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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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machst du denn schon hier?«
    »Ich bin heute nicht in Form. Ich möchte morgen mehr zeichnen und dafür heute länger zu den Schwarzen. Kommst du mit?«
    Er stand sofort auf. »Gerne. Mir ist heute Vormittag einiges durch den Kopf gegangen, als ich dieses Kraut hier«, er deutete auf eine grellgrüne Pflanze, »zerschnitten habe. Ich glaube, es ist giftig, und ich habe auch schon eine Vermutung, wie es genau wirken könnte. Ich möchte Birwain fragen, ob er mir mehr dazu sagen kann.« Carl legte den Kopf schief und grinste. »Oder fragst du Purlimil danach? Ich muss doch sehen, ob du überhaupt als Forscherin taugst.«
    »Da haben wir es!«, rief sie in gespielter Empörung. »Schon kommt der erste Test!«
    Er schüttelte den Kopf und betrachtete sie liebevoll.
    »Nein. In Wahrheit bin ich ganz sicher, dass du eine gute Forscherin wirst. Was du noch nicht beherrschst oder weißt, das kannst du ja von mir lernen.«
    Ihr Herz machte einen Hüpfer. »Wirklich? Würdest du … mein Lehrer sein?«
    »Mit dem größten Vergnügen.« Er grinste wieder. »Aber nur wenn du mir versprichst, dass du nicht jedes meiner Worte anzweifelst.«
    »Ich dachte, Zweifel seien in der Wissenschaft erlaubt, ja sogar vonnöten!«
    Carl lachte. »Ich sehe schon, du wirst es weiter bringen als ich!«
    »Ach was.«
    Errötend wehrte sie ab, doch insgeheim freute sie sich sehr, vor allem über sein Angebot, sie an seinem Wissen teilhaben zu lassen. War es doch ihre Sorge gewesen, dass sie sich als nicht studierte Frau niemals mit männlichen Wissenschaftlern würde messen können. Mit einem renommierten Forscher als Lehrmeister an ihrer Seite aber war ihre Chance, die Kolonialregierung nicht zu enttäuschen, wesentlich größer.
    Die Erleichterung hob ihre Stimmung beträchtlich, und als Carl nach dem grellgrünen Kraut griff und sich die Botanisiertrommel umhängte, fühlte sie warme Vorfreude in sich aufsteigen. Dort im Regenwald gab es nur Carl, Emma und die Eingeborenen. Es gab Wissensdurst, Entdeckerfreude und langsam sich anbahnende Freundschaften. Oskar mitsamt seiner Missgunst und seinem Hass konnte ihr dorthin nicht folgen. Auch an Pagel und Krüger dachte sie nicht, wenn sie bei den Eingeborenen war.
    Krüger …
    Als sie das Haus verließen und den Platz überquerten, fragte sie sich, ob sie Carl die Geschichte erzählen sollte, die der Grund für Krügers Reise nach Australien gewesen war. Aber sie entschied sich beinahe augenblicklich dagegen. Sie hatte gelauscht, wenn auch nicht freiwillig; es stand ihr nicht zu, in Krügers Vergangenheit zu wühlen, wenn sie nicht einmal mit ihrer eigenen fertigwurde.
    Dennoch konnte sie nicht verhindern, dass sie sich ihre Gedanken über ihn machte. Ob er stark litt? Immerhin hatte er die junge Frau, die er liebte, für zwei ganze Jahre in Deutschland zurücklassen müssen. Er konnte nicht wissen, ob sie wirklich auf ihn warten würde. Vielleicht sehnte er sich hier nach ihr, zählte die Tage bis zu ihrem Wiedersehen, und dann war sie längst mit einem anderen verlobt. Wäre das dann die Strafe für seine Schuld?
    Aber hatte er sich überhaupt schuldig gemacht, indem er seiner Leidenschaft nachgegeben hatte? In Pagels Augen ganz sicher. Wenn es aber Liebe gewesen war … War sein Verhalten dann nicht verzeihlich?
    Oder, ging es Emma durch den Kopf, versuche ich nur gerade, mich selbst zu rechtfertigen, mein Nachgeben, meine körperliche Hingabe?
    Immerhin hatte sie ihre Gefühle für Ludwig auch für Liebe gehalten …
    »Ich hoffe, du träumst von mir«, unterbrach Carls Stimme ihre Grübeleien.
    Rasch drängte Emma die Gedanken an Krüger und Antonia, Schuld und Strafe zurück und fragte: »Wieso träumen? Ich bin sehr aufmerksam.«
    »Dann kannst du mir ja endlich antworten.«
    »Worauf denn?«
    »So viel zum Thema Aufmerksamkeit.« Er lachte. »Ich wollte wissen, ob du Purlimil über Gifte und Gegengifte befragen könntest. Mir ist schon bei früheren Forschungen aufgefallen, dass wesentlich mehr Weiße an Schlangen- und Insektenbissen sterben als Schwarze. Da ich nicht glaube, dass die Schwarzen immun gegen die Gifte sind, müssen sie wohl schlicht und ergreifend über bessere Gegenmittel verfügen.«
    Emma nickte. »Man könnte viele Leben retten, wenn man diese Mittel kennen würde.«
    »Deshalb wären sie hochinteressant für die Kolonialregierung.« Er zwinkerte ihr zu. »Wenn wir den Herren bald schon entsprechende Erkenntnisse vorlegen könnten, würden sie bestimmt einsehen, dass du

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