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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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unwillkürlich, ob seine Haut am restlichen Körper wohl genauso braun war wie am Nacken und an den Armen. Als er sich zu ihr umwandte, fürchtete sie im ersten Augenblick, er habe ihren unzüchtigen Blick gespürt. Doch er wies sie lediglich auf ein pelziges Tier hin, das mit seinem Jungen in der Astgabel eines Eukalyptusbaums hockte.
    Sie blieben stehen und schauten zu den bewegungslosen Tieren hoch.
    »Koalabären«, sagte Scheerer leise. »Sie tragen ihre Jungen ständig bei sich.«
    »Haben sie Angst vor uns, oder warum stellen sie sich tot?«
    »Sie sind schlicht und ergreifend faul. Ich habe einen Koala noch nie bei etwas anderem gesehen als beim Fressen oder Schlafen.«
    »Was für ein Leben«, grinste Emma.
    »Ja«, sagte Scheerer und erwiderte ihr Grinsen. »Was für ein ödes, todlangweiliges Leben!« In seinen Augen blitzte die Abenteuerlust.
    Emma sah ihn an und begriff plötzlich, dass dieser Mann mit Haut und Haaren Forscher war. Er würde niemals ein Leben in der Stadt mit gepflegter Unterhaltung und einem geregelten Arbeitstag führen. Was für Emmas Vater alles gewesen war – Ansehen, Wohlhabenheit und ein fester Platz in der Gesellschaft –, das war für Carl Scheerer nichts.
    Ob er deshalb nicht verheiratet war? Weil sich ein Leben als Buschforscher nun einmal nicht vertrug mit dem Dasein als Gatte und Vater? Oder hatte er am Ende eine Frau und ließ sie ständig allein?
    »Einen Schilling für Ihre Gedanken«, sagte er.
    Spontan antwortete Emma: »Ich habe mich gerade gefragt, wie Ihre Frau es wohl aushält, so lange von Ihnen getrennt zu sein.« Sie spürte, wie die Hitze in ihre Wangen stieg, und hoffte, dass sie nicht schon wieder rot wurde.
    Er betrachtete sie schweigend, und ihr fiel wieder ein Tadel ihrer Mutter ein. »Du redest dich noch mal um Kopf und Kragen«, hatte sie missbilligend zu Emma gesagt, wenn diese wieder einmal gesprochen hatte, ohne sich die Wirkung ihrer Worte vorher genau zu überlegen.
    So wie gerade eben. Verflixt.
    »Sie wollten es doch wissen«, murmelte sie schuldbewusst.
    »Wie bitte?«
    »Na, was ich gedacht habe. Sie wollten es wissen. Also habe ich geantwortet.«
    Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Stimmt. Und ich hoffe, Sie sind immer so herzerfrischend ehrlich. Das gibt es selten genug.«
    Geschmeichelt wollte sie sein Lächeln erwidern, doch da fiel ihr die erfundene Verlobung ein. Und das Geheimnis ihrer Vergangenheit, von dem niemand etwas wusste. Wie auch? Sie konnte sich ja selbst nicht erinnern! Offensichtlich wagte ihre Seele es nicht einmal, zu sich selbst ehrlich zu sein, geschweige denn anderen gegenüber. Wahrlich herzerfrischend. Bitterkeit stieg in ihr auf.
    »Ich bemühe mich«, sagte sie, ohne Scheerer anzusehen. Ihre gute Laune war wie weggeblasen.
    Erst als sie wortlos ihren Weg zum Fluss fortsetzten, fiel ihr auf, dass er ihr die Antwort auf die Frage nach seiner Frau schuldig geblieben war.
    Emmas ältliche Klavierlehrerin hatte beschlossen, zu einer ihrer Töchter nach Oberschwaben zu ziehen, und so war der Klavierunterricht für einige Wochen ausgefallen. Doch dann eröffnete der Vater Emma, dass er einen Ersatz für die alte Dame gefunden habe: Am nächsten Mittwoch habe Emma ihre erste Stunde bei ihrem neuen Lehrer, Herrn Heyn.
    Es war ein kalter, sonniger Oktobertag, und die glatt rasierten Wangen des jungen Klavierlehrers waren vom Herbstwind leicht gerötet, als er zu ihr ins Wohnzimmer trat. Das Sonnenlicht fiel durch die großen Fenster schräg auf sein blondes Haar und ließ es aufleuchten. Er lächelte mit entwaffnendem Charme und verbeugte sich vor seiner Schülerin.
    »Es ist mir eine Ehre, Ihnen Unterricht geben zu dürfen«, sagte er mit dieser rauen Stimme, die so gar nicht zu seinem blonden Haar, der hellen Haut und den feingliedrigen Händen passen wollte.
    Emma schaute in seine glänzenden Augen, erwiderte befangen sein Lächeln und war in ihn verliebt, noch bevor sie ein einziges Wort zu ihm gesagt hatte.
    Frau Röslin führte ihn ans Klavier und erklärte, Herr Ludwig Heyn sei trotz seiner Jugend ein hervorragender Musiker, und Emma könne sich glücklich schätzen, einem solchen Lehrer unterstellt zu werden. Damit ließ sie die beiden für ihre erste Unterrichtsstunde allein.
    Emma erinnerte sich kaum daran, was sie an jenem Tag von Ludwig gelernt hatte, dafür erinnerte sie sich umso besser an ihr Herzklopfen. Er hatte sie ein kurzes Stück von Bach vorspielen lassen, um sich ein Bild von ihrem Können zu

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