Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
Vom Netzwerk:
protestierte der andere Aufseher, von dem Alice nicht bedroht worden war. Martin zuckte nur mit den Schultern.
    »Martin wollte die Señorita schlagen«, mischte Julio sich ein und erhielt lautstarke Zustimmung von den anderen Arbeitern.
    »Also dann verschwinde, wie ich schon sagte«, beharrte Dr. Scarsdale. Martin murmelte einen Fluch, spuckte zu Füßen des Archäologen aus, dann entfernte er sich. Alice wies auf den bewusstlosen Indianer zu ihren Füßen.
    »Ich wollte nur verhindern, dass sie ihn umbringen«, erklärte sie aufgeregt.
    »Schon gut. Wir besprechen das später. Seine Leute sollen ihn versorgen, er kommt schon wieder auf die Beine«, sagte Dr. Scarsdale auf Englisch zu ihr. Dann baute er sich vor den versammelten Arbeitern auf.
    »Bringt den Mann in ein Zelt. Seine Frau soll sich um ihn kümmern. Dann könnt ihr wieder an die Arbeit gehen.«
    Die Versammlung löste sich sogleich auf. Alice kraulte erleichtert Mariana, dann fiel ihr ein, dass sie sich bei dem Archäologen wohl für die Rettung bedanken sollte, doch er kam ihr zuvor.
    »Ich würde vorschlagen, Sie gehen jetzt in Ihre Hütte«, sagte er ruhig. »Oder machen Sie einen Spaziergang. Es wäre auf jeden Fall sehr hilfreich, wenn Sie die Arbeit hier nicht mehr behindern würden. Wir besprechen den Vorfall beim Abendessen, wenn Sie einverstanden sind.«
    Alice nickte, obwohl der Zorn in ihrem Magen grummelte. Sie hätte sich ein wenig mehr Anteilnahme gewünscht, doch dafür war der verschlossene Archäologe wohl nicht der richtige Mann. Sie sah, wie der verletzte Arbeiter weggetragen wurde, während seine Frau schluchzend hinterherlief. Alice atmete tief durch. Ihre Hände zitterten, doch es war ein angenehmes Gefühl, einen Menschen gerettet zu haben.
    »Der Mann hatte Martin angeblich angegriffen«, berichtete Dr. Scarsdale, der sie wie versprochen zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen hatte. Es fand in einem großen Zelt statt, das in unmittelbarer Nähe der drei Tempel errichtet worden war. Dr. Scarsdale wollte nicht, wie andere Forscher vor ihm, die Ruinen bewohnen, da er fürchtete, es könnten noch weitere Reliefs zerstört werden.
    Es gab die üblichen Tortillas mit Bohnen und gehacktem Rindfleisch, doch Alice bemerkte, dass der Archäologe ein sauberes Hemd und eine Hose aus feinem Leinen angezogen hatte. Er goss Rotwein in einen Holzbecher. Die Flasche musste er aus dem Schatz seiner Vorräte geholt haben.
    »Ich habe die Geschichte auch schon gehört«, sagte Alice, die sich ausgiebig mit Julio unterhalten hatte. »Dieser Domingo hatte Besuch von seiner Frau, die hier in der Nähe in einem Dorf lebt. Martin bekam es mit und … also, Domingo wollte seine Frau schützen, nichts weiter.«
    Ihr fiel der von Patrick in seinem Tagebuch geschilderte Vorfall ein. Wenn solche Dinge öfter geschahen, dürfte Dr. Scarsdale keinen Grund haben, an ihrer Geschichte zu zweifeln.
    »Hm, ja, so war es wahrscheinlich«, stimmte der Archäologe kauend zu. »Aber die Frau hatte hier nichts verloren. Derartige Besuche sind nicht erwünscht, das habe ich den Leuten gesagt, eben weil ich unangenehme Zwischenfälle verhindern wollte.«
    Alice, die gerade an dem Wein nippen wollte, ließ den Becher fassungslos sinken.
    »Aber was ist denn so schlimm daran, wenn eine Frau ihren Mann besucht?«
    Der Amerikaner schien ihr ein eingefleischter Junggeselle, aber das war keine ausreichende Erklärung für diese Art zu denken.
    »Streng genommen gar nichts«, gab er zu. »Aber es geht eben manchmal sehr rau zu in diesem Land. Und Arbeitskräfte sind nicht so leicht zu bekommen. Bereits Maudslay klagt in seinen Aufzeichnungen, von denen ich glücklicherweise eine Kopie besitze, über dieses Problem. Zu freiwilliger Arbeit sind die Indios nicht bereit, man muss sich an die lokalen Autoritäten wenden. Ich kann von Glück sagen, die Unterstützung von Hans Bohremann zu haben, der mir Empfehlungsschreiben mitgab. Aber ich brauche auch Leute, um die Indios zu beaufsichtigen, denn sonst rühren sie keinen Finger. Die meisten Aufseher, die ich beschäftige, haben früher in diesen Holzfällerlagern gearbeitet.«
    »Den Monterías?«, fragte Alice.
    »Ich sehe, Sie haben auch schon den gängigen Begriff gelernt.«
    Der Archäologe klang nicht gerade begeistert darüber.
    »Dort wird mit den Indios sehr hart umgesprungen«, bestätigte er Julios Geschichten. »Diese Männer sind es gewöhnt, zu prügeln und Frauen zu schänden. Ich wollte solche unschönen

Weitere Kostenlose Bücher