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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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werden, wie man es unkonventionellen Frauen gewöhnlich vorwarf. Als hätte jemand ihre Worte gehört, knackten plötzlich Zweige, ein Keuchen war zu hören, gefolgt von leisem Wimmern. Alice wollte gerade vorsichtig zurückweichen, als das Licht einer Öllampe sie blendete.
    »Andrés!«, rief sie hoffnungsvoll, dann fiel ihr ein, dass er keine Lampe haben konnte. Panisch fuhr sie herum, suchte nach einer Fluchtmöglichkeit, doch das Klagen der Frauenstimme wurde lauter und schien plötzlich vertraut, sodass Alice nicht einfach weglaufen konnte.
    Das Licht der Lampe sank langsam auf den Waldboden, und Alice zwang sich, den unerwarteten Eindringling anzusehen. Modestas Gesicht tauchte vor dem ihren auf, und sie staunte, wie groß die India plötzlich war, denn sie befand sich mit ihr auf Augenhöhe. Modestas Wangen waren nass vor Tränen, und in ihren Augen stand ein stummer Angstschrei. Die scharfe Klinge eines Messers drückte sich an ihren Hals.
    »Hier also trifft sie sich mit ihrem dreckigen Indio«, knurrte eine Männerstimme auf Spanisch. Modesta stieß ein Wimmern aus. In dem Blick, den sie Alice zuwarf, lag die wortlose Bitte um Vergebung. Alice’ Muskeln spannten sich in dem Wunsch, dieser grässlichen Situation irgendwie zu entkommen, da sah sie, wie dunkle Flüssigkeit aus Modestas Kehle zu sprudeln begann. In den entsetzt aufgerissenen Augen erstarb der letzte Lebensfunke. Alice vernahm einen gellenden Schrei, und erst als er verklungen war, begriff sie, dass sie selbst ihn ausgestoßen hatte. Modestas Körper fiel wie eine Strohpuppe auf den Waldboden, um endgültig den Blick auf eine große, breite Männergestalt freizugeben.
    Sobald Alice Martin erkannt hatte, sprang sie zurück, doch sie wusste, dass es keine Rettung sein konnte, ins Innere der Ruine zu flüchten. Während er das blutbefleckte Messer auf sie richtete, suchte sie nach Wegen, an ihm vorbeizukommen. Der finstere nächtliche Regenwald schien plötzlich ein Ort, der Schutz und Sicherheit versprach, wenn es ihr nur gelang, aus dem Blickfeld von Modestas Mörder zu kommen, der sie immer weiter in die Ruine hineindrängte. Der Umstand, dass er die Lampe nicht aufgehoben hatte, verschaffte Alice einen winzigen Vorteil, da es zunehmend finster wurde und Martin sie nicht mehr genau sehen konnte. Schließlich stieß sie mit dem Fuß gegen die von Andrés mühsam gesäuberte Steinstatue, hob sie hoch und warf sie aufs Geratewohl in Martins Richtung. Sein wütender Schrei tat ihr gut. Ein metallener Gegenstand schlug auf dem Boden auf. In der Hoffnung, dass er sein Messer verloren hatte, rannte Alice los. Wenn sie so schnell war, dass er sie nicht zu packen vermochte, konnte sie vielleicht in irgendeinem Dickicht verschwinden und ausharren, bis Dr. Scarsdale einen Suchtrupp losschickte. Sie schaffte es tatsächlich an dem laut fluchenden Martin vorbei und wollte gerade in den Regenwald flüchten, als ein Arm sich um ihre Taille legte und sie wieder zurückriss. Alice schrie vor Empörung und klammerte sich an Sträuchern fest. Zweige zerschnitten ihre Hände, als sie dennoch fortgezerrt wurde. Sie war ein fauchendes, kratzendes, aber völlig machtloses Bündel in Martins Armen, was ihr Zornestränen in die Augen trieb.
    Einer seiner Arme reichte, um Alice festzuhalten, während er die Öllampe aufhob. Sie nützte den Augenblick, um ihm einen heftigen Tritt gegen sein Schienbein zu verpassen, doch er verzog keine Miene, sondern schleppte sie ins Innere der Ruine, wo er sie in eine Ecke stieß.
    »Du spielst die feine Dame, wickelst diesen verrückten Amerikaner um den Finger und sorgst dafür, dass er mich davonjagt wie einen Verbrecher. Dann kriechst du heimlich in den Dschungel, um es mit einem Indio zu treiben!«
    Seine Worte hinterließen Speichel auf ihrem Gesicht. Zunächst wollte sie eine entsprechende Antwort geben, doch der Hass, der in seinen Augen glomm, erschreckte sie. Eine Frau hatte dieser Mann bereits getötet.
    »Du wirst dem Amerikaner alles erzählen, was du angestellt hast. Ich will meine Arbeit wieder!«
    Alice nickte. Seit sie ihr Elternhaus verlassen hatte, war sie niemals mehr derart fügsam gewesen.
    »Ich werde alles erklären. Bringen Sie mich jetzt bitte ins Lager zurück, damit ich mit Dr. Scarsdale reden kann«, sagte sie so gefasst wie nur möglich. Sobald sie vor dem Archäologen stand, brauchte sie wenigstens nicht mehr um ihr Leben zu fürchten.
    Martin holte aus und schlug ihr ins Gesicht. Alice hörte sich

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