Der Duft des Meeres
aber Oscar hielt sie mit dem Arm zurück.
»Denkst du, ich bin ein Narr, Camille? Versuch nicht, die Heirat mit Randall als eine Verpflichtung hinzustellen, von der du glaubst, dass du sie erfüllen musst.«
Sie öffnete die Lippen, um darauf zu beharren, dass er sich irrte. Er fiel ihr ins Wort.
»Wenn du wirklich so empfindest, dann hattest du kein Recht, mich in dieser Nacht zu bitten, bei dir zu bleiben. Du hast mir einen Vorgeschmack darauf gegeben, wie es wäre, mit dir zusammen zu sein, und jetzt bittest du mich zu gehen. Wofür hältst du mich?«
Camille schüttelte den Kopf. Er hörte nicht zu. Er hatte keine Ahnung, wie schwierig es auch für sie war, diesen einen Vorgeschmack gehabt zu haben, diesen einzigen Augenblick puren Glücks, von dem sie sich den Rest ihres Lebens nähren würde.
»Ich habe keine Wahl …«
Er schlug mit der Faust gegen das Speisekammerregal hinter ihr.
»Ich habe keinen Banktresor voller Geld oder zehn Anzüge, die in meinem Schrank hängen und von denen ich jeden Morgen einen auswählen kann. Ich weiß, ich könnte dir nicht all die Dinge geben, die er dir geben könnte, aber ich kann dir etwas geben, das er dir niemals wird geben können. Ich liebe dich, Camille«, sagte er, und sein Mund war ihrem so nah, dass sein Atem ihre Lippen befeuchtete. »Ich liebe dich. Nicht deinen Nachnamen oder dein hübsches Gesicht oder all die geschäftlichen Möglichkeiten, die du mir bringen könntest.« Er legte die Hand auf eine Stelle direkt unter ihrem Hals und liebkoste mit dem Daumen die Haut über ihrem Herzen. »Du bist es.«
Sie sah ihn an, ohne zu blinzeln, außerstande zu atmen, geschweige denn zu sprechen. Oscar ließ den Arm sinken.
»Du hast durchaus eine Wahl, Camille. Oder sollte ich dich bereits Mrs. Jackson nennen?«
Er stürmte aus der Speisekammer, dicht gefolgt von Camille. Versprechen hin, Versprechen her, was immer ihr Vater wollte, sie musste Oscar alles erzählen.
»Bitte, Oscar, warte, wenn du nur zuhören würdest …«
Die Stufen der Kajütstreppe klapperten und Ira kam in die Kombüse hinunter. Oscar raffte sein Hemd vom Tisch und stieß die Arme in die Ärmel, während Ira mit dem Fuß eine Bank unter dem Tisch hervorzog und sich setzte.
»Ich war noch nie im Leben so verdammt müde«, erklärte Ira und griff sich einen Kaffeebecher. »Und dabei hatte ich mal ein Pokerspiel, das sich über zwei Tage hinzog.«
Camille ignorierte ihn. Oscars Wut schmerzte sie noch immer. Sie hatte einen gewaltigen Schlamassel angerichtet. Ira musterte zuerst sie, dann Oscar.
»Warum seid ihr zwei ganz rot im Gesicht?«, fragte er. Dann verzog sich sein Mund zu einem breiten Grinsen und seine Zähne blinkten. Oscar packte seinen Arm, bevor er sprechen konnte.
»Sparen Sie es sich, Ira«, sagte er mit einem schnellen Blick auf Camille. Sie konnte ihn nicht anflehen, ihre Erklärung anzuhören, während Ira da war. Oscar knöpfte sein Hemd zu und verließ die Kombüse. Ira richtete sein breites Grinsen auf sie.
»Sparen Sie es sich, Ira«, wiederholte sie Oscars Worte und fuhr fort, den Boden zu schrubben.
Einige Tage später flatterte eine einzelne Möwe durch weiße Nebelschwaden rund um die Lady Kate und umkreiste das Vorsegel. Camille hatte einen Eimer Waschwasser auf Deck gebracht, um ihn über Bord zu kippen.
»Eine Möwe!«, rief sie Oscar zu, der am Ruder stand. Sie reckte den Hals und beschirmte die Augen gegen den dichten Nebel. Sie schob sich eine Locke aus dem Gesicht unter das Tuch, unter dem sie ihr Haar zurückhielt, ohne sich auch nur im Geringsten um Mode zu scheren. Die Möwe schrie und flog einige Male um die Schaluppe herum, bevor sie ihren Weg fortsetzte.
»Die Küste ist nah«, antwortete Oscar. Die unbekümmerte Bemerkung konnte seine Hoffnung nicht verschleiern. Er war genauso begierig wie sie, von der Lady Kate herunterzukommen. Seit ihrem Streit in der Speisekammer war es unmöglich gewesen, sich auf irgendetwas zu konzentrieren, und er sah sie immer noch nicht an oder sprach mehr als einen Satz mit ihr. Wann immer sie versuchte, mit ihm zu sprechen, ihm zu erklären, warum Randall ihre einzige Wahl sein konnte, brachte er entweder eine Ausrede hervor, um ihr aus dem Weg zu gehen, oder irgendjemand kam hereingestürzt und ruinierte ihre Chance.
Am Tag nachdem sie die Seemöwe entdeckt hatten, erschien eine Hafenstadt am Horizont. Endlich, dachte sie, während Ira, Oscar und sie abwechselnd durch das Fernglas schauten. Sie hatten es
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