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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Trotzdem gab es nicht viel, was der Typ heute Abend tun konnte, nicht bei diesem Regen. Innen beschlugen die Wagenfenster, draußen behinderten Wassermassen die Sicht.
    Will war zwar bitter enttäuscht, akzeptierte aber widerwillig, dass der Regen sogar in der kurzen Zeit, die er hier auf der Türschwelle gestanden hatte, noch heftiger geworden war. Inzwischen prasselte er wie Glasstäbe herunter, knallte aufs Pflaster und ließ jeden Rinnstein erblassen. Von einem vorbeifahrenden Auto stieg eine Gischtfontäne auf und trieb ihn hinein. Für heute Abend müsste er aufgeben und stattdessen morgen von vorne anfangen. Vom schützenden Eingang aus hielt Will noch ein, zwei Augenblicke Ausschau, wobei ihm Zulueta in seinem Auto auffiel. Da er dessen Anwesenheit aber keine Bedeutung beimaß, ging er nach oben und machte sich sein Abendessen.
     
    Nur selten ging Jeremy Quick auf dem Heimweg von der Arbeit durch den Laden, manchmal aber doch. An jenem Abend hatte er das eigentlich nicht geplant. Noch dazu war er später dran als üblich. Er hatte eine Stunde länger gearbeitet, um die verlorene Zeit vom Vormittag wieder einzuholen, während der er die Ohrringe gekauft hatte. Da Inez aber noch im Laden war und die Lichter brannten, ging Jeremy hinein. Ihm war klar, dass es klug wäre, wenn er sich wieder ihrer guten Meinung versichern würde, andererseits hegte er noch einen Hintergedanken. Hätte er gewusst, dass sich ein geschäftiger Freddy Perfect im Laden aufhielt und den Nippeskram weniger befingerte als ihn mit einem Federwisch abzustauben, hätte er sich möglicherweise fern gehalten und den Mietereingang genommen. Freddy hatte einen braunen Overall an, wie ihn sehr altmodische Haushaltswarenhändler trugen.
    Inez konnte sich nicht vorstellen, woher dieser Overall stammte. Hielt ihn Freddy griffbereit, falls sich die Gelegenheit zur Arbeit im Laden ergäbe? Besaß er auch eine Uniform, falls man ihm irgendwo einen Job als Türsteher anbieten würde, oder einen Frack für eine vakante Butlerstelle? Der Anblick von Jeremy freute sie nicht sonderlich. Sollte er um diese Tageszeit mit einem Tee rechnen, könnte er das gleich vergessen. Ihr wäre es am liebsten gewesen, wenn sie in aller Ruhe Zulueta hätte beobachten können, der offensichtlich dieses Haus observierte. Wozu? Wäre Zeinab doch nur nicht so dumm gewesen, eine falsche Adresse anzugeben …
    »Sehen Sie, Jeremy, ich habe mir einen Job besorgt«, sagte Freddy gerade. »Stellvertretender Geschäftsführer. Das macht mir nichts aus, ich bin nicht stolz.«
    Jeremy hasste es, wenn ihn eine Soziallaus wie Freddy Perfect beim Vornamen – oder beim Vornamen seines Alter Ego – nannte. Trotzdem würde er sich nicht die Blöße geben, das kundzutun. »Sie haben aber noch spät geöffnet.«
    »Eigentlich haben wir schon zu«, meinte Inez und fuhr mit einem jener Seufzer, die sie allmählich erfolgreich unterdrückt hatte, fort: »Freddy, ich habe Sie doch schon vor mindestens einer halben Stunde gebeten, das Schild auf« Geschlossen »zu drehen.«
    »Ich weiß, ich weiß, Inez, aber eben hatten wir noch die beiden netten Damen hier, die den Big Ben im Schneesturm und die kleine Glasvase gekauft haben. In diesen schwierigen Zeiten wollte ich die Kundschaft nicht abschrecken.«
    Obwohl die Zeiten nie einfacher gewesen waren, wollte Inez unter keinen Umständen eine Diskussion vom Zaun brechen. »Machen Sie’s jetzt, ja? Und dann sollten Sie wirklich wieder … äh, nach oben gehen.« Die oft wiederholte Binsenweisheit, Ludmilla würde sich schon wundern, wo er stecke, hatte ihre Wirkung verloren.
    Inzwischen war Jeremy ganz versessen darauf, eine nette Bemerkung zu machen, und erbot sich, einen Crown-Derby-Teller zu kaufen. Der würde sich hübsch an seiner Wohnzimmerwand machen. »Bitte, machen Sie sich nicht die Mühe, ihn einzuwickeln.«
    Während sich Inez umdrehte, um die Rechnung auszustellen, und Freddy widerwillig zur Hintertür schlenderte, zog Jeremy verstohlen die Ohrringe aus seiner Gesäßtasche und ließ sie geräuschlos auf die grüne Filzplatte des Schmucktisches fallen.

13
    Freddy war es, der am nächsten Morgen die Ohrringe fand. Er war viel früher als nötig in den Laden heruntergekommen, schon kurz nach acht Uhr, lange bevor Jeremy Quick für seinen Morgentee eintraf. Ziemlich zur selben Zeit fuhr Will in Keith Beattys Van ab. Nach diesem Fund musste Inez zugeben, dass es durchaus Vorteile hatte, wenn Freddy für sie arbeitete. In Zeinabs

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