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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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Purlimil wissen.
    »In Deutschland. Sehr weit weg.«
    »Ist es kalt dort?«
    »Wenn man es mit hier vergleicht, ja.«
    »Dann hat deine Freundin immer Mantel an«, schlussfolgerte Purlimil.
    Emma lachte. »Na ja, so kalt ist es auch nicht.«
    »Will Freundin auch alles wissen, wie du?«
    »Nein. Sie will einen Mann. Das heißt, sie wollte einen Mann. Dann war sie verlobt, und inzwischen muss sie schon verheiratet sein.«
    Verständnislos sah Purlimil sie an. »Wenn sie Mann will, darf sie nichts mehr wissen? Entweder wissen oder Mann?«
    »Nein. Doch. So einfach ist das nicht.« Emma seufzte. »Bei uns möchten die Männer, dass die Frauen im Hintergrund bleiben und sich bescheiden. Wer zu viel fragen und lernen will, gilt als …«
    Hm, was hieß »Blaustrumpf« auf Englisch?
    Doch Purlimil schien Emma auch ohne das letzte Wort zu verstehen.
    »Dann du froh, dass du hier bist«, sagte sie bestimmt. »Und dass dein Mann nicht wie Männer in Deutschland. Australien gut für euch.« Sie nickte heftig.
    Emma lächelte verlegen. »Carl ist gar nicht mein Mann, Purlimil.«
    Vielleicht würde er es auch nie werden, wenn er erst von ihrer Lüge erfuhr … Rasch lenkte sie ihre Gedanken auf ein erfreulicheres Thema.
    »Ich wollte dich etwas ganz anderes fragen«, sagte sie zu Purlimil. »Kannst du mir etwas über Gifte und Gegengifte erzählen? Du weißt schon: Man wird von einer Schlange gebissen, und dann kaut man auf einer Pflanze herum, und das Gift kann einen nicht mehr töten. Oder so ähnlich.«
    Sehr wissenschaftlich hatte sie ihre Frage nicht formuliert, aber sie konnte sich ja auch nicht genau vorstellen, wie die Eingeborenen ihre Gegengifte benutzten, sofern sie überhaupt welche besaßen. Aß man ein Gegengift, trank man es, oder schmierte man es sich auf die Haut? Wie machten das eigentlich die Weißen?
    Wäre ich ein Mann und hätte Medizin studiert wie Carl, würde ich jetzt nicht so herumstümpern!, dachte sie frustriert. Sie würde noch sehr, sehr viel lernen müssen.
    Purlimil erhob sich und sagte: »Das ganz einfach. Ich dir zeigen.«
    Freudig überrascht stand Emma auf, hüpfte von ihrem Stein herunter und folgte Purlimil zu einer niedrigen Palme. Vielleicht war es ja doch nicht so schwer, zu Ergebnissen zu kommen, die für die Wissenschaft brauchbar waren!
    Purlimil hockte sich hin und suchte den Boden unter der Palme konzentriert mit den Augen ab. Ab und zu strich sie mit der Hand ein wenig Erde zur Seite. Endlich schien sie gefunden zu haben, was sie suchte.
    »Ich wusste!«, rief sie triumphierend. »Ameisen immer hier!«
    Sie hielt Emma ihre Hand vor die Nase. Zwischen Daumen und Zeigefinger zappelte die größte Ameise, die Emma je gesehen hatte. Unwillkürlich zuckte sie zurück.
    »Gib mir Arm. Aber ohne Stoff«, verlangte Purlimil.
    Zögernd streifte Emma ihren rechten Ärmel hoch. Sie schluckte, als Purlimil die Riesenameise auf ihre Haut setzte.
    »Jetzt wir müssen ärgern«, sagte Purlimil bedauernd.
    Sie ließ das Insekt los, aber nur, um es einen Wimpernschlag später wieder mit den Fingern zu schnappen. Dieses Spiel wiederholte sie einige Male, so lange, bis Emma einen jähen Schmerz fühlte und aufschrie.
    »Gut«, sagte Purlimil. »Jetzt sie dich gebissen.«
    Fast zärtlich setzte sie die Ameise auf den Boden und sah ihr nach, wie sie sich eilig in Sicherheit brachte.
    Währenddessen rieb Emma sich die Bissstelle, die bereits anschwoll und sich rötete. Dass eine Ameise so heftig beißen konnte! Oder war es gar nicht der Biss selbst, der so schmerzte?
    War das Insekt etwa giftig ?!
    Emma wurde es heiß und kalt vor Schreck. Offensichtlich benutzte Purlimil sie als Anschauungsobjekt für die Wirkweise von Gegengiften. Aber wenn das nun alles Aberglaube war und die Mittel der Eingeborenen das eine Mal funktionierten, das andere Mal aber nicht?
    Plötzlich überkam Emma eine große Schwäche, und sie hätte sich am liebsten hingesetzt. Doch sie vermutete weitere giftige Ameisen auf dem Boden, und so kämpfte sie darum stehen zu bleiben.
    Warum hatte sie nur nach Giften fragen müssen? Warum hatte sie ihren Arm entblößt? Warum stand sie überhaupt in diesem Regenwald, inmitten einer gefährlichen, unberechenbaren Natur, die ihr nun zum Verhängnis geworden war …
    Tränen stiegen Emma in die Augen.
    »Was hast du?« Purlimil blickte sie erstaunt an. »Alles gut! Du keine Angst! Komm mit.«
    Mit zitternden Knien ging Emma mit der Eingeborenen zurück an den Bach. Bei einem Farn mit

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