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Der Duft des Sommers

Der Duft des Sommers

Titel: Der Duft des Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Maynard
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im Westen von Massachusetts, auf der er groß geworden war. Seine Großeltern hatten Felder gehabt, auf denen sich die Leute das Obst und Gemüse selbst pflücken konnten: hauptsächlich Heidelbeeren, im Herbst aber auch Kürbisse und im Winter Weihnachtsbäume. Frank war erst sieben, als er schon mit dem Traktor die Felder umpflügte, Hühner fütterte und sich um die Bäume kümmerte. Die sahen natürlich nicht von Anfang an aus wie Weihnachtsbäume. Sie mussten beschnitten werden.
    Franks Großeltern hatten einen Stand vor der Farm gehabt, an dem sie ihre Waren verkauften, auch Marmeladen seiner Großmutter und zur Beerenzeit ihre Pies. Frank hätte lieber den ganzen Tag Hühnerscheiße geschaufelt – er entschuldigte sich für seine Ausdrucksweise –, als den Stand zu betreiben. Deshalb stellte seine Großmutter nach dem Tod ihres Mannes jemanden für den Verkauf ein. Mandy, ein Mädchen aus dem Ort, ein Jahr älter als Frank und mit einem bisher ziemlich harten Leben. Ihre Mutter war mit irgendeinem Kerl davongelaufen, und ihren Vater hatte sie gar nicht erst kennengelernt. Als Frank ihr begegnete, hatte sie grade die Schule abgebrochen und wohnte bei ihrer Schwester.
Arbeitete als Putzfrau und als Aushilfe, wenn irgendwo was frei war. Wie zum Beispiel auf der Chambers-Farm.
    Er ging mit ihr aus, wenn man es so nennen wollte, in diesem Sommer nach seinem Highschool-Abschluss. In erster Linie fuhren sie mit dem Auto herum, hörten Radio und knutschten.
    Ich war noch Jungfrau damals, sagte Frank zu meiner Mutter. Wie üblich machten die beiden bei ihren Gesprächen keinen Unterschied, ob ich zuhörte oder nicht. Ich hätte genauso gut unsichtbar sein können.
    Im Herbst wurde er nach Vietnam eingeschifft. Für zwei Jahre. Und je weniger man von dieser Zeit erzählte, desto besser. Er hatte sich nur verpflichtet, um studieren zu können, wenn er wieder nach Hause kam. Aber als es dann so weit war, wollte er sich nur noch irgendwo verkriechen und in Ruhe gelassen werden. Die nächtlichen Angstanfälle waren damals noch nicht ganz so schlimm, wie sie es später wurden, hatten aber schon angefangen. Er schlief keine Nacht mehr durch.
    Während er weg war, hatte Mandy ihm dreimal geschrieben. In dem ersten Brief ganz zu Anfang schrieb sie ihm, dass sie an ihn denken und für ihn beten würde, obwohl sie ihm gar nicht so religiös vorgekommen war. Vielleicht gefiel es ihr, einen Freund in weiter Ferne zu haben.
    Zwei Jahre lang hörte er so gut wie nichts mehr von ihr. Dann kam gegen Ende seiner Zeit in Vietnam ein langer Brief auf liniertem Papier, verfasst in ihrer runden nach links geneigten Handschrift mit Smileys in den großen Kringeln über ihren Is.

    Sie berichtete ihm von den Neuigkeiten aus ihrer Stadt. Ein Junge, den sie beide kannten, war unter den Mähdrescher geraten und hatte ein Bein verloren. Ein anderer Junge war einige Monate zuvor mit seinem Wagen in einen entgegenkommenden Kombi gerast. Bei dem Unfall waren alle drei Mitglieder der Familie in dem Kombi ums Leben gekommen. Sie hatte ihm auch die Todesanzeigen diverser älterer Leute aus der Stadt beigelegt – in einigen Fällen Freunde ihrer Großmutter –, die eines natürlichen Todes gestorben waren. Einer davon – der Milchmann – hatte allerdings eines Tages seinen Laster in die Garage gefahren, die Tür verschlossen und den Motor gestartet. Von dem gab es keinen Nachruf.
    Es war schwer zu sagen, weshalb sie ihm all diese traurigen Nachrichten schickte – vielleicht wollte sie ihm ja zeigen, dass Vietnam doch gar nicht so schlimm war oder dass es anderswo auch furchtbar zuging. Das Leben ist kurz, sollte man es da nicht genießen?
    Dieser Brief – und der nächste, der zwei Tage später eintraf, so dass er den ersten noch gar nicht beantworten konnte – hinterließ bei Frank den Eindruck, dass ein Mensch überall und sein Leben lang von Tragik und Tod verfolgt sein würde. Mit erst einundzwanzig hatte er nun schon das Gefühl, dass es kein Entkommen gab, außer vielleicht, man machte es so wie Mr. Kirby, der sich in der Garage eingeschlossen hatte. Wenn Frank jemals geglaubt hatte, dass zuhause irgendetwas besser war, so hatte er diesen Glauben jetzt endgültig verloren.
    In dem zweiten Brief stand, dass sie es kaum erwarten
könne, bis er wieder nach Hause kam. Sie hatte einen Kalender gebastelt und ihn bei ihrer Schwester aufgehängt, mit der sie zusammenwohnte. Sollte sie die Haare offen oder hochgesteckt tragen, wenn sie ihn am

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