Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)
leise und sah nervös auf die Uhr, denn sie wollte seinen Eltern nicht mehr begegnen. Sie fragte sich, wie viel Zeit sie wohl noch hatte, bevor die beiden mit Sammy hier auftauchten. Als hätte er ihre Gedanken gespürt, bewegte Oliver den Kopf, und sie beobachtete gespannt sein Gesicht. Als er die Augen aufmachte und sich einen Moment verwirrt umsah, schlug ihr Herz schneller. Sie griff nach seiner Hand und beugte sich über ihn. »Hallo, Oliver.«
Er zog ihre Hand an seine Wange und schaute ihr in die Augen. »Mir geht’s deutlich besser.« Er streckte sich vorsichtig. »Hab ich lange geschlafen?«
»Beinahe eine Woche.« Sarah blickte in seine braunen Augen, in denen sich ungläubiges Staunen abzeichnete, bevor er sich mit einem Ruck aufsetzte.
»Das ist doch nicht dein Ernst, oder, Sarah?«
Sie nickte bekräftigend und musterte ihn glücklich. Er wirkte fast schon wieder gesund. Schließlich sah sie verstöhlen auf die Uhr. Er war ihrem Blick gefolgt. »Hast du es eilig? Oder stimmt etwas nicht?«
Sarah überlegte. Es fiel ihr nicht leicht, ihre Entscheidung, abzureisen, in Worte zu fassen. Sie hatte den Kopf gesenkt und betrachtete angestrengt ihre Hände. Nach ein paar Sekunden sah sie zögernd auf. »Weißt du, Oliver ... deine Eltern werden sicher gleich mit deiner Tochter hier sein. Ich habe sie vor ein paar Tagen angerufen, als du eingeliefert worden bist. Seitdem sitzen wir hier häufig gemeinsam an deinem Bett. Aber irgendwie habe ich immer das Gefühl, an deinem Unglück schuld zu sein und nicht hier sein zu dürfen. Ich gehöre doch nicht zur Familie. Und ohne mich wäre das alles gar nicht passiert. Es ist bestimmt das Beste, wenn ich jetzt zu meinen Großeltern zurückfahre.«
Sie nagte an ihrer Unterlippe und schien nach Worten zu suchen. Sie wirkte so verloren, dass er sofort nach ihren Händen griff und sie zu sich zog. Obwohl ihr Herz schneller schlug, war sie wie versteinert und hielt den Blick gesenkt. Sie wollte kein Mitleid, und sie war noch nicht selbstsicher genug, um mit dieser Situation gelassen umzugehen. Langsam hob er ihr Kinn und zwang sie so, ihn anzusehen. Seine dunklen Augen ließen sie nicht mehr los, während er sie anlächelte.
»Niemanden wünsche ich mir mehr an meiner Seite als dich, Sarah.« Sie zögerte, und er grinste nun verschmitzt. »Ehrlich. Ich hatte schon alle Hoffnung aufgegeben, jemals gegen deinen Wolf antreten zu können.« Er beugte sich vor und küsste sie zart und vorsichtig, als hätte er Angst, etwas zu zerstören, bevor es überhaupt begonnen hatte. Dann schlang er glücklich beide Armeum sie. »Ich habe schon so lange auf diesen Moment gewartet. Bitte bleib.« Die Lachfältchen um seine Augen vertieften sich. »Und ewig werde ich dieser verdammten Schlange dankbar sein müssen.«
Sarah musste lachen. Sie konnte noch nicht glauben, was ihr gerade widerfuhr.
18
D aniel Johnson hatte nach draußen geschaut, um mit den Augen dem Weg seiner Enkelin zu folgen, die eine junge freundliche Hotelangestellte zur Post begleiten wollte. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sah seine Frau über den Frühstückstisch hinweg an. Sie schien vollkommen mit dem Bestreichen ihres Toasts beschäftigt zu sein. Doch Daniel kannte sie so gut wie sonst niemand. Eine nachdenkliche Falte auf ihrer Stirn und ein strenger Zug um ihren Mund zeigten ihm, dass sie in Sorge war. Belustigt beugte er sich vor und lächelte. »Wenn du weiter so viel auf deinem Toast herumstreichst, landest du gleich auf der Tischplatte, Patricia.«
Sie sah auf, seufzte und legte das Messer hin.
»Du hast Recht, Dan«, sagte sie und zwang sich, sein Lächeln zu erwidern. »Ich war ganz in Gedanken.«
Sie betrachtete sein Gesicht. Es verblüffte sie immer wieder aufs Neue, wie ähnlich ihr Sohn seinem Vater sah. Daniel schien einfach eine ältere Ausgabe von Oliver zu sein. Auch nach über fünfunddreißig Jahren Ehe fühlte sie sich noch sehr von ihrem Mann angezogen. Sein dunkles Haar war inzwischen silbergrau geworden, was einen interessanten Kontrast zu seinem dunklen Teint bildete. Die Lachfältchen, die schon früher um seine Augen gewesen waren, hatten sich tief eingegraben und ließen erkennen, dass er ein optimistischer und lebensbejahender Mensch war. Wenn er lächelte, erschienen auch auf seinen Wangen Grübchen, die sieschon bei ihrem ersten Kennenlernen unwiderstehlich gefunden hatte. Sie erinnerte sich noch daran, wie entzückt und aufgeregt sie später gewesen war, als sie
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