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Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)

Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)

Titel: Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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verdient.«
    Richard fuhr sich durch das dunkle Haar und seufzte noch einmal. »Ich ziehe mich nur um, dann komme ich.« Einen Augenblick blieb er noch in Gedanken versunken auf der Bank sitzen. Auch er verfügte über eine mehrjährige Erfahrung. Dennoch war es ihm nicht immer gelungen, die notwendige Distanz zu seinen Patienten aufrechtzuerhalten. Wenn er den Kampf um ein Menschenleben verlor, geriet er oft ins Grübeln. Er hatte sich nie daran zu gewöhnen vermocht, nichts mehr tun zu können. Richard rieb sich die müden Augen. Es machte ihn nachdenklich, dass diese junge Frau ihr Leben einfach hatte wegwerfen wollen.
    Sarah kämpfte sich durch einen dumpfen Nebel. Immer wieder fielen ihr die Augen zu. Sie war so müde. Doch irgendjemand hinderte sie daran, weiterzuschlafen. Ihr Kopf dröhnte. Jetzt spürte sie es deutlich, jemand berührte ihre Wange.
    »Sarah! Sarah, kommen Sie, wachen Sie auf! Sagen Sie etwas!«
    Mühsam versuchte sie, die Augen zu öffnen. Ihre Lider waren so unglaublich schwer, und ihre Zunge fühlte sich seltsam taub an. Einige Sekunden später kehrte ihr Bewusstsein zurück. Alles war schief gegangen. Sie war nicht tot. Verzweifelte Gedanken durchdrangen den Schleier, der ihr Gehirn sanft umgeben hatte – Scham darüber, sich im Krankenhaus wiederzufinden, Angst vor der Erwartung der Menschen hier, die sicher eine Erklärung wollten, Trotz, niemandem Rechenschaft ablegen zu wollen. Langsam öffneten sich ihre Augen. Sie fuhr zusammen, als sich zwei weiß gekleidete Männer über sie beugten und sie musterten. Sie wollte sich bewegen, doch es ging nicht, denn ihre Arme waren mit weichen Bandagen am Bett befestigt. Panik stieg in ihr auf. Was war das? Sie war gefesselt!
    Der ältere Arzt berührte ihre Schulter. »Wir mussten Ihren linken Arm operieren und ruhig stellen. Es ist uns gerade noch so eben gelungen, Sie zurückzuholen. Die Bandagen sind also zu Ihrer eigenen Sicherheit.« Er schlug einen betont munteren Ton an. »Wir wollen Sie doch nicht verlieren, nachdem wir uns so viel Mühe mit Ihnen gegeben haben.«
    Sarah fühlte sich beschämt. Sie hatte niemanden um diese Hilfe gebeten. Warum ließ man sie nicht in Ruhe? Angst stieg in ihr auf. Sie war wehrlos, zu keiner Reaktion fähig an dieses Bett gefesselt. Würde man sie jetzt in die Psychiatrie einweisen? War sie am Ende gar schon dort und wusste es nur noch nicht? Sie drehte demonstrativ den Kopf zur Seite. Erleichtert registrierte sie, dass die Männer sich zurückzogen und sie allein ließen. Ihre Augen folgten einem etwas unregelmäßigen Piepton und sie erkannte einen Herzton-Monitor, der neben ihrem Bett stand. Auf der anderen Seite blieb ihr Blick auf einem Beutel hängen, der über einen Schlauch mit dem Infusionszugang an ihrem Handgelenk verbunden war. Als sie erneut versuchte sich zu bewegen, durchfuhr sie ein stechender Schmerz, der sie sofort wieder still liegen ließ. Der linke Arm pochte und pulsierte stark. In ihrer Nase kribbelte der Sauerstoff-schlauch, und sie konnte nichts dagegen tun. Verzweiflung überkam sie, während langsam Tränen über ihre Wangen rollten, das Kinn entlang den Hals hinunterliefen und irgendwo im Kragen dieses lächerlichen OP-Hemdes verschwanden, ohne dass sie sie daran hätte hindern können. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich einsamer und hilfloser gefühlt.

5
    O liver goss sich Kaffee ein und umfing die Tasse mit beiden Händen. Unter seinen Augen lagen dunkle Schatten, als er jetzt in den gerade erwachenden Morgen hinaussah. Er hatte kaum geschlafen und war noch müde. Trotzdem war es ihm nicht mehr möglich gewesen, noch einmal einzuschlafen. Also hatte er beschlossen, auf einen Sprung in der Klinik vorbeizuschauen. Irgendwie ärgerte er sich darüber, dass ihn der Gedanke an Sarah nicht losließ. Er wollte nicht die Verantwortung für ihre Tat übernehmen und spürte doch längst, dass er bereits dabei war, sich für sie verantwortlich zu fühlen. Diese Gefühle hatten etwas Unprofessionelles an sich, was befremdlich war, denn in beruflichen Dingen strebte er stets nach Perfektion. Nachdem er Samantha einen Zettel auf dem Küchentisch hinterlegt hatte, machte er sich auf den Weg.
    Die Schwester am Empfang sah überrascht auf, als die Türen auseinander glitten und Oliver hereinkam. Bis zur Besuchszeit war noch beinahe eine Stunde. Er nickte ihr grüßend zu und blieb ein wenig unsicher stehen. »Guten Morgen. Ich würde gerne Sarah Berndes besuchen. Sie ist gestern Abend

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