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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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geküsst habe. Nicht er mich, sondern ich ihn!«
    Mrs. Dunnings lächelte. Sie schien nicht schockiert zu sein, weder von Emmas Offenheit noch vom Inhalt ihres Geständnisses.
    »Wenn ich in Carls Dienste treten würde«, fuhr Emma fort, »müsste sich unser Verhältnis notgedrungen ändern. Im Moment ist er zwar der Leiter, aber ich unterstehe ihm nicht. Würde er mich jedoch bezahlen, dann wäre er derjenige, der befiehlt, und ich mal wieder die, die gehorchen muss. Nichts wäre mehr so, wie es jetzt ist.«
    Sie brach ab und schüttelte den Kopf. »Ach, Mrs. Dunnings, ich habe es so satt, immer nur gehorchen und mich unterordnen zu müssen! Etwas in mir wehrt sich dagegen, mit aller Macht. Geld verdienen muss ich, irgendjemandem muss ich also unterstehen. Aber nicht ausgerechnet dem einzigen Mann, der mich je wirklich ernst genommen hat!«
    Mrs. Dunnings runzelte die Stirn. »Glauben Sie denn tatsächlich, meine Liebe, dass er seine Macht über Sie ausnützen würde? Dass er Sie herumkommandieren würde?«
    »Nein«, sagte Emma leise. »Aber ich würde es fürchten. Ich würde die ganze Zeit über darauf warten, dass es doch passiert. Und das würde alles zerstören.«
    Mrs. Dunnings sah sie lange schweigend an.
    Emma fühlte sich unbehaglich. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie Mrs. Dunnings kaum kannte. Himmel, was war nur in sie gefahren? Was hatte sie sich dabei gedacht, der anderen ihre geheimsten Gedanken, ihre absurdesten Ängste anzuvertrauen?
    Doch da sagte Mrs. Dunnings nachdenklich: »Ich hatte immer Angst, dass er nie wieder eine Frau an sich heranlassen würde, nach dem, was damals passiert ist. Zumal er sich selbst die Schuld dafür gegeben hat. Aber gestern Abend … ich habe den Blick gesehen, mit dem er Sie angeschaut hat.«
    Sie stellte ihre Teetasse auf den Tisch, beugte sich zu Emma hinüber und griff nach ihrer Hand. »Ich verstehe Sie, meine Liebe. Aber tun Sie Carl nicht weh. Versprechen Sie mir das.«
    Überrascht stotterte Emma: »Ja. Natürlich. Ich verspreche es.«
    Nach einer kurzen Pause setzte sie hinzu: »Was ist damals geschehen, Mrs. Dunnings?«
    »Das wird Carl Ihnen selbst erzählen, da bin ich mir ganz sicher. Eines Tages.« Mrs. Dunnings lehnte sich zurück. »Lassen Sie uns jetzt lieber überlegen, wie es mit Ihnen und Oskar Crusius weitergehen kann. Selbstbewusstsein, meine Liebe, Selbstbewusstsein ist alles! Vor allem bei einem Mann wie Crusius.«
    Emma seufzte. Mehr würde sie aus Mrs. Dunnings wohl nicht über Carls Vergangenheit herausbekommen. Aber vielleicht war das auch nicht wichtig, nicht jetzt. Wichtig war, dass Mrs. Dunnings sie verstand.
    Und dass sie ihr helfen wollte.
    »Sie haben Recht«, sagte Emma. »Kümmern wir uns um Oskar.«
    Oskars Zimmer im Gasthaus sah aus wie das unordentliche Hinterzimmer eines botanischen Instituts. In der offenen Tür stapelten sich fertige Pakete, drinnen hörte man Oskar rumoren. Emma klopfte anstandshalber kurz an, trat jedoch unaufgefordert ins Zimmer, bevor der Mut sie verließ.
    »Entschuldige die Störung, Oskar. Aber ich muss mit dir sprechen.«
    Er hob den Kopf, den er über einen Tisch voller Packpapier, Gläser, Röhrchen und Pappe gebeugt hatte. »Ich bin beschäftigt, Emma.«
    »Es ist wichtig.«
    Oskar runzelte die Stirn, zog sich aber einen Stuhl heran und setzte sich. Mit der Hand bedeutete er Emma, es ihm gleichzutun.
    Als sie saßen und er sie ungeduldig aufforderte zu reden, spürte sie heftige Zweifel in sich aufsteigen. Was, wenn Mrs. Dunnings und sie sich verrechnet hatten und Oskar ganz anders reagieren würde als erwartet?
    Sie schluckte ihre Bedenken hinunter und hob das Kinn.
    »Es geht um unsere angebliche Verlobung. Ich kann nicht mehr so damit umgehen, wie du es von mir verlangst. Ich kann nicht ›mit Herzblut‹ lügen, Oskar.«
    Er lehnte sich zurück und lächelte väterlich.
    »Nun beruhige dich, Kind. Wenn du auf meine Darbietung heute Nacht zu sprechen kommen willst, dann kann ich nur sagen, es tut mir leid. Ich gebe zu, ich hatte zu viel getrunken, und da sind die Pferde mit mir durchgegangen.« Er zwinkerte ihr zu. »Schieb’s auf die Feierlaune und vergiss es.«
    Sie starrte ihn an. »Du hast mich zum Gespött aller Gäste gemacht! Und das soll ich einfach so vergessen?«
    »Ach, Emma, du siehst die Leute doch niemals wieder. In ein paar Tagen geht es wieder auf Expedition, und kein Hahn kräht mehr nach einem Lied, das ein betrunkenes Paar zum Besten gegeben hat.«
    »Aber darum geht es

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