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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Sprache nicht oder erst in einigen Wochen wieder. Was sollte sie dann tun? Sie konnte nicht arbeiten gehen und ihn hier allein lassen. Könnte sie überhaupt einkaufen gehen? Ein Betreuer? Aber einen Betreuer würde Will hassen. Die Gegenwart eines Fremden würde seinen Zustand nur noch verschlechtern. Nur bei ihr ging es ihm gut.
    Sie rief Keith Beatty an und erzählte ihm, Will fühle sich unwohl und würde nicht vor Montag wieder da sein. Sie hörte Will ins Bad gehen und einige Minuten später wieder zurückschlurfen. Ihr Glas stand auf der Anrichte in der Küche, und sie hatte den Kühlschrank geöffnet und überlegte sich die Zusammenstellung eines Abendessens für Will. Wahrscheinlich Eier, Speck und Pilze, außerdem konnte sie immer noch Pommes frites auftauen. Dosenobst, Eis und noch ein Stück Kuchen, wenn er wollte. Zum Glück hatte sie schon die Kuchen für seinen Besuch besorgt, der eigentlich erst morgen hätte stattfinden sollen. Nicht nur James, sondern auch sein Neun-Uhr-Anruf waren vergessen. Sie häufte das Essen für Will aufs Tablett. Sie selbst verspürte keine Lust auf etwas, setzte sich aber zu ihm, während das Niveauloseste über den Bildschirm flimmerte, was das Fernsehprogramm an diesem Abend zu bieten hatte.
    Punkt neun klingelte das Telefon. Als sie aufstand, um abzuheben, überlegte sie sich noch, wer das sein könne, bevor sie seine Stimme hörte.
     
    Niemand ging nach einer Krankheit am Freitag wieder zur Arbeit, Zeinab schon. Da sie, wie üblich, eine halbe Stunde zu spät kam, hatte man nicht mit ihr gerechnet, und Freddy nahm gerade ihren Posten ein. Eine Stunde vorher hatte Jeremy Quick auf seinen Tee vorbeigeschaut. Als Inez ihm die Tasse reichte, wollte sie wissen, ob er vor ihrer Rückkehr gestern Abend draußen im Garten gewesen sei.
    »Inez, ich dachte, Mieter dürfen Ihren Garten nicht benutzen.«
    »Dürfen sie auch nicht, aber hier in der Gegend tun die Leute seltsame Dinge.«
    »Sie werden mich doch hoffentlich nicht für einen von denen halten«, sagte Jeremy und wirkte ehrlich schockiert.
    Inez hielt sich mit ihrer Antwort zurück. Was könnte seltsamer sein, als eine Freundin samt ihrer betagten Mutter zu erfinden? Doch ein Streit mit einem Mieter wäre nicht der glücklichste Start in einen neuen Tag. Kurz überlegte sie, ob er bei jeder Frau zurückzuckte, wenn sie ihn berührte, oder ob das nur bei ihr so sei. »Jemand hat es getan.« Woher sie das wusste, würde sie ihm nicht verraten. Eine Frau in ihrer Position benötigte immer ein paar Geheimwaffen. »Irgendjemand ist gestern Nachmittag zwischen drei und halb sieben dort draußen gewesen, denn dann war ich wieder da.«
    »Ist das wichtig?« Obwohl seine Frage freundlich klang, ging sie Inez gegen den Strich. Für ihn war das natürlich nicht wichtig.
    »Vielleicht nicht. Sollen wir das Thema wechseln?«
    »Gern.«
    »Vermutlich haben Sie gehört, dass die Polizei in diesem Laden die Ohrringe von Jacky Miller gefunden hat?«
    Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nur geringfügig, aber als gute Beobachterin bemerkte Inez es doch. Ein winziges Zucken um die Lippen, ein kurzes Aufflackern der Augen. »Jacky Miller?«, sagte er.
    »Das vermisste Mädchen, nach dem gesucht wird.«
    »Ach, ja«, meinte er. »Ich muss gehen. Vielen Dank für den Tee.«
    Kaum war er fort, kam Freddy. »Wieder so ein wunderbarer Tag, Inez.« Er rieb sich die Hände. »Da freut man sich doch, dass man lebt.«
    »Möglich. Freddy, sind Sie gestern Nachmittag in den Garten gegangen?«
    »O nein«, rief Freddy servil, »das dürfen Mieter nicht.«
    »Vielleicht gelten aber die Regeln für Sie nicht, weil Sie kein Mieter sind?«
    »Sie sagen es, Inez.« Freddy setzte sich auf die Armlehne des grauen Samtsessels und wackelte mit einem Finger wie der Taktzeiger eines Metronoms. »Wie gesagt, ich bin kein Mieter. Ludo ist die Mieterin. Ich habe meinen Wohnsitz in Walthamstow.« Misstrauisch beäugte Inez ihn. Beim letzten Mal hatte es Hackney geheißen, dessen war sie sich fast sicher. »Trotzdem betrachte ich mich immer noch als Ludos Repräsentant. Oder vielleicht als ihr Agent. Mit anderen Worten, sollte sie das dringende Bedürfnis haben, in den Garten hinauszugehen, dies aber weder selbst tun wollen noch dazu in der Lage sein, dann würde ich das vielleicht für sie übernehmen. Hoffentlich habe ich mich klar ausgedrückt. Andererseits bin ich gestern nicht in den Garten gegangen und würde auch nicht …«
    »Schon gut, Freddy, das

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