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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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Lippen. »Wie kommst du darauf?«
    »Du bist so begierig darauf, die Heilkunde der Schwarzen kennen zu lernen, als hinge dein eigenes Leben davon ab. Oder zumindest deine Gesundheit.«
    »Ich bin gesund«, sagte sie scharf.
    »Körperlich, ja. Aber deine Seele ist verwundet, oder? Und hier suchst du nach der Medizin dafür.«
    Sie starrte ihn an, ohne zu antworten. Er hatte ja recht – sie wollte zwar forschen, aber sie suchte auch Heilung für sich selbst.
    Wie absurd!, fuhr es ihr durch den Kopf, hier bei den Wilden suche ich Heilung von dem, was mir ein kultivierter, gebildeter Mann wie Ludwig angetan hat – Ludwig, der Künstler, der die süßesten Melodien komponiert und auf jeder Soirée mit seinem Esprit glänzt und der danach von seiner dummen kleinen Geliebten Dinge verlangt, die seiner Gattin die Schamesröte ins Gesicht treiben würden, und die dumme, kleine Geliebte denkt, das alles müsse so sein … Unterwerfung gehört zur Natur der Frau, Liebchen. Schmerz und Liebe gehören zusammen.
    Heißer Zorn wallte in ihr auf.
    Zorn auf Ludwig, der ihr den Kopf vernebelt hatte, und Zorn auf sich selbst.
    Denn hätte sie es nur gewagt, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, so hätte sie sich eingestanden, dass sie ihre Verliebtheit an den Falschen verschwendet und sich selbst dabei verloren hatte – ihre Selbstachtung, ihre Lebenslust, ihre innere Freiheit –, und dann hätte sie es beenden und sich Ludwig verweigern können. So aber war es zu Tod und Verderben gekommen.
    Zwei Tote für zwei Menschen. Und diese zwei Menschen hatten sich noch nicht einmal wirklich geliebt.
    Plötzlich konnte Emma den Anblick der Würgefeige nicht mehr ertragen. Sie stieß zitternd die Luft aus und wandte sich ab. Himmel, musste denn alles und jedes sie an Ludwig erinnern? Und an ihr eigenes Versagen, ihre Verfehlungen? Konnte sie noch nicht einmal hier im Regenwald abschütteln, was gewesen war?
    Schwere Tropfen prasselten auf sie herunter, und sie zog sich die Kapuze ihres Capes über den Kopf.
    »Wir müssen weiter«, sagte sie knapp zu Carl und setzte sich in Gang.
    Stumm lief er hinter ihr her. Erst als sie den vereinbarten Treffpunkt fast erreicht hatten – Emma erinnerte sich an die majestätische Palme, an der Yileen kehrtgemacht hatte –, hatte sie sich wieder so weit beruhigt, dass sie sich über ihre Barschheit ärgerte. Carl hatte ihr nur helfen wollen, und sie war so unfreundlich gewesen!
    Emma blieb abrupt stehen. Sie drehte sich zu Carl um und sagte rasch, bevor der Mut sie verlassen konnte: »Es stimmt, ich suche Heilung. Ich habe das Gefühl, dass ich sie hier finden werde, Carl, ich muss endlich mit alldem fertigwerden. Meine Eltern waren mir keine Hilfe dabei, und Ludwig war einfach verschwunden, und ich habe solche Angst vor dem, was ich vielleicht getan …«
    »Ludwig heißt er also«, unterbrach Carl sie leise.
    Erschrocken hielt Emma inne. Ludwig hatte sie eigentlich gar nicht erwähnen wollen. Aber er war ein solch großer Teil ihres Problems, dass sein Name ihr wie selbstverständlich über die Lippen gekommen war.
    Sie zwang sich, Carls Blick nicht auszuweichen. »Ja.«
    Der Regen wurde schwächer, sanft rieselten die letzten Tropfen auf sie nieder. Kleine Rinnsale suchten sich ihren Weg auf Carls Mackintosh , flossen von seinen breiten Schultern über die Brust hinunter. Carl schaute sie unverwandt an, die vielen ungestellten Fragen verdunkelten das Blau seiner Augen.
    Ludwig gehört nicht hierher!, dachte Emma mit verzweifelter Wut, nicht nach Australien und nicht zu Carl und mir, er gehört in ein anderes Leben, und das will ich endlich abschließen! Wie kann ich das nur schaffen? Warum gibt es denn nicht irgendjemanden, der mir helfen kann?
    Kaum hatte sie sich die Frage gestellt, als ein innerer Impuls sie aufschauen ließ. Unter einer tropfenden Palme stand seelenruhig und auf Emma wartend Purlimil.
    Ludwig schwebte wie ein Gespenst zwischen ihnen, als Carl und Emma auf Purlimil zugingen. Die Nacktheit der Eingeborenen verstärkte Emmas Gefühl der Befangenheit, und als sie Purlimil schließlich begrüßte, schämte sie sich an Stelle der jungen Eingeborenen, dass diese dem männlichen Blick so ungeschützt ausgesetzt war. Gleichzeitig durchzuckte Emma der Gedanke, dass es ihr überhaupt nicht recht war, dass Carl einer nackten Frau gegenüberstand. Doch sie zwang sich, nicht so zu denken, denn schließlich hatte sie ihn gebeten mitzukommen.
    Purlimil schienen solche Überlegungen vollkommen

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