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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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hatten.
    »Ich sah, wie sie dich entführten, und folgte, weil ich auf eine Gelegenheit hoffte, dich befreien zu können. Aber sie waren immer wachsam. Es hätte uns nicht geholfen, wenn Martin sein Gewehr auf mich abgefeuert hätte, und Ricardo hat das scharfe Gehör der Indianer. Ich konnte mich nicht unbemerkt anschleichen. Also folgte ich in sicherem Abstand bis hierher. Ich hielt mich in den Büschen versteckt, bis ich dich und el doctor oben auf dem Tempel sah. Ich ahnte, was er tun wollte, noch bevor er dich schubste. Deshalb gab ich mich freiwillig zu erkennen, um ihn abzulenken. Es hat funktioniert.«
    Alice umschlang ihre Schultern, um sich zu wärmen. Der Schrecken saß ihr noch tief in den Knochen.
    »Zuerst tut er so, als ob alles in Ordnung wäre. Dann versucht er plötzlich, mich umzubringen«, murmelte sie ratlos. »Er hätte mich gleich töten können, als ich hier ankam. Es gibt kaum Zeugen, und die stehen alle in seinen Diensten.«
    Andrés runzelte die Stirn.
    »Hast du ihm erzählt, was Ix Chel gesagt hat?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Er hat die Kette, die ihm sehr wichtig war. Dass Ix Chel gesehen hat, wie Patrick starb, weiß er nicht, und ich habe es nicht erwähnt.«
    »Dann weiß er vermutlich selbst nicht, was er tun soll«, meinte Andrés. »Er scheint mir kein kaltblütiger Mörder, aber ihm ist klar, dass er in Gefahr ist, und das könnte ihn gefährlich machen. Wir müssen so schnell wie möglich von hier weg.«
    Alice lachte bitter.
    »Aber wie? Er gibt sich freundlich, aber er lässt mich niemals aus den Augen. Mit dir wird es genauso sein.«
    Andrés kreuzte seine Beine mit der gewohnten Geschmeidigkeit zu einem Schneidersitz und beugte sich vor.
    »Ich werde heute Nacht draußen schlafen wie früher. Ich warte eine gute Gelegenheit ab, dann öffne ich die Tür der Hütte. Wir schleichen uns davon.«
    »Wie du meinst«, sagte Alice, ohne darauf einzugehen, wie wenig erfolgversprechend dieser Plan war. Sie kraulte Mariana. Der Hund, der sich zu ihren Füßen niedergelegt hatte, grunzte zufrieden. Wenn sie flohen, musste sie ihn mitnehmen, beschloss sie. Es schien ihr unwahrscheinlich, dass Dr. Scarsdale seinen Zorn an einem wehrlosen Tier auslassen würde, doch sie wusste nicht mehr, was von dem Archäologen zu halten war.
    Wenn sie flohen. Es schien mehr eine unwahrscheinliche Möglichkeit als ein glaubwürdiger Plan, aber sie weigerte sich, die Hoffnung aufzugeben.
    Ricardo brachte ihnen das Mittagessen. Dann ging Andrés hinaus, denn er hielt es für klüger, sich Dr. Scarsdale anzuschließen und eine mögliche Fortsetzung der Grabungen zu besprechen. Alice legte sich auf die Petate und versuchte, Ruhe zu finden. Wenigstens war sie jetzt nicht mehr allein.
    Sie ging einige Male hinaus, um sich die Beine zu vertreten und Mariana herumzuführen. Die Tür wurde jedes Mal geöffnet, wenn sie klopfte, so wie es auch bei Andrés der Fall gewesen war. Als Gefangene wurden sie sehr höflich behandelt, doch sie blieben unter Bewachung. Sobald es dunkel wurde, schmiegte sie sich an den Körper des Hundes und wartete angespannt auf ein Geräusch, das die Möglichkeit zur Flucht versprach. Zunächst hörte sie nur die Stimmen der Capataces, die noch eine Weile zusammensaßen und sich offensichtlich betranken, denn sie begannen, immer lauter zu werden. In Alice wuchs die Hoffnung wie eine kleine, aber zähe Pflanze im Sonnenschein. Dr. Scarsdale würde wahrscheinlich in seinem Zelt schlafen, das am anderen Ende der Ruinenstätte lag. Von dort aus würde er es kaum hören, wenn Andrés sie aus der Hütte befreite, und die Capataces bekämen es wahrscheinlich auch nicht mit, da ein Übermaß an Aguardiente ein gutes Schlafmittel war. Alice verzehrte ihr Abendessen. Andrés hielt sich vermutlich noch bei Dr. Scarsdale auf und wartete, bis es draußen still zu werden begann. Die Aussicht, bald schon durch den nächtlichen Dschungel laufen zu müssen, erschreckte sie nicht mehr, denn sie würde Andrés in ihrer Nähe wissen. Als sie plötzlich ein Kratzen an der hinteren Wand der Hütte hörte, schoss sie in die Höhe.
    »Señorita, sind Sie hier?«, flüsterte eine Stimme auf Spanisch. Alice schloss ihre Hand um Marianas Schnauze, um sie am Bellen zu hindern, denn sie hatten beide erkannt, dass nur die Wand der Hütte sie von Julio trennte.
    »Wie kommst du hierher?«, fragte sie verwirrt.
    »Ich habe in einem der verlassenen Gebäude in der Nähe gewartet. Als el doctor uns alle fortschickte,

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