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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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zurufen zu können.
    Emma stemmte genervt die Hände in die Hüften.
    »Ja, Oskar, er lebt! Er wird wieder ganz gesund werden. Aber dafür braucht er Ruhe und Pflege. Was er hingegen nicht braucht, sind Menschen, die uns aufhalten und die seinen Helfern am liebsten eine Kugel in die Brust jagen würden!«
    Pagel griff hastig nach Oskars Gewehrlauf und drückte ihn nieder. »Richtig, Fräulein Röslin, richtig«, sagte er, und an die Eingeborenen gewandt: »Na los, bewegt euch, bringt unseren Leiter in seine Hütte. Lasst ihn nicht fallen, sonst gibt’s Saures.«
    Zögernd setzten die Schwarzen sich in Bewegung. Emma warf Pagel und Oskar einen wütenden Blick zu. Wenn sich viele Weiße so benahmen wie diese beiden Forscher, grenzte es an ein Wunder, dass die Eingeborenen Carl nach dem Biss nicht einfach sich selbst überlassen hatten.
    »Sie meinen das nicht so«, sagte sie auf den letzten Schritten zu Carls Hütte entschuldigend zu Yileen und Purlimil.
    »Doch«, sagte Purlimil unverblümt. »Aber du und Carl anders. Das ich weiß.«
    Beschämt biss Emma sich auf die Lippen. Sie wagte es kaum, Yileen anzusehen. Ob er ebenso großmütig auf die rüde Behandlung durch die Forscher reagieren würde?
    Doch Yileen blickte starr nach vorne, trug Carl mit den anderen Helfern in seine Schlafhütte und kam wieder heraus, alles ohne ein Wort zu sagen. Offensichtlich war er beleidigt.
    »Es tut mir leid, Yileen«, sagte Emma. »Nicht alle Weißen sind so, weißt du? Diese beiden haben viele Vorurteile. Sie wissen nichts über euch, und …«
    »Ich nicht böse«, unterbrach Yileen ihre Entschuldigung. »Aber ich jetzt weiß, in wem Geist wohnt, der mich fangen will.«
    Emma folgte seinem Blick. Bei Oskar blieb er hängen.
    »Holla, junge Frau, willst du nicht auf ein Stündchen bei mir bleiben?«, rief der gerade Purlimil zu, während seine Blicke gierig über ihre nackte Gestalt glitten. »Kriegst auch eine warme Mahlzeit dafür.«
    Purlimil wandte sich gedemütigt ab.
    »Oskar!« Emma schrie ihren Zorn über den Platz, sie konnte nicht anders. »Wenn du nicht auf der Stelle damit aufhörst, meine Freunde zu beleidigen, dann … dann …«
    »… sagst du es unserem Buschkönig?« Oskar grinste verächtlich.
    Langsam kam er näher, Pagel folgte ihm. »Der ist ja wohl außer Gefecht gesetzt, hm? Wenn ich also Lust habe, die kleine Hure mit in meine Hütte zu nehmen, kann nichts und niemand mich daran hindern.«
    Breitbeinig baute er sich vor Emma, Yileen und Purlimil auf.
    »Es reicht, alter Freund«, sagte Pagel neben ihm unbehaglich. »Auch wenn ich in der Sache Ihrer Meinung bin, ist Scheerer doch immer noch unser Leiter. Bedenken Sie, er ist nur verletzt! Er wird wieder gesund. Dann bekommen Sie mächtigen Ärger, wenn unser Fräulein hier«, sein Blick huschte zu Emma, »erzählt, was Sie mit den Schwarzen getrieben haben.«
    Oskar zögerte.
    Emma spürte die Aggression, die er ausstrahlte, so heftig, dass sie am liebsten zurückgewichen wäre. Doch dann hätte er gewonnen. Also zwang sie sich stehen zu bleiben.
    »Geht«, sagte sie leise zu ihren Freunden, ohne Oskar aus den Augen zu lassen. »Geht zurück in den Regenwald. Wenn Carl gesund ist, kommen wir wieder zu euch.«
    Wortlos drehten Purlimil und Yileen sich um, winkten die anderen Schwarzen zu sich und verließen eilig den Platz. Die ganze Zeit über fixierte Emma Oskar und Pagel, als könnte sie allein mit ihrem Blick verhindern, dass die Forscher sich an den Eingeborenen vergriffen – auf welche Art auch immer.
    Erst als nichts mehr von ihren Freunden zu hören war, atmete Emma auf.
    »Ich schäme mich für dich, Oskar«, sagte sie kalt. Sie drehte sich um und trat in Carls Hütte.
    Er schlief.
    Birwain hatte ihm beim Abschied im Regenwald noch einen heilenden Trank verabreicht, und offensichtlich machte das Gebräu nicht nur gesund, sondern auch müde. Andernfalls hätte Carl die Aufregung vor seiner Hütte kaum überhören können.
    Zärtlich sah Emma ihn an. Ihre Wut verflog und machte einer stummen Traurigkeit Platz. Ob die Eingeborenen sie und Carl je wieder in ihr Lager lassen würden, nachdem sie auf dem Wohnplatz der Weißen so ungastlich behandelt worden waren? Oskar hatte Purlimil beleidigt, und Yileen …
    »Ich weiß jetzt, in wem der Geist wohnt, der mich fangen will.«
    Das waren seine Worte gewesen. War er wirklich davon überzeugt, dass der Geist in Gestalt von Oskar ihm etwas antun wollte?
    Energisch sagte Emma sich, dass Oskar trotz allem

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