Der Duft von Hibiskus
Aber so ging es doch gewiss jeder verheirateten Frau – jede Nacht!
Warum also haderte sie selbst so sehr damit, wehrte und sträubte sich? Gut, Ludwig und sie waren nicht verheiratet, aber ihre Liebe war doch größer, reiner, bedeutender als die Institution der Ehe!
Emma kam zu dem Schluss, dass nicht Ludwig das Problem war, sondern sie selbst. Sie war eben nicht so, wie eine richtige Frau sein sollte.
Armer Ludwig.
Ob sie ihn unglücklich machte? Immer öfter sagte er ihr Dinge, die ihr Angst einjagten. Dass sie die Liebe seines Lebens sei und dass er sterben würde, sollte er Emma verlieren. Dass er in ihrem Blick lesen könne, dass auch sie sterben würde, wenn er sie verließe.
»Das hat die große Liebe an sich, ob es einem gefällt oder nicht«, hauchte er in ihr Ohr. »Liebe und Schmerz, Lust und Tod liegen ganz nah beieinander, Emma.«
Sie wollte ihm nicht glauben, verschloss sich instinktiv vor dem Gift, das in seinen Worten lag. Doch sie merkte, dass sie ihm wenig entgegenzusetzen hatte. Er war verheiratet, er hatte schon viele Frauen in seinem Bett gehabt, das hatte er ihr selbst erzählt – und sie damit gequält, doch das hatte sie nicht zugegeben. Er kannte das Leben! Welches Recht hatte sie, seine Worte anzuzweifeln? Wer Liebe wollte, bekam eben auch den Schmerz.
Je weiter der Winter voranschritt, desto resignierter wurde sie.
Ludwig wurde fordernder.
Auf ihre Ausreden reagierte er nun nicht mehr verständnisvoll, sondern misstrauisch. Notgedrungen schenkte sie ihm ihren Körper wieder öfter, und um seine Zweifel an ihrer Zuneigung zu zerstreuen, ließ sie sich auf all die kleinen, demütigenden Spielchen ein, die für Emmas Empfinden so gar nichts mit Liebe zu tun hatten. Dabei fühlte sie sich jedes Mal wie betäubt, bis es endlich vorüber war und sie baden durfte.
Aber wenigstens benahm sie sich jetzt wie eine richtige Frau. Ließ alles zu. Schluckte Ekel und Widerwillen gegen seine Wünsche hinunter. Stellte Ludwig zufrieden und bemühte sich, nicht über das Wie nachzudenken. Tat es einfach.
Und fühlte sich scheußlich dabei.
18
I m B usch
N achdem die Forscher sich reichlich mit Material für die neuerliche Expedition eingedeckt hatten und die Packsättel der Ochsen prall gefüllt waren, brachen sie Ende Januar in Richtung Ipswich auf.
Emma fühlte sich frisch und ausgeruht, und da sie nicht laufen musste und das Reiten inzwischen gewöhnt war, kam sie ebenso mühelos voran wie die Männer. Sie hätte Princess sogar noch angetrieben, da ihr das Galoppieren mehr Spaß machte als der holprige Trab. Doch die Ochsen zwangen die Gruppe zu einer gemächlicheren Gangart. Der Himmel war bewölkt, und es war nicht ganz so heiß wie sonst, gegen Mittag fielen sogar einige erfrischende Regentropfen. Insgesamt ein gutes Wetter zum Reisen, sagte Emma sich frohgemut.
Sie war gespannt auf das Busch-Inn, wenn sie denn in einem übernachten würden. Carl hatte erzählt, dass in solchen Häusern manchmal abends musiziert wurde, um den Männern die Langeweile zu vertreiben. Wie gerne Emma wieder einmal Musik gehört hätte! Sie freute sich auch darauf, was der Wirt von seinem Leben in der Wildnis erzählen würde. Sicher hatte er viele unterhaltsame Anekdoten auf Lager. Einzig Pagels Bemerkung über die Wanzen machte Emma Sorgen. Ob es in den Busch-Inns wirklich so viel Ungeziefer gab? Nun, dann würde Emma einfach auf einem Stuhl schlafen. Sie war fest entschlossen, sich die aufregende neue Erfahrung nicht durch solche Kleinigkeiten verderben zu lassen.
Als sie gegen Abend tatsächlich ein Busch-Inn erreichten – das einzige auf ihrem bisherigen langen Weg, erhielt ihre Abenteuerlust allerdings einen Dämpfer.
Ungläubig starrte sie auf die große, aber vollkommen windschiefe Holzhütte. » Das soll ein Gasthaus sein?«
Carl schwang sich von Orlandos Rücken. »Offensichtlich. Auch wenn ich zugeben muss, dass es aussieht wie ein Schweinestall.«
»Um Himmels willen, Scheerer! Hier können wir doch nicht übernachten«, sagte Oskar blasiert. Er saß ab und ging ein paar Schritte auf die Hütte zu. Angeekelt rümpfte er die Nase. »Riechen Sie das?«
Krüger seufzte. »Riecht nach altem Hammel. Tja, das Essen in den Busch-Inns ist selten gut. Dafür gibt es viel zu trinken.«
»Dann müssen wir eben zuerst trinken und dann essen«, grinste Pagel, der neben Oskar getreten war. »So fällt es uns nicht mehr auf, was wir in uns reinschaufeln.«
Oskar lachte. »Sie haben Recht, Pagel.
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