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Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)

Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)

Titel: Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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wir wollen sie doch nicht beunruhigen. Ansonsten geht es mir aber prima.
    Sarah seufzte leise, setzte sich auf die Bettkante und sah zum Fenster. Wie um Himmels willen sollte sie nur wieder aus dieser verfahrenen Situation herauskommen? Ihre Gedanken wanderten Hilfe suchend zu Oliver. Jeden Tag kam er und versuchte sie aufzuheitern, ohne dabei jemals aufdringliche Fragen zu stellen. Sie hörte ihm gern zu, wenn er von seinem Alltag im Hotel erzählte, und ab und zu war es ihm sogar schon gelungen, ein Lächeln auf ihr Gesicht zu locken. Dennoch hatte sie auch ihm gegenüber noch nicht begonnen zu sprechen. Sie befürchtete, mit Fragen bombardiert zu werden, sobald sie den Mund aufmachte. Sie hatte Angst davor, den Ärzten und Schwestern Rechenschaft ablegen zu müssen. Sarah richtete sich auf und unterdrückte einen Schmerzenslaut, als sie versehentlich mit dembandagierten Arm gegen die Kante ihres Nachtschränkchens stieß. Vorsichtig zog sie mit der gesunden Hand die Schublade auf, griff nach ihrem Taschenkalender und schlug mühsam umblätternd die richtige Seite auf. Es waren noch über vier Wochen Zeit, bis sie ihre neue Stelle als Lehrerin an einer Grundschule antreten musste. Nachdenklich starrte sie auf den Verband. Sie hatte erste Zweifel, dass ihr Arm bis dahin wieder vollständig funktionieren würde. Tränen stiegen ihr in die Augen, als ihr die amtsärztliche Untersuchung einfiel, die noch ausstand. Womöglich würde man ihr die psychische Eignung absprechen, Kinder zu unterrichten, wenn man alles erfuhr. Sie betrachtete erneut ihren ruhig gestellten Arm. Es würde sich wohl kaum vermeiden lassen, darauf angesprochen zu werden. Als es kurz an der Tür klopfte, fuhr sie sich hektisch über die Augen. Oliver hatte fröhlich lächelnd ein kleines Buch geschwenkt, dann aber sofort registriert, dass sie niedergeschlagen war. Er setzte sich zu ihr und griff nach ihrer Hand, die sie ihm nicht entzog. Im Grunde war er der Einzige hier, dem sie vertraute.
    »Sarah, willst du mir nicht sagen, was dich quält?« Er unterbrach sich und fuhr sich durchs Haar. »Ich meine, ich will dich nicht ausfragen, aber vielleicht kann ich dir ja irgendwie ein kleines bisschen helfen?« Abwartend huschten seine Augen über ihr Gesicht. Sie zögerte, bevor sie sich räusperte und aufsah. Ihre Stimme kam ihr nach dem tagelangen Schweigen merkwürdig fremd vor, und wahrscheinlich sprach sie deshalb sehr leise. »Ich ... ich weiß es nicht.«
    Oliver ließ sich seine Erleichterung darüber, dass sie tatsächlich mit ihm gesprochen hatte, nicht anmerken. Er schien zu ahnen, was sie beschäftigte.
    »Soll ich vielleicht doch jemanden für dich anrufen?« Sie hatte aus dem Fenster gesehen und die Blätter an einem Baum betrachtet, dessen Zweige sich leicht im Wind bewegten. Hinter dem Grün des Klinikgartens ragten die übrigen Gebäude des Krankenhauses in den Himmel und schienen auf sie herabzusehen. Langsam wandte sie sich um und schaute nun auf den Drainage-schlauch, der aus ihrem Armverband hervorkam und zu einem Beutel führte, der seitlich unten an ihrem Bett hing. Einige Tropfen Wundflüssigkeit ließen sich auf ihrem Weg durch den durchsichtigen Schlauch beobachten.
    »Ich bin mir nicht sicher, weißt du?« Sie hob den Blick und sah ihm ins Gesicht. »Es ist gar nicht so einfach für mich.« Oliver wartete ruhig ab, und sie seufzte leise. »Meine Eltern. Ich möchte nicht, dass sie sich sorgen, aber was soll ich ihnen denn sagen? Dass ich im Krankenhaus bin und versucht habe mir das Leben zu nehmen? Dass ich es ohne Wolf nicht ausgehalten habe?« Oliver drückte leicht ihre gesunde Hand.
    »Und wenn ich für dich anrufe? Ihnen sage, dass ich ein Freund bin, dass du hier in Australien noch ein wenig Zeit brauchst, alles zu verdauen, und deshalb mich gebeten hast, für dich anzurufen, weil du im Moment keine Fragen beantworten willst?«
    »Würdest du das tun?«
    Er nickte und fügte augenzwinkernd hinzu: »Na klar! Und ich bin ausgesprochen überzeugend.«
    Er beugte sich vor. »Dann müssen sie sich wenigstenskeine Sorgen mehr machen, und ich sage ihnen auch, dass du dich bald selbst meldest, hm?«
    Gespannt beobachtete er ihr Gesicht, auf das sich jetzt ein leises Lächeln stahl.
    »Das überzeugt sogar mich. Also, dann schreib auf.«
    Nachdem sie ihm die Nummer diktiert hatte, zögerte sie erneut kurz, während sie wieder auf den Drainage-schlauch starrte. »Bitte sag ihnen, dass ich sie liebe und dass sie sich keine Sorgen

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