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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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Mrs. Dunnings’ Worte gewesen, als Emma sie nach der Frau in Carls Vergangenheit gefragt hatte?
    »Das wird Carl Ihnen selbst erzählen, da bin ich mir ganz sicher. Eines Tages.«
    Dieser Tag, so schien es, war noch nicht gekommen. Und Carl hatte es nicht verdient, dass sie ihm Bekenntnisse abverlangte, zu denen er nicht bereit war.
    Er mied ihren Blick und beschäftigte sich in provozierender Ausschließlichkeit mit seinen Pflanzen. Wie es schien, nahm er es ihr übel, dass sie ihn bedrängt hatte.
    Im Bestreben, ihren Fauxpas wiedergutzumachen, schlug sie zaghaft vor: »Komm mit mir. Du wolltest doch sowieso die Bekanntschaft der Eingeborenen machen. Warum nicht gleich jetzt?«
    Seine Anspannung löste sich ein wenig. Kurz musterte er sie, dann grinste er. »Mir bleibt aber auch nichts erspart. Wer soll sich bitte schön um das alles kümmern, wenn ich dich begleite?«
    Carl machte eine Armbewegung, die die unzähligen Pflanzen umfasste, die auf Boden und Tisch verstreut lagen.
    »Wir beide?«, schlug Emma vor. »Heute Abend. Diese Arbeit können wir auch im Lampenlicht erledigen, und wenn ich dir helfe, geht es schneller. In den Regenwald hingegen«, jetzt grinste auch sie, »möchte nicht einmal ich bei Nacht gehen.«
    Er schüttelte den Kopf, stand aber auf und griff nach seinem Gewehr und der Botanisiertrommel. »Worauf habe ich mich mit dir nur eingelassen?«
    »Tut mir leid. Du kannst dir das mit dem Brief an die Regierung ja noch einmal überlegen«, neckte sie ihn.
    »Zu spät«, sagte er mit Grabesstimme. »Er ist schon auf dem Weg.«
    »Da warst du aber schnell! Sag mal, hier gibt es doch gar keine Post?«
    »Pagel ist meine Post. Er ist auf dem Weg nach Ipswich, dort kann er den Brief aufgeben und gleich ein bisschen was einkaufen. Da er nicht ahnt, um was es in dem Brief an die Kolonialregierung geht, wird er meinen Auftrag gewissenhaft ausführen.«
    Emma lachte. »Es hat seine Vorteile, der Leiter zu sein.«
    »Unbestreitbar! Auch wenn mir das bei dir nicht viel nützt, wie ich merke.«
    » Mein Leiter bist du ja auch nicht. Ich bin deine Kollegin. Zumindest in Zukunft.«
    Er lächelte. »Eine Kollegin, die sehr genaue Vorstellungen davon hat, wie wir den heutigen Nachmittag und Abend verbringen werden, hm? Also gut, lass uns gehen. Sonst kommen wir noch zu spät. Ach, woher weiß dieser Eingeborene eigentlich, zu welcher Zeit er dich treffen soll?«
    »Wir sind verabredet, wenn der Donner grollt«, sagte Emma und ignorierte Carls zweifelnden Blick.
    Immerhin griff er mit den gemurmelten Worten »Sicher ist sicher« nach seinem Mackintosh , wie man den Regenmantel hier nannte. Gemeinsam verließen sie das Haus und machten sich schweigend auf den Weg.
    Wenn er Yileen und Purlimil sieht, wird er gewiss das gleiche Vertrauen spüren wie ich, dachte Emma zuversichtlich. Die gleiche Magie.
    Plötzlich hatte Emma das untrügliche Gefühl, dass nicht nur auf sie etwas Entscheidendes im Regenwald wartete. Sondern auch auf Carl.

24
    D ie ersten Regentropfen klatschten schwer auf die Blätter, als Emma und Carl in die grüne Dämmerung eindrangen. Emma ging voran, folgte dem erinnerten Pfad durch Farne und Baumriesen in Richtung der Stelle, an der sie und Yileen sich am Vortag getrennt hatten. Ab und zu blieb sie stehen und drehte sich nach Carl um, der trotz des stärker werdenden Regens nicht umhin konnte, die prächtigen Gewächse zu bewundern, an denen sie vorbeikamen.
    Gerade zog er sich seinen Mackintosh über und rief dabei aus: »Was für ein prachtvolles Exemplar!« Er deutete auf einen Baum, dessen Stamm mit einem kunstvollen Flechtwerk aus Wurzeln bedeckt war.
    Emma trat zu ihm und besah sich das Gewächs genauer.
    »Wie seltsam. Ist das ein einzelner Baum?«, fragte sie stirnrunzelnd. »Sieht aus, als habe sich ein zweiter darüber geschoben!«
    »Ganz recht«, erklärte er ihr mit der Begeisterung des Wissenschaftlers. »Würgefeigen beginnen ihr Leben als Samen in der Baumkrone eines Wirtes, entwickeln Luftwurzeln und wachsen dann eng am Stamm entlang in Richtung Boden. Später werden die Wurzeln kräftiger, schnüren dem Wirtsbaum die Wasser- und Nährstoffzufuhr ab und bringen ihn zum Absterben. Wo vorher der Wirt stand, steht nun die Feige. Perfekt!«
    »Das Alte muss sterben, damit etwas Neues entstehen kann«, sagte sie leise.
    Carls Blick wurde nachdenklich. Nach einer kurzen Pause sagte er: »Ist es das, was du wirklich im Regenwald suchst? Einen Neuanfang?«
    Sie biss sich auf die

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