Der Duft des Bösen
auch schon samt Chauffeur in seinem limettengrünen Peugeot auf. Als Referenz an das schöne warme Wetter – Inez hatte die Ladentür weit offen gelassen – trug er einen weißen Anzug ohne Krawatte. Am Kragen des schwarzen Leinenhemds sah man seinen faltigen Hühnerhals.
»Wo ist sie, die meine Seele liebt?«
»Ich wünschte, ich wüsste es, vermutlich mit einem Virus im Bett«, sagte Inez bewusst in einem Ton, bei dem Zeinabs derzeitiger Zustand wie ein anrüchiges Wochenende in Clacton klang. Normalerweise war sie nicht boshaft, aber die Ereignisse dieses Vormittags strapazierten allmählich heftig ihr Nervenkostüm. Trotzdem ging sie nicht so weit, Morton einen Anruf bei Mrs. Sharif zu raten.
»Sie wird sich zweifellos melden.« Dann fügte er ziemlich trübsinnig hinzu: »Ich hatte mich so darauf gefreut, sie nach Knightsbridge zur Anprobe ihres Brautkleides zu entführen.«
Während der von mir bezahlten Arbeitszeit, dachte Inez empört. »Nun, das wird leider noch ein wenig warten müssen.« Er wirkte so niedergeschlagen, dass Inez Mitleid mit ihm bekam und sagte: »Ich bin überzeugt, sie ist nicht ernsthaft erkrankt.«
»Sie sind sehr gütig«, erwiderte Morton und meinte dann, vermutlich zum ersten Mal in seinem Leben: »Ich werde Sie nicht länger aufhalten.«
Während sich das neongrüne Auto entfernte, ging Will Cobbett vorbei und auf den Seiteneingang zu. Vielleicht hatte auch er sich heute freigenommen. Er trug einen Gegenstand, der zur Hälfte in zwei Plastiktüten eingewickelt war und Ähnlichkeit mit einem Spaten hatte. Inez hörte, wie er nach oben ging. Unmöglich, das konnte kein Spaten gewesen sein. Wozu sollte er so etwas brauchen? Sicher nicht für den kläglichen Versuch, den eisenharten Boden in ihrem Stückchen Land umzugraben, das den Namen Garten nicht verdiente. Vielleicht hatte Becky einen … Während in Inez Gedanken über die Sinnlosigkeit ihrer bloßen Anwesenheit im Laden aufkeimten, tauchte ein potenzieller Kunde auf. Dieser Kunde kaufte zwar nichts, aber der nächste machte eine Anzahlung für die Standuhr und sagte, er käme später wieder mit einem Van.
Freddy erschien wieder auf der Bildfläche, ohne Anwar Ghosh. Wie immer, wenn er um diese Tageszeit vorbeischaute, ließ er eine ausführliche Beschreibung seiner vormittäglichen Tätigkeiten vom Stapel, angefangen damit, dass er beim Aufwachen die Sonne ins Zimmer strahlen gesehen und sich dadurch an die glücklichen Tage in Bridgetown, Barbados, erinnert gefühlt hatte, bis zu seinem Glas Fruchtsaft auf Eis mit Anwar im Ranoush Juice.
Dann entdeckte er das »Verkauft« -Schild an der Standuhr und öffnete sie, um das Werk zu inspizieren. »Wo ist denn die junge Zeinab?«, sagte er.
»Bitte, Freddy, rühren Sie den Perpendikel nicht an. Sie ist krank. Irgendein Virus.«
»Meine Güte, ach, du meine Güte. Dann sind Sie ja heute hier ganz allein?«
Inez erkannte, worauf das hinauslief. Hilflos ließ sie es geschehen.
»Ich sage Ihnen mal was, ich werde Ihnen zur Hand gehen, an Zeinabs Stelle.« Ihre bestürzte Miene konnte ihm nicht entgangen sein, leider interpretierte er sie falsch. »Machen Sie sich keine Sorgen, ich will dafür keine Bezahlung.« Er warf einen Blick über die Schulter, falls draußen auf dem Pflaster die Spitzel von der Sozialhilfe liegen und die Ohren an den unteren Türspalt pressen sollten. »Unter uns gesagt, ich darf gar nichts verdienen, sonst verliere ich meine Stütze.« Hoffnungsvoll fügte er hinzu: »Es sei denn, uns beiden fällt etwas ein, wie wir die austricksen könnten.«
»Freddy, ich schaffe das schon alleine, wirklich«, sagte Inez matt.
»Nein, tun Sie eben nicht.«
Derartige Wortwechsel arteten zwangsläufig in ein sinnloses Gerangel zwischen »Nein, können Sie nicht« und »Doch, kann ich schon« aus. Also gab Inez nach. »Ich flitze nur mal schnell rauf und sag es Ludo«, meinte Freddy, wobei seine Handlung den Worten diametral entgegenstand, denn er schlenderte extrem langsam Richtung Hintertür und untersuchte dabei kleine Nippsachen.
Inez hatte das Bedürfnis nach Frischluft. Sie ging hinaus und blieb eine Weile im Sonnenschein stehen. Dort hielt sich bereits Mr. Khoury auf, der die gleiche Idee gehabt hatte, und rauchte eine große Zigarre, die mit orientalischen Gewürzen parfümiert war. Tuberose und Narde, dachte Inez hustend, Kardamom und Koriander. Morton Phiblings sprachliches Vorbild wirkte ansteckend.
»Madam, Sie werden bemerken, dass der einstmals
Weitere Kostenlose Bücher