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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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machen, und hatte sie gefragt, ob sie auch Interesse daran habe, die Stücke modernerer Komponisten zu erlernen. Sie nickte, aber sie hätte allem zugestimmt. Was er ihr beibringen würde, war nicht wichtig; wichtig war, dass er neben ihr auf der Klavierbank saß. Er war ihr so nahe, dass ihre Körper sich beinahe berührten, und sie roch seinen Duft nach Herbstlaub und Tabak. Wärme durchflutete sie, als er die Stellung ihrer Finger korrigierte und seine Hände zu diesem Zweck auf ihre Hände legte. Kaum hörte sie, was er sie fragte, so sehr war sie erfüllt von der Nähe dieses Mannes, und als sie irgendetwas antwortete, lächelte er, als wüsste er genau, was in ihr vorging.
    Emma hatte nie so viel Klavier geübt wie nach dieser ersten Stunde mit Ludwig. Schon nach drei Tagen vermochte sie das kleine Stück, das er ihr aufgegeben hatte, auswendig zu spielen, und nach fünf Tagen spielte sie es mit geschlossenen Augen. Doch ob sie die Augen geschlossen hatte oder weit offen, stets sah sie ihn vor sich: Ludwig Heyn, dessen Hände Emma immer noch auf ihren eigenen spürte, als habe er sie mit dieser Berührung verbrannt.
    Sie hatten den creek erreicht. An der Stelle, die Scheerer für seine Forschungen aussuchte, war das Wasser ruhig und tief, sandfarbene Felsen bildeten eine kleine Bucht, und mächtige Eukalypten mit ausladenden Kronen säumten das Ufer.
    »Setzen Sie sich nicht direkt unter die Bäume«, warnte er sie. »Sie heißen nicht umsonst ›Witwenmacher‹.«
    Als Emma fragend die Augenbrauen hob, setzte er erklärend hinzu: »Diese Eukalypten werfen völlig unvermittelt dicke Äste ab. Wer darunter sitzt, hat Pech gehabt.«
    »Oh!« Erschrocken trat Emma einige Schritte beiseite, um Platz zwischen sich und den nächststehenden Baum zu bringen – auch wenn sie schwerlich jemanden zur Witwe machen konnte.
    Sie kletterte auf einen Felsen, der von dem riesigen Vertreter einer anderen Baumart beschattet wurde. Der Stamm dieses Baumes verdickte sich auf halber Höhe, was Emma an eine Flasche erinnerte. Tatsächlich erzählte Scheerer ihr später, dass er Flaschenbaum hieß.
    Ansonsten sprachen sie wenig miteinander. Der Forscher watete konzentriert im creek herum, fing kleine Fische, zupfte Wasserpflanzen ab, füllte Glasröhrchen und Blechdosen mit seinen Funden und schien Emma über alldem völlig zu vergessen. Aber sie war ja auch zum Arbeiten hier, erinnerte sie sich. Pflichtbewusst beugte sie sich über das Papier.
    Bald war auch sie in ihrer eigenen Welt versunken. Sie perfektionierte die zarten Linien des Tierchens, rang um die vollkommene Beschreibung der Fellfarbe und fragte sich flüchtig, ob Oskar mit dieser ersten Kostprobe ihres Könnens wohl zufrieden sein würde.
    Erst als es beim besten Willen nichts mehr zu perfektionieren gab, hob sie den Kopf und suchte die Bucht mit den Augen nach Scheerer ab. Als sie ihn entdeckte, musste sie schlucken. Dort stand er, bis zu den Hüften im Wasser, mit nacktem, feucht glänzendem Oberkörper. Er war genauso gut gebaut, wie sie ihn sich vorgestellt hatte, und obwohl sie den Blick sofort wieder hätte abwenden sollen, starrte sie ihn unverwandt an.
    Wie von selbst griffen ihre Hände nach einem frischen Bogen Papier, den sie für den Fall mitgenommen hatte, dass sie eine besonders interessante Pflanze zu Gesicht bekommen würde. Doch statt des Flaschenbaums, der einer Zeichnung durchaus wert gewesen wäre, malte sie nun Carl Scheerer. Seine Schultern, die kräftigen Arme, den Oberkörper, der zu den nassen Hosen hin schmaler wurde, die feuchten, schwarzen Locken und schließlich sein Gesicht, die blau strahlenden Augen, seine gerade Nase, seinen Mund.
    »Hätte ich doch Farben dabei, die ich mischen könnte«, murmelte sie vor sich hin, »ich werde nie die richtige Bezeichnung für seine Augenfarbe finden.«
    Indigoblau? Kobaltblau? Kornblumenblau? Schade, dass er so weit weg war. Sie hatte seine Augen zwar erstaunlich gut in Erinnerung, aber für die genaue Nuance wäre es hilfreich gewesen, sie … Oh Himmel, er kam auf sie zu!
    Hektisch griff sie nach der unverfänglichen Zeichnung des Beuteltiers und legte sie über das Bild, das sie wie im Rausch aufs Papier geworfen hatte. Was war bloß in sie gefahren? Hätte sie nicht den Flaschenbaum zeichnen können?!
    Mit verkrampftem Lächeln rief sie ihm zu: »Sind Sie schon fertig mit Ihren Forschungen?«
    »Schon ist gut«, grinste er, blieb unterhalb ihres Felsens stehen und schaute zu ihr hoch. »Wir sind

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