Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato

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groß angelegte Suche hatte. Er nahm ihre Erklärung mit einem schlichten Nicken hin.
    »Es gelang Ihnen also tatsächlich, das Mädchen aufzuspüren. Haben Sie von ihr denn auch etwas Wichtiges über den Tod Ihres Bruders erfahren?«
    Sein Blick war nüchtern und ausdruckslos wie oft zuvor. Sie hatte niemals geahnt, wie viel sich dahinter verbarg. Erst begriff sie den Sinn dieser Frage nicht, dann wurden ihr die Zusammenhänge plötzlich klar. Ix Chel hatte hinter dem Felsen gesessen und den Streit zwischen Patrick und dem Archäologen beobachtet. Dabei war sie aber nicht gesehen worden.
    Sie holte Luft und bemühte sich, so gelassen wie möglich zu antworten. Eine erfolgreiche Lüge war ihre einzige Rettung.
    »Leider konnte sie es auch nicht sagen. Sie war mit Andrés fortgegangen, um Nahrung zu besorgen. Als sie zurückkamen, war Patrick tot. Andrés lief weg. Ich fürchte, er ist nicht besonders mutig. Ix Chel weinte eine Weile beim Leichnam meines Bruders, dann suchte auch sie das Weite.«
    Sie musterte Dr. Scarsdales Gesicht aufmerksam, suchte nach Zeichen von Unsicherheit, Misstrauen oder Erleichterung. Doch er sah aus wie immer, wenn sie mit ihm gesprochen hatte. Gefasst, vergeistigt und an vielen Dingen desinteressiert.
    »Ich bedauere, dass Sie nicht mehr herausfinden konnten«, sagte er freundlich. »Aber wenigstens wissen Sie nun, dass Andrés Uk’um nicht Patricks Mörder gewesen sein kann, denn er war zu dem Zeitpunkt, da Patrick getötet wurde, nicht anwesend.«
    »Ja, das ist richtig«, erwiderte Alice. Dieses Gespräch verlief so nüchtern und sachlich, dass sie es fast ernst zu nehmen begann. Dann fiel ihr wieder ein, dass sie nicht freiwillig hier war.
    »Wie konnten Sie mich finden?«, fragte sie, um Gelassenheit bemüht. »Ich zog mit Andrés und Julio los, dann kehrte Julio zurück.«
    »Ja, und er sagte, dass Sie eine kleine Reise machen wollen.«
    Dr. Scarsdale kicherte.
    »Aber ich kannte Ihren Dickkopf schon gut genug. Sie reisten nicht zum Vergnügen hier herum, sondern wollten das Mädchen finden, das die Kette hat. Und ebendies wollte ich auch.«
    »Das hätten Sie mir einfach sagen können«, erklärte Alice. Er winkte nur ab.
    »Ich hatte Sie beobachten lassen, die ganze Zeit. Von Martin, der Sie nicht unbedingt in sein Herz geschlossen hatte. Die anderen Capataces waren eingeweiht, daher tolerierten sie einen studierten Indianer als Jefe.«
    »Aber …« Alice blieben die Worte im Hals stecken, als sie langsam begriff. Sie hatte gedacht, Dr. Scarsdale würde sie und Andrés unterstützen, doch der vermeintlich vertriebene Martin musste ihn ebenfalls aufgesucht haben und war sein heimlicher Verbündeter geworden.
    »Als Sie Palenque verließen, folgte Martin Ihnen und sammelte Informationen, wohin Sie gingen«, gab der Archäologe unumwunden zu. »Im Dschungel hat er Sie wohl eine Weile verloren, aber Sie tauchten ja wieder auf und hatten die Kette dabei.«
    Alice lehnte sich seufzend zurück. Sie spürte, wie Mariana sich an sie presste.
    »Jetzt haben Sie die Kette«, fuhr sie vorsichtig fort. »Ich verstehe, warum Sie sie wollten. Ich hätte sie Ihnen sicher freiwillig gegeben, wollte nur vorher mit Hans Bohremann sprechen. Nun sollte ich mich auf den Weg zu ihm machen.«
    Sie sah in Dr. Scarsdales Gesicht, das weiterhin keinerlei Gefühlsregung verriet. Er rieb sich nur die Hände. War dies ein erstes Zeichen von Unsicherheit?
    »Natürlich können Sie zu Hans Bohremann reisen«, sagte er schließlich. »Aber zunächst sollten Sie sich ein wenig ausruhen. Ich möchte Ihnen auch gern zeigen, wie die Grabungen am Tempel der Inschriften vorangegangen sind.«
    »Haben Sie etwas entdeckt?«, fragte Alice interessiert.
    »Nichts Wesentliches. Wir entfernten weiter Steine aus dem Boden, kamen aber gut voran.«
    Er stand auf.
    »Ich muss jetzt nach Martin und den anderen Männern sehen. Man wird Ihnen bald etwas zu essen bringen. Ruhen Sie sich einfach aus.«
    Alice nickte. Sie empfand sogar ein wenig Erleichterung.
    »Wo ist Julio?«
    Die Frage war ihr plötzlich eingefallen.
    »Weg. So wie die anderen Indianer.«
    Sie riss ungläubig die Augen auf.
    »Wieso weg. Ich verstehe nicht …«
    »Es ist ganz einfach. Ich habe die Grabungen für eine Weile unterbrochen und den Arbeitern erlaubt, ihre Familien zu besuchen. Nur die Capataces sind noch hier.«
    Alice begann zu frösteln.
    »Julio hat hier in der Nähe keine Familie«, erwiderte sie.
    »Ich weiß.«
    Dr. Scarsdale trat ein paar