wollte ständig wissen, wo du bist«, sagte Nilima vorwurfsvoll.
    »Du kannst ihr ja sagen, dass ich hier gewesen bin, oder?«
    »Vermutlich gehst du wieder zu deinem Freund in Bayswater. Es ist ein Mädchen, stimmt’s?«
    »Das würdest du wohl gerne wissen, naseweise Nilima?«, rief Anwar und warf zum Abschied die Haustür zu.
    Wie oft kam Quick nach Hause, um sich in Alexander Gibbons zu verwandeln? Vielleicht jeden Tag, vielleicht nur gelegentlich. Und warum tat er das? Eines stand fest: Wenn er es sich leisten konnte, zwei Wohnsitze zu unterhalten und einen davon in einer Remise in Kensington, dann war er wirklich der reiche Knacker, wie es Freddy behauptet hatte. Deshalb musste man diese Kassette unbedingt sofort knacken. Alles andere wäre Zeitverschwendung. Möglicherweise war ihr Inhalt genauso wertvoll wie der Anhänger. Angenommen, er könnte sie nicht öffnen. Würde er dann versuchen, Gibbons-Quick unter Druck zu setzen, damit der sie eigenhändig aufmachte? Wenn, dann allerdings nicht hier, sondern in Kensington.
    Anwar parkte den Van in der St. Michael’s Street und ging zu Fuß zurück in die Edgware Road, wo er sich in einem Zeitungsladen einen broschierten Londoner Stadtführer von A-Z kaufte. Keefer war in Anwars Zimmer wieder in seine Schlafstarre gefallen und lag wie ein Fötus zusammengekrümmt auf dem Boden. Grundlos versetzte ihm Anwar einen Tritt in die Rippen, nur so aus einer Laune heraus. Keefer regte sich nicht. Hoffentlich ist er nicht tot, dachte Anwar. Nicht aus Sympathie für seinen Freund, sondern weil er sich ausmalte, welche Mühe es ihn kosten würde, die Leiche ungesehen die Treppe hinunter und außer Haus zu schaffen.
    Der London-Führer zeigte ihm, dass die Chetwynd Mews vom Launceston Place abging. Entweder mit dem Auto oder mit der U-Bahn bis Kensington High Street. Ratz-Fatz. Und jetzt noch ein Versuch an der Geldkassette. Nach mehreren ergebnislosen Stunden tauchten Julitta und Flint auf und musterten Keefer teilnahmslos. In diesem Zustand hatten sie ihn schon früher gesehen.
    »Wundert’s dich«, sagte Julitta, »dass ich dem erklärt habe, er soll sich verpissen? Wer braucht schon so was im Haus? Hast du das Ding immer noch nicht offen?«
    So redete man nicht mit Anwar. »Dann versuch’s du doch, du Miststück. Du bringst ja nicht mal eine Dose Bohnen auf, geschweige denn einen Safe.«
    »O.k., hab ja nur gefragt.«
    »Wolltet ihr was Bestimmtes? Sonst könnt ihr euch verpissen und den gleich mitnehmen.«
    Zu dritt brachten sie Keefer mit

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