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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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den Kopf zur Tür hereinsteckte. Jones sagte nichts, schürzte aber die Lippen und zog die Augenbrauen hoch. Niemand bemerkte diese Grimasse.
    Eine halbe Stunde später war die Suche beendet. Außer den Handschuhen, dem Trauring und einer Herrenarmbanduhr, die sie wegen des großen deutlichen Zifferblattes gelegentlich trug, hatte man nichts gefunden. Nun wollte Jones von ihr wissen, ob sie und Will tatsächlich Tante und Neffe seien.
    »Was soll das heißen?«
    »Ihr Schlafzimmer scheint ihm sehr vertraut zu sein.«
    Vielleicht hätte ihm Becky erklären sollen, dass ihn das einen feuchten Dreck angehe. Sie tat es nicht. »Das kann ich beweisen. Sie können gern meine Geburtsurkunde, die seiner Mutter und seine eigene sehen. Ihre Unterstellung ist mir restlos zuwider.«
    »O.k., Ms. Cobbett, beruhigen Sie sich. Das wär’s dann momentan. Gut möglich, dass wir noch mal kommen.«
    Will lag immer noch auf ihrem Bett und stopfte sich mit den Fingern die Ohren zu, obwohl keiner der Beamten viel Lärm gemacht hatte. Was wäre, wenn er sich den ganzen Tag weigern würde, aufzustehen? Was, wenn er die ganze Nacht hier bleiben wollte? Wenn sie zu James eine echte Beziehung hätte und sich daraus eine Liebesaffäre entwickelt hätte, dann hätte sie ihn anrufen und um Rat oder Hilfe fragen können. Doch dazu war die Basis zu fragil, auf der sie sich momentan bewegten. Eigentlich gab es niemanden, an den sie sich wenden und den sie um Hilfe bitten konnte. Erst als der Vormittag fast schon vorbei war, dämmerte ihr, dass sie sich an diesem Tag zum ersten Mal, seit sie Will aufgenommen hatte, nicht mit dem Büro in Verbindung gesetzt und auch weder E-Mails noch Faxe geschickt hatte. Und nächste Woche sollte sie wieder zur Arbeit gehen.
    Sie ging in ihr Schlafzimmer zurück. Er war an Ort und Stelle eingeschlafen, aber es war ein unruhiger Schlaf. Er murmelte vor sich hin und zuckte zusammen, seine Hände öffneten und schlossen sich wie bei einem, der wieder Gefühl in seine tauben Finger bringen möchte. Dieser Ausdruck von Panik überwältigte sie. Sie ging wieder ins Wohnzimmer und goss sich einen großen Whisky ein.

19
    Das Öffnen der Geldkassette war noch schwieriger, als Anwar vermutet hatte. Zuerst brachte er sie zu einem befreundeten Automechaniker, der scheinbar über das nötige Werkzeug verfügte. Der Freund versuchte alles, aber die Klappe blieb zu. Also müsste man subtilere Methoden einsetzen. Leider wusste Anwar nur allzu gut, dass beinahe jeder Versuch, die passende Zahlenkombination für den Code auszuprobieren, zum Scheitern verurteilt war. Das müsste man millionenfach versuchen, ja sogar milliardenfach, ehe man Erfolg hätte.
    Er fuhr mit Keefer in dessen mittlerweile makellos weißen Van zur St. Michael’s Street zurück. Anwar holte Zeinabs Diamantanhänger unter seinem Kopfkissen hervor und steckte ihn in die Tasche. Er kannte einen Juwelier, zu dem würde er ihn später bringen. Der Mann, ein Inder, gehörte nicht zur Verwandtschaft – bei Verwandten würde er nie etwas riskieren – und war auch nicht direkt ein Gauner oder gar korrupt, hatte aber doch ein wenig »Schlagseite«, wie es sein Vater nennen würde. Keefer war so müde, dass er kaum die Augen offen halten konnte. Aus seinem Mundwinkel trielte ein Speichelfaden. So saß er in einer Zimmerecke auf dem Boden und zog sich eine Linie Koks hinein, um wach zu werden. Anwar hätte ihn am liebsten hinausgeworfen, aber er kannte seinen Freund in dieser Stimmung. Der wäre imstande und würde draußen auf dem Treppenabsatz stehen bleiben und jaulend gegen die Tür trommeln. Seit Keefer zu Geld gekommen war, hatte er sich hemmungslos nur noch erstklassigen Stoff gegönnt.
    Anwar setzte sich mit der Kassette aufs Bett. Er versuchte es mit der Nummer von Inez’ Alarmanlage und mit dem Geburtsdatum des unbekannten Alexander Gibbons – offensichtlich ein wichtiger Mensch in Quicks Leben, möglicherweise sogar dessen eigenes Pseudonym. Dieses entnahm er dem Führerschein: 7. Juli 1955. Also ein Mann, der annähernd so alt war wie Quick. Interessant. Leider ergaben die vier Zahlen nicht den richtigen Code. Es folgten Quicks Telefonnummer, die Nummer von Inez und die vom Laden. Nichts funktionierte. Vielleicht sollte er erst einmal aufhören und eine andere Spur verfolgen. Er würde Flint auf Jeremy Quick ansetzen. Er sollte ihm folgen, sobald er morgens aufbrach, und sehen, wohin er ginge. Wenn Alexander Gibbons und Quick ein und dieselbe Person

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