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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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das Gesicht. »Ach, verflixt, was ich sagen will, ist …«
    Das Lächeln hatte Carls Mundwinkel erreicht. »Ja, Fräulein Röslin?«
    »Dein Vorschlag macht mich glücklicher, als ich es ausdrücken kann«, sagte sie leise.
    Carl machte eine Bewegung, als wolle er sie in den Arm nehmen. Doch dann strich er sich nur verlegen eine Locke aus der Stirn. »Noch hat die Regierung meinen Antrag ja nicht bewilligt. Aber ich werde auf einen schnellen Entscheid drängen, wenn ich den Brief schreibe. Und jetzt solltest du dich wieder an die Arbeit machen. Nicht dass Crusius dir die restlichen eineinhalb Pfund pro Woche auch noch streicht.«
    Als er gegangen war und sie wieder vor der leuchtend roten Blüte saß, musste sie sich zusammenreißen, um nicht vor Freude laut zu lachen.
    Zeichne, Emma, zeichne, sagte sie sich mit unterdrückter Erregung, denn bald grollt der Donner, und du gehst in den Regenwald …
    … du … Forscherin …
    Tatsächlich begann der Himmel am frühen Nachmittag, sich zu beziehen. Mit großen Augen schaute Emma auf die mächtigen schwarzen Wolken. Das konnte doch nur ein Zufall sein! Oder war Yileen hellsichtig?
    Vielleicht regnet es hier auch so oft, dass jeden Tag der Donner grollt, dachte sie dann nüchtern. Yileen kommt eben dann, wenn er sieht, dass es bald so weit ist.
    Verlegen lachte Emma über sich selbst. Manche Erklärungen waren so einfach, dass man sie angesichts romantischer Vorstellungen von uralter Magie schlichtweg übersah.
    Sie beendete rasch ihre Arbeit, hängte sich ihr Cape um und schickte sich an, zum vereinbarten Treffpunkt in den Regenwald zu gehen. Zwar waren die Forscher heute alle im Lager geblieben, weil sie die reiche Ausbeute ihrer letzten Tour versorgen wollten – nur Pagel war gegen Mittag mit Pferd und einem Ochsen davongeritten, wohin auch immer –, aber Emma war ja nun frei zu gehen, wohin sie wollte. Sie würde allerdings Carl Bescheid geben, damit er sich nicht um sie sorgte, das war sie ihm schuldig, fand sie.
    Sie fand ihn im Haupthaus, in einem Zimmer voller zerlegter Pflanzenteile. »Ich mache einen kleinen Ausflug«, sagte sie fröhlich. »Bevor es dunkelt, bin ich wieder zurück.«
    Er sah von seiner Arbeit auf. »Wir hatten doch ausgemacht, dass wir zusammen in den Regenwald gehen.«
    »Ja, in Zukunft. Aber heute bin ich … na ja, man kann es wohl ›verabredet‹ nennen.«
    Carl zog eine Augenbraue hoch. »Im Regenwald?«
    »Ja. Mit den beiden Eingeborenen, die ich gestern kennen gelernt habe, einer jungen Frau und ihrem Ehemann. Ich gehe zumindest davon aus, dass er ihr Ehemann ist.«
    Sie musste unbedingt erfahren, ob die Eingeborenen ähnliche Vorstellungen von der Ehe hatten wie die Weißen. Emma lächelte, als die Aufregung sie wieder erfasste, die sie inzwischen als Forscherlust erkannte.
    »Emma«, begann Carl, »ich weiß, du kannst tun und lassen, was du willst. Aber ganz allein in den Regenwald zu gehen … Warte doch bis morgen, dann ziehen wir zusammen los.«
    »Es muss aber heute sein«, sagte sie fest. »Wenn ich Yileen, den Mann, versetze, finde ich den Clan vielleicht nie wieder. Ich kann mich doch überhaupt nicht an den Weg zu ihren Hütten erinnern!«
    Sie hielt inne und bemerkte die Sorge in Carls Augen. Kurz zögerte sie. Dann stellte sie spontan die Frage, die ihr schon so oft auf der Zunge gelegen hatte. »Warum hast du solche Angst um mich? Und nicht nur um mich, sondern um alle Frauen in der Wildnis?«
    Seine Miene wurde abweisend. »Habe ich das denn?«
    »Oh ja. Du wolltest mich zuerst gar nicht in den Busch mitnehmen, und als du es nicht verhindern konntest, hast du Tag und Nacht versucht, mich zu beschützen. Warum?«
    Er sah sie nicht an. »Weil mir etwas an dir liegt, vermutlich.«
    »Nein, Carl, das ist es nicht. Nicht nur. Jetzt vielleicht – aber nicht zu Anfang.«
    Er holte tief Luft, dann sagte er fast wütend: »Also gut, wenn du es unbedingt wissen willst: Ich habe in der Wildnis schon einmal fast eine Frau verloren. Und ich bin nicht gerade begierig darauf, diese Erfahrung zu wiederholen. Zufrieden?«
    Nein, sie war nicht zufrieden. Er hatte eine Frau verloren? Seine Frau? Wann? Wie? Dann ging ihr das eine Wort auf, das in seinem Satz zu viel war: »fast«.
    Wenn er diese Frau nur »fast« verloren hatte – wo war sie dann jetzt? In welchem Verhältnis stand sie zu Carl?
    Emma öffnete den Mund, um ihm all diese Fragen zu stellen, doch als sie die Qual in seinen Augen sah, schloss sie ihn wieder. Wie waren noch

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