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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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baltischen Akzent.
    Freddy, der in Abwesenheit von Inez unbedingt seine Existenz durch irgendeinen Verkauf rechtfertigen wollte, meinte: »Hat nichts mit uns zu tun. An, möchtest du was kaufen, wo du schon mal hier bist? Heute Nachmittag ist es ein bisschen ruhig.«
    Anwar wirkte nicht sonderlich begeistert. »Was denn zum Beispiel?«
    »Wie wär’s mit dieser hübschen Büste von Königin Viktoria? Obwohl ich wirklich nicht weiß, warum es ›Büste‹ heißt. Ist mehr Kopf und Hals, würde ich sagen. Oder diese reizende Glaskatze? Würde sich toll in deiner kleinen Wohnung machen, garantiert.«
    »Ich bin Minimalist«, sagte Anwar kopfschüttelnd. »Bin gleich wieder da. Ich brauche ’ne Toilette, muss pinkeln.«
    Er verschwand in Richtung Edgware Road. »Jetzt geht er auf die im Hotel Metropole«, bemerkte Freddy bewundernd. »Für diesen jungen Mann muss es immer nur das Beste sein.«
    »Ist er schwul?« Ludmilla fragte nur, weil sie kaum glauben mochte, dass irgendein Heterosexueller immun gegen ihren Charme sein könnte.
    »Dafür ist er zu jung«, sagte Freddy unbegreiflicherweise. Allerdings sagte er oft Dinge, die jedweder Logik oder Erfahrung zu entbehren schienen.
    »Übrigens, warum bist du bei ihm gewesen?«
    »War ich nie, Ludo.« Da er etwas Bedrohliches in ihrer Miene entdeckte, fuhr er fort: »Ich schwöre es, beim Kopf meiner Mutter!«
    »Depp, du hast keine Mutter.«
    Freddy wollte eben anmerken, dass auch er, wie alle anderen, einmal eine Mutter gehabt und die Bemerkung über die Büste und die Katze nur gemacht hatte, weil diese Accessoires überall gut aussähen, da meinte Ludmilla zänkisch: »Hast du schon unsere Tickets fürs Wochenende geholt?«
    »Ich sause auf der Stelle zu dem Reisefritzen. Du kümmerst dich um den Laden, nicht wahr, Schätzchen?«
    »Nun, bin ich da, oder nicht?«
    Das Reisebüro, das ihren Wochenendtrip arrangierte, lag gleich um die Ecke in der Edgware Road. Als er eine Minute weg war, stand Ludmilla auf und streckte sich, wobei ihr die Paschmina vom Arm rutschte, sodass jeder den Brandfleck hätte sehen können. Das erinnerte sie daran, dass sie den Stecker des Bügeleisens nicht herausgezogen hatte. Mit einem hastigen Blick nach links und rechts vergewisserte sie sich, dass sich niemand auf der Straße dem Laden näherte, und verschwand dann durch die Hintertür die Treppe hinauf.
    Anwar war gar nicht beim Metropole gewesen, sondern hatte vom gegenüberliegenden Durchgang aus die Szene beobachtet und schlenderte jetzt in den Laden. Dann verschwand er wesentlich schneller im hinteren Teil, schnappte sich den Schlüssel zur Hintertür und verschwand wieder durch den Mietereingang auf die Straße. Was er erledigt haben wollte, geschah am besten und schnellsten in der Unterführung, wo die Edgware Road in ost-westlicher Richtung überspannt wurde. Für die Leute aus dem Viertel bedeutete diese Unterführung Sicherheit und Gefahr zugleich, besonders für die Frauen. Hier war man vor dem ununterbrochenen Verkehr sicher, der von der A 5 herunterströmte. Gleichzeitig drohte Gefahr von den dubiosen Typen, die sich dort im Untergrund versammelten, und ab und zu von einem wild gewordenen Penner. Da war es wirklich einfacher, oben an der Ampel die Straße zu überqueren. Anwar jedoch fürchtete sich nicht vor der Unterführung. Die Leute fürchteten ihn.
    Der Mann, der den Laden führte, wo man Schuhe richten, Anhänger für Hundehalsbänder gravieren und Schlüssel nachmachen lassen konnte, war stets freundlich und liebenswürdig. Trotzdem hatte Anwar ihn in Verdacht, durch und durch ehrlich zu sein, was allein ihn schon verdächtig machte. Trotzdem wollte er nie wissen, warum jemand eine Schlüsselkopie haben wollte, und fragte auch jetzt nicht danach.
    »Eine halbe Stunde?«, fragte Anwar, wobei er den Schlüssel zu Inez’ Hintertür auf den Tresen legte.
    »Ach, komm, Söhnchen. Eine Stunde brauche ich wenigstens.«
    »Eine Dreiviertelstunde?«
    »O.k., aber keine Minute früher.«
     
    Kurz nach sechs Uhr tauchte Crippen auf und sagte leicht angesäuert zu Becky: »Wir lassen Cobbett nach Hause.«
    Sie sprang auf. »Wo ist er?«
    »Er kommt gerade. Ich habe ihn von einem Arzt anschauen lassen.« Crippen redete wie ein verantwortungsvoller Mensch, der den Stolzen mimt, weil er seine Pflicht getan hatte. »Der Doktor kann sich nicht erklären, warum er sich geweigert hat, zu sprechen.«
    Becky wandte sich ab. Wie anders hätte sich doch Forsyth unter ähnlichen

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