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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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nur beklommen dem Telefon genähert, aber so dachte er, es sei Becky, die ihm mitteilen würde, wann er am Wochenende kommen solle. Mit sehr viel Glück dürfte er sogar an zwei Tagen kommen. Er hob den Hörer ab und sagte: »Hallo, Becky.«
    Eine Frauenstimme meldete sich. »Hier ist nicht Becky, wer auch immer das ist. Hier ist Kim. Erinnerst du dich noch?«
    Er erinnerte sich an sie. Sie war Keiths Schwester. Sie war bei ihm gewesen, als er zum ersten Mal etwas von dem Schatz erfahren hatte. »Ja«, sagte er.
    »Nun, ich dachte …« Fast jedem anderen wäre aufgefallen, wie peinlich das Ganze für sie war, wie sehr sie auf ein aufmunterndes Wort angewiesen war. »Ich dachte – Entschuldigung, es fällt mir ziemlich schwer, aber hättest du – nun, hättest du Lust, mit mir auf diese Party zu gehen? Meine Freundin wird einundzwanzig und meinte, ich soll doch jemanden mitbringen. Und ich dachte, warum nicht dich? Am Samstagabend wäre das.«
    »Am Samstag bin ich bei Becky.« Vielleicht auch nicht, vielleicht erst am Sonntag oder sogar schon am Freitag. Trotzdem konnte er keinesfalls die Bemerkung riskieren, am Samstag würde er ausgehen. »Samstag kann ich nicht weg.«
    In Kim meldete sich eine Erinnerung aus Kindertagen. Er klang wie damals ihre Freundin von nebenan, als sie vor vielen, vielen Jahren gesagt hatte, sie könne nicht zum Spielen hinauskommen. Was war mit ihm los? »Dann ein anderes Mal«, sagte sie, wobei ihr jetzt die Enttäuschung deutlich anzuhören war.
    »Ich hab dich gern«, sagte Will ernst. Er hatte ihr wehgetan, und das merkte er. »Trotzdem darf ich samstags nicht ausgehen.«
    Ihm fiel wieder jener Schreckenstag ein, an dem ihn Becky gar nicht eingeladen hatte. Weil er an einem Samstag weg gewesen war? Und das könnte wieder passieren. Ziemlich traurig verabschiedete er sich von Kim, denn er war ihr dankbar. Ohne ihren Vorschlag wäre er nie ins Kino gegangen und hätte auch nicht erfahren, wo der Schatz lag. Kaum hatte er aufgelegt, läutete das Telefon sofort wieder. Diesmal war es Monty, der wissen wollte, ob er diese Woche abends mal auf einen Schluck ins Monkey Puzzle kommen möchte.
    »Ich kann diese Woche nicht ausgehen«, sagte Will. »Ich habe zu tun.«
    »Dann ein anderes Mal«, erwiderte Monty mit denselben Worten wie Kim. Jeder andere hätte die Erleichterung in seiner Stimme bemerkt, nur Will nicht.
    Als Becky ungefähr eine Stunde später anrief, untersuchte er gerade seinen neuen Spaten und schaute durchs Fenster. Inzwischen regnete es leicht.
    »Will, möchtest du am Freitagabend herüberkommen?«
    Freitag konnte er nicht leiden, weil er nicht lange bleiben konnte und auch kein Mittagessen bekam. Trotzdem sagte er zu, um nur ja keine Gelegenheit zu verpassen, und fügte dann kühn hinzu: »Kann ich am Sonntag auch kommen?«
    Schweigen. Ein Laut wie ein leiser Seufzer brachte ihn auf den Gedanken, dass die arme Becky sehr müde sein musste. »Ja, natürlich kannst du das.«
    Also, das lief prima, ja, sogar mehr als das. Damit könnte er der Sixth Avenue drei Besuche abstatten, um den Schatz zu heben, falls dieser tief vergraben war oder er ihn nicht sofort finden konnte. Das wäre also heute Abend und Mittwoch und Donnerstag. Und damit könnte er Becky am Freitag alles erzählen. Will ging zum Fenster. Es regnete immer noch.
    Unter diesen Umständen konnte er nicht anfangen. Einmal hatte er mit Keith eine Arbeit im Freien erledigt, wo sie ein Abflussrohr ausgraben mussten, doch bei heftigem Regen hatten sie aufhören müssen. Jedes Loch lief voll Wasser, und der Boden verwandelte sich in Matsch, dem kein Spaten Herr wurde. Trotzdem ging er probehalber hinunter, den Spaten nahm er mit. Er öffnete den Mietereingang und streckte die Hand hinaus, um zu spüren, wie dicht die Tropfen fielen.
    Das alles geschah unter den Augen von Finlay Zulueta, der in seinem Wagen auf der anderen Seite der Star Street saß. Dazu hatte ihn ein hocherfreuter Crippen mit breitem Grinsen und vollem Nachdruck abkommandiert und ihm eine gelegentliche Unterstützung durch Osnabrook zugesagt. Er hatte gesehen, wie Will Cobbett den Spaten gekauft hatte, und ihn auf seinem Weg zur Kendal Street beobachtet. Davor stand Keiths Van, ein Zeichen, dass Cobbett hier ganz legal zu tun hatte. Was man vom Kauf eines Spatens nun wahrlich nicht sagen konnte. Für legale Tätigkeiten musste Keith Beatty reichlich mit Spaten versorgt sein. Und jetzt stand da Cobbett, mit einem Spaten in der Hand, draußen im Regen.

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