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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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sie, bevor er auf die Idee kommen konnte, sie über ihre Beziehung zu Carl auszufragen. Rasch verließ sie das Zimmer. Bevor sie die Tür schloss, schenkte sie Oskar noch ein dankbares Lächeln.
    Doch er erwiderte es nicht. Stattdessen wandte er sich ab und beugte sich wieder über den Tisch mit seinen Pflanzen. Hatte sie sich den verletzten Ausdruck in seinem Blick nur eingebildet?
    Emma hoffte es.

17
    B eim Abendessen, das die Gruppe gemeinsam im Gasthaus einnahm, verhielt Oskar sich tadellos, wie Emma zugeben musste. Sein Benehmen ihr gegenüber war freundlich, aber distanziert; keine Spur mehr von dem aufdringlichen, fordernden Verlobten, als der er sich in den letzten Wochen gebärdet hatte. Aber auch keine Spur von dem verletzten Mann, als den sie ihn am Nachmittag verlassen hatte.
    Nach dem Essen nahm er sie kurz beiseite. Sie einigten sich darauf, das Versenden der Sammlungen und die Vorbereitungen für die nächste Expedition nicht mit der Eröffnung zu stören, dass ihre Verlobung gelöst sei. Stattdessen wollten sie es den anderen in einer ruhigen Stunde im Busch mitteilen, abends, wenn sie alle zusammen beim Feuer sitzen würden.
    Emma spürte ein Kribbeln im Magen, sobald sie daran dachte. Wie würde Carl schauen? Würde er sie unter vier Augen darauf ansprechen? Am liebsten hätte sie das Ganze sofort hinter sich gebracht, aber sie verstand, dass Oskar sich während ihres Aufenthaltes in Brisbane auf anderes konzentrieren wollte. Hauptsache, er war einverstanden.
    Und sie war – hochoffiziell und unwiderruflich – frei.
    Einige Tage später wurde Emma zum ersten Mal für ihre Arbeit entlohnt. Für jede Arbeitswoche bekam sie drei Pfund, was, wie Oskar fand, mehr als genug für eine Assistentin war. Emma ahnte zwar, dass er selbst von Godeffroy einen wesentlich höheren Lohn bekommen musste, doch das störte sie nicht. Er beschäftigte sie weiterhin, das war das Wichtigste. Und leben konnte sie in Australien mit drei Pfund pro Woche recht gut: Die Verpflegung und die gesamte Ausrüstung, auch ihr Papier, bezahlte Godeffroy ja zusätzlich. Ihr blieben also nur die Kosten für das Gasthaus und die Mahlzeiten während ihres Aufenthaltes in Brisbane. So reichte ihr Lohn gut aus, um die Wäscherin zu bezahlen und sich einige persönliche Dinge wie Kleidung, Seife und Zahnpulver zu kaufen.
    Und ein neues Spitzmesser. Emma schlenderte durch Brisbane, vollbepackt mit ihren Einkäufen, als ihr einfiel, dass der Schwarze ja nun ihr altes besaß. Kurz entschlossen betrat sie einen der kleinen Läden, die mit unverhältnismäßig großen Buchstaben für ihr Angebot warben, und ließ sich mehrere Messer zeigen. Sie waren günstiger, als Emma gedacht hatte, und so erwarb sie gleich drei Messer auf einmal. Vielleicht würde sie sie brauchen, wenn sie wieder auf Schwarze treffen würde, die etwas mit ihr tauschen wollten.
    Angst machte Emma diese Vorstellung nicht mehr. Mrs. Dunnings hatte so anders von den Schwarzen gesprochen als Oskar und Pagel, dass Emmas Neugierde geweckt worden war. Sie war entschlossen, freundschaftliche Kontakte zu den Ureinwohnern aufzunehmen – wenn diese es zuließen. Sicher war Emma sich da nicht.
    Nach einer oder zwei Begegnungen mit Weißen wie Oskar und Pagel würde wohl jedem die Lust vergehen, sich einer Forschergruppe zu nähern, dachte sie.
    Nun, Emma war unbewaffnet, sie würden die Schwarzen gewiss nicht als Bedrohung empfinden.
    Als sie das Gasthaus betrat und zu ihrem Zimmer ging, um ihre Einkäufe abzuladen, umspielte ein Lächeln ihre Lippen. Die Aussicht auf den neuerlichen Aufbruch erfüllte sie mit freudiger Aufregung und, obwohl sie eine Frau war, tatsächlich mit so etwas wie Forschergeist. Ganz zu schweigen davon, dass sie wieder von morgens bis abends mit Carl zusammen sein durfte …
    Sie konnte sich noch nicht recht vorstellen, wie ihr Verhältnis sich entwickeln würde, jetzt, da sie um ihre Zuneigung wussten, diese aber noch nicht leben durften. Unwillkürlich hielt sie auf dem Flur des Gasthauses nach ihm Ausschau. Vergebens.
    Hast du wirklich gedacht, er lungert hier herum, um auf dich zu warten?, schalt sie sich, als sie ihr Zimmer betrat.
    Sosehr Emma sich auf die Expedition freute – einen Wermutstropfen gab es doch: Sie würde ihre neue Freundin Mrs. Dunnings für viele Wochen nicht wiedersehen. Beim Zusammensein mit Mrs. Dunnings war ihr bewusst geworden, wie sehr sie weibliche Gesellschaft vermisst hatte. Erst heute Morgen hatte sie Mrs. Dunnings wieder

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