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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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würde …
    Spontan schüttelte sie den Kopf. Jetzt dachte sie selbst schon daran hierzubleiben. Dabei wusste sie doch überhaupt nicht, was die Zukunft ihr bringen würde.
    Fest stand nur die allernächste Zeit: Sie würde mit den Männern essen und dann zu Birwain gehen und ihm ihre Geschichte erzählen, ihre Ängste bekennen und ihre Zweifel gestehen.
    Ob er ihr wirklich helfen konnte? Oder ob er das alles schon wusste, wie er auch wusste, dass die Marmbeja sie besucht hatten? Dann würde er …
    Ihre Gedanken wurden jäh unterbrochen, als am Rande des Lagers mehrere Kinder aufgeregt zu schreien begannen. Männer und Frauen liefen durcheinander, bildeten eine Traube um irgendjemanden herum und riefen immer wieder ein Wort, das Emma nicht verstand. Hilfesuchend sah sie zu Purlimil, die mit schreckgeweiteten Augen auf die Szene starrte und eine Beschwörung vor sich hin murmelte.
    »Was ist denn los, Purlimil? Was ist dort hinten passiert?«
    Purlimil drehte ihr langsam den Kopf zu. »Dein Mann«, sagte sie. »Ist gebissen. Von Schlange.«
    Emma starrte Purlimil an, als könne sie die Eingeborene nur missverstanden haben. Carl? Ihr Carl? Von einer Schlange gebissen? Aber nein, das war unmöglich. Hier waren doch so viele Schlangen giftig, manche sogar tödlich! Carl konnte nicht gebissen worden sein, denn das würde ja heißen …
    Das plötzliche Begreifen fühlte sich kälter an als Eis.

28
    W ie im Traum zogen die folgenden Minuten an Emma vorbei. Oder waren es Sekunden? Emma hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Die Männer trugen Carl zu Birwains Hütte, wobei sie ihre Arme wie zu einer Trage miteinander verschränkt hatten, so dass Carl liegen konnte.
    »Darf nicht bewegen, sonst Gift gleich überall in Körper«, erklärte Purlimil Emma hastig, als sie zusammen auf die Hütte zurannten.
    Als Emma endlich einen Blick auf sein Gesicht erhaschte, erschrak sie zutiefst. Carl war totenbleich, sein Gesicht schweißüberströmt. Sie wollte zu ihm, wollte ihm Mut zusprechen, doch bevor sie sich ihm nähern konnte, hatten die Männer ihn bereits in Birwains Hütte getragen.
    Als Emma ebenfalls in die Hütte wollte, hielt Purlimil sie am Arm zurück. »Nur für Männer«, sagte sie.
    »Was?« Das war ja nicht zu fassen! »Ich muss aber zu ihm!«
    »Wenn Birwain um Carl kümmert, wir nicht dabei. Gibt Zauber von Männer, und gibt Medizin von Frauen. Wir auf andere Art helfen, Emma.«
    Emma holte tief Luft, um ruhig zu bleiben, und kämpfte ihre Panik nieder. »Aber wie sollen wir das tun? Müssen wir nicht sofort anfangen? Was macht Birwain da drinnen mit Carl?«
    »Birwain schaut, ob Carl sterben muss. Wenn nicht, Birwain vertreibt böse Geist. Und ich mache Medizin. Du helfen?«
    Emma schluchzte auf. Aber nur ein einziges Mal. Zum Heulen, das wusste sie instinktiv, war bei einem Schlangenbiss keine Zeit. Mangels Taschentuch zog sie geräuschvoll die Nase hoch.
    Dann sagte sie entschlossen: »Das fragst du noch? Zeig mir, was ich tun soll, Purlimil. Aber zeig es mir schnell.«
    In Windeseile sammelte Purlimil Kakerlaken. Dabei kam ihr das Wissen über die Lieblingsorte der Tiere zugute, das sie schon bei den Ameisen unter Beweis gestellt hatte. Als sie drei große Kakerlaken beisammen und in einen Beutel gesteckt hatte, holte sie einen dünnen, spitzen Stock aus ihrer Hütte, dann lief sie zu einem kleinen Feuer vor einer anderen Hütte. Die Frau, der die Hütte gehörte, machte bereitwillig Platz, ohne Fragen zu stellen. Offensichtlich wusste jeder hier, dass höchste Eile geboten war.
    Emma folgte Purlimil überallhin, doch die Eingeborene hatte sie bisher noch kein einziges Mal um Hilfe gebeten. Nun aber wandte sie sich an Emma.
    »Du spießt Kakerlake auf Stock. Ich fange Saft auf.«
    Verwirrt wollte Emma fragen, welchen Saft Purlimil denn aufzufangen gedenke, doch diese sagte ungeduldig: »Du immer darfst fragen, aber nicht jetzt! Jetzt aufspießen!«
    Emma gehorchte. Unwillkürlich zuckten ihre Finger zurück, als sie in den Beutel griff. Die Kakerlaken waren so riesig, und wie schnell sie sich auf ihren kleinen Beinen fortbewegen konnten … Emma schauderte.
    Carl starb an Schlangengift, und sie traute sich nicht, eine Kakerlake anzufassen?!
    Sie schluckte ihren Abscheu hinunter und holte mit festem Griff das erste Krabbeltier heraus. Als sie sah, wie es zwischen ihren Fingern zappelte, überkam sie erneut der Ekel. Doch sie ignorierte ihn. Nachher konnte sie sich übergeben, so lange sie wollte. Jetzt würde

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