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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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hatte, ins Tageslicht. Erst jetzt merkte sie, dass sie zitterte.
    »Du aufgeregt«, sagte Purlimil nach einem prüfenden Blick in Emmas Gesicht. »Wir gehen zu Bach, da kannst du ausruhen. Carl die nächsten Tage noch schwach, du musst pflegen. Du brauchst Kraft.«
    Sie setzten sich auf die warmen Steine am Bachufer, die ihrer beider Lieblingsplatz waren. Emma schloss die Augen und wandte ihr Gesicht der Sonne zu. Das Zittern ließ nach, und allmählich erfüllten sie Ruhe und eine tiefe Dankbarkeit dafür, dass Carl mit dem Leben davongekommen war.
    »Woher spricht Birwain eigentlich so gut Englisch?«, fragte sie Purlimil nach einer Weile. »Er hat mir die Symptome nach einem Schlangenbiss so perfekt erklärt, als wäre er selbst ein weißer Arzt.«
    »Hat auch bei Arzt gelernt«, erzählte Purlimil freimütig. »Birwain war immer Schamane, aber hat auch immer interessiert für eure Medizin. Als ich klein, er gegangen auf andere Seite von Berg, wo Regenwald zu Ende. Dort ist ein Jahr geblieben bei Arzt.«
    Staunend fragte Emma: »Er ist bei einem Weißen in die Lehre gegangen?«
    »Beide gelernt, Birwain und Arzt. Birwain sagt, er musste lange suchen, bis gute Arzt gefunden. Viele Ärzte wollten nicht lernen und auch nichts zeigen. Wollten nur, dass Birwain bei Schafe und Rinder hilft. Aber dann …« Sie lächelte. »Birwain stolz, wenn er davon erzählt. Haben ein Jahr zusammengelebt, er und Arzt. Arzt hat von Birwain gelernt, und Birwain von Arzt. Seitdem er kann auf Englisch erklären«, ihr Lächeln wurde breiter, »was er vorher auch schon gewusst. Aber ohne Worte.«
    Fasziniert dachte Emma, dass sich so mancher Arzt an diesem wissbegierigen, couragierten Schamanen ein Beispiel nehmen konnte. Von ihrem Vater wusste sie, dass sich die medizinische Behandlung bei vielen Doktoren auf Aderlass, Chinin und die Gabe von Wein beschränkte, egal woran der Patient litt.
    »Du liebst sehr Carl«, unterbrach Purlimil ihre Gedanken.
    Emma sah sie an. »Ja, Purlimil. Ich liebe ihn sehr. Auch wenn ich ihm das noch nicht gesagt habe.«
    »Dann dein Babygeist kommt wieder«, sagte die Eingeborene ernst. »Durfte nicht kommen bei dir zu Hause, aber wartet.«
    Emma schluckte. Vielleicht musste sie Purlimil überhaupt nichts erzählen; die Eingeborene schien sowieso schon alles zu wissen.
    Leise vergewisserte sie sich: » Mein Babygeist, Purlimil? Nicht deiner?«
    »Meiner wartet auch. Vielleicht warten zusammen?« Purlimil lachte, dann streckte sie Emma die Hand hin, sprang auf und zog sie mit sich hoch.
    »Wir genug ausgeruht«, sagte sie. »Jetzt wir bringen Carl in euer Lager zurück. Ich auch komme mit.«
    Die Eingeborenen ließen es sich nicht nehmen, Carl den ganzen Weg über zu tragen. Yileen schleppte die Hauptlast, da er offensichtlich ein schlechtes Gewissen hatte, Carl zur Teilnahme an der Jagd ermuntert zu haben. So wagte er sich diesmal auch ganz bis zum Wohnplatz der Forscher, obwohl ihm der Ort nach wie vor nicht geheuer zu sein schien.
    »Fürchtest du dich vor irgendetwas hier?«, fragte Emma ihn freundlich.
    Zu ihrer Überraschung gab er sofort zu, dass sie mit ihrer Vermutung Recht hatte. »Böser Geist hier«, sagte er. »Will mich fangen. Ich schnell zurück in Regenwald.«
    Emma runzelte die Stirn. Sie hatte zwar auch schon das Gefühl gehabt, dass die Baumgeister ihr etwas zugewispert hatten, aber dass Geister so real waren, dass sie Jagd auf Menschen machen konnten? Nein, so weit ging Emmas Glaube an Gespenster nun doch nicht.
    Krüger war nirgends zu sehen, als sie Carl über den Platz trugen. Pagel und Oskar aber traten mit alarmierten Mienen und schussbereiten Gewehren aus dem Haupthaus.
    »Stehen bleiben!«, schrie Pagel.
    »Was machen die Wilden hier?«, rief Oskar Emma zu. Nach einem Blick auf Carl sagte er: »Haben sie Scheerer umgebracht?«
    »Das hättest du wohl gerne«, entgegnete Emma grimmig. »Sie haben ihn aber nicht getötet, sondern ihn gerettet. Er wurde von einer Schlange gebissen.«
    Pagel erbleichte und ließ das Gewehr sinken. »Da hol mich doch der Teufel!«
    »Aber er lebt?«, vergewisserte sich Oskar.
    Tatsächlich schien er ein wenig enttäuscht, dass er weder Carl losgeworden war noch seine Aggressionen an den Eingeborenen auslassen durfte. Immer noch hielt er das Gewehr auf die Schwarzen gerichtet, die sich furchtsam zusammendrängten und es nicht wagten, sich zu bewegen und Carl in seine Hütte zu tragen. Carl selbst war zu schwach, um den Forschern Erklärungen oder Befehle

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