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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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ihre Gefühle egal seien. Die Streitereien wurden immer häufiger, und nach zwei Jahren trennten sie sich.
    Alexander zog wieder zu seiner Mutter. Er übernahm eine Reihe Jobs, alle in der Computerbranche, wobei er langsam die Erfolgsleiter emporkletterte. Auf einem Fortbildungskurs traf er eine Frau, die seine Freundin wurde. Sie hatte eine eigene Wohnung. Er zog bei ihr ein und war eine Weile glücklich. Seine Freundin war erfahrener als seine Frau und weniger fordernd. Doch im Laufe ihres Beisammenseins fand er etwas über sich selbst heraus. Er konnte es nicht leiden, berührt zu werden oder selbst jemanden anzufassen. Diese Phobie, dieser Schwachpunkt, diese Eigenheit oder was immer es war, hatte zweifellos zum Scheitern seiner Ehe beigetragen. Und noch etwas war ihm klar geworden: Er konnte mit einer Frau sexuell verkehren, ohne sie mit den Händen zu berühren. Leider konnte er mit seiner Freundin unmöglich darüber sprechen. Als sie beschloss, wieder zu dem Freund zurückzukehren, den sie seinetwegen verlassen hatte, war er nicht sonderlich überrascht. Wieder einmal war er allein, doch das machte ihm, wie er merkte, ganz und gar nichts aus. Er genoss die Freiheit und den Frieden des Alleinlebens. Die häuslichen Annehmlichkeiten, die ihm seine Mutter geboten hatte, vermisste er zwar, erkannte aber gleichzeitig, dass er sich unmöglich für den Rest seines Lebens in einem Dorf auf dem flachen Land vergraben konnte. Er zog nach London, in eine Wohnung in Hendon.
    Für Computer und deren komplexe Vorgänge hatte er eine besondere Begabung. Mit dreißig ging er für ein Diplom in Informatik, ein relativ neues Studienfach, noch einmal an die Universität. Nach seinem Abschluss begann er, Geld zu verdienen. Da er nach außen freundlich und umgänglich wirkte, bat man ihn zu festlichen Abendveranstaltungen. Bekannte riefen ihn an und luden ihn zu Wohltätigkeitsempfängen und Spendenaktionen ein. Unter seiner warmherzigen Fassade blieb er der kalte Einzelgänger, und zwar bewusst, redete er sich ein.
    Einmal fuhr er im Anschluss an einen Besuch bei seiner Mutter nach Nottingham, zum ersten Mal, seit er vor zig Jahren mit seiner Freundin Schluss gemacht hatte. Er war einfach neugierig, wie sich die Stadt verändert hatte. In London hatte er sich für Clubs nie interessiert. Er führte ein ruhiges Singleleben. Seine Unterhaltung bestand aus Theater, Oper, ausgewählten Fernsehsendungen, Büchern und der Suche nach teuren Dingen, die er für sein Remisenhäuschen benötigte, das er sich südlich unweit von Kensington Gardens gekauft hatte. Anfänglich hatte ihn reine Neugier in jene Stadt getrieben, die die Metropole seiner jungen Jahre gewesen war, doch nun übten der Lärm und die grellen Lichter, die ihn eigentlich abstießen, eine merkwürdige Faszination auf ihn aus. Ein Besuch in einem der so genannten »Nacktclubs« könnte ihm wohl nicht schaden.
    Das war vor ungefähr zwei Jahren gewesen. Er fand sich in einer Kellerdiskothek wieder, ein schäbig aufgemotzter Treff, wo Mädchen aufreizend halbe Strips vollführten und sich den Männern auf den Schoß setzten. Er ließ deutlich erkennen, dass er auf Annäherungsversuche von Seiten jenes Mädchens, das er später unter dem Namen Gaynor Ray kennen lernen sollte, keinerlei Wert legte. Die Nacht zog sich in die Länge, er war gelangweilt und müde. Trotzdem blieb er. Allmählich verstand er sein eigenes Verhalten nicht mehr.
    Um Mitternacht fing er heftig an zu trinken, was er noch nie getan hatte, nicht einmal während seiner Studentenzeit. Kurz vor drei Uhr brach er auf, ging wieder zu seinem Mercedes, den er auf einem provisorischen Parkplatz neben einer Baustelle stehen gelassen hatte, und holte sich eine Decke aus dem Kofferraum. Er wollte hier im Auto schlafen. In dem Glauben, die Nachtluft würde sein Schwindelgefühl und auch das langsam aufsteigende Kopfweh vertreiben, stand er eine Weile auf dem Gehsteig. Drei Mädchen kamen aus der Diskothek. Tänzerinnen auf dem Heimweg. Eine davon war das Mädchen für ihn. Nur eine kam in Frage. Warum? Woher wusste er das? Alle waren jung und einigermaßen hübsch, alle hatten sich in der Disko aufreizend benommen und waren jetzt müde. Die in seiner unmittelbaren Nähe war für ihn bestimmt. Es gab nur diese eine Möglichkeit. Dieses Mädchen musste irgendein unsichtbares Signal aussenden, sie hatte ein Kennzeichen, ein Brandmal, ein Emblem, ein unsichtbares Merkmal. Nicht einmal er könne es sehen, meinte er,

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