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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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herbeisehnte. Carl würde sie nicht erniedrigen und ihr auch niemals wehtun, das wusste sie mit instinktiver Sicherheit. Es wäre eine Vereinigung, die von beidseitiger Lust getragen wäre. Wie es sich wohl anfühlen würde, den Akt zum ersten Mal in ihrem Leben nicht mit innerer Abwehr zu vollziehen, sondern mit Lust? Ihn freiwillig in sich aufzunehmen? Vielleicht sogar dabei zum Höhepunkt zu kommen?
    »Also gut, ich frage nicht weiter«, unterbrach Carl ihre hitzigen Tagträume. »Ich wüsste zwar zu gerne, was zwischen dir und Oskar geschehen ist, aber die Hauptsache ist, dass du ihn nicht heiratest.« Er runzelte die Stirn. »Warum bist du eigentlich so rot?«
    Weil ich mir gerade vorstelle, wie wir zusammen schlafen.
    »Weil mir so heiß ist. Komisch, sonst vertrage ich die Hitze gut. Muss an der Aufregung liegen.«
    »Dann lass uns schneller reiten.« Carl wies auf ein Dickicht in der Ferne. »Da vorne scheint es Schatten zu geben, das wird dir guttun.«
    Sie galoppierten los, und Emma war froh um den Wind, der ihre Wangen kühlte und die Fantasien verwehte. Wie lange es wohl noch dauern würde, bis Carl und sie sich offen zu ihrer Liebe bekennen durften? Höchste Zeit, dass sie sich ernsthaft um ihre Erinnerung bemühte. Auch wenn sie Angst davor hatte, auch wenn ihre Schuld sie vielleicht erdrücken würde: Sie musste endlich Licht in die Geschehnisse der dunklen Tage bringen.

19
    I pswich
    I pswich war eine 3000-Seelen-Stadt am Bremer River, einem schmutzigen Fluss, der aber im Gegensatz zum Brisbane River den Vorteil hatte, dass in ihm keine Haifische schwammen.
    Der Ort selbst sah elender aus als Brisbane, obwohl es auch hier Wirtshäuser, Kaufläden, Schuhmacher und Schneider gab. Doch die Holzhäuser wirkten weniger gepflegt, und auf den staubigen Plätzen lungerten Männer herum, denen Emma lieber nicht alleine begegnen wollte.
    Es herrschte geschäftiges Treiben, Emma schnappte deutsche und englische Sprachfetzen auf und sogar solche, deren Klang sie noch nie gehört hatte. Wie im Busch-Inn gab es auch hier viele Männer mit gelblicher Haut und schmalen Augen.
    Während die Forscher mit ihren Ochsen und Pferden auf der Suche nach einem anständigen Gasthaus durch die Straßen zogen, fragte Emma Carl nach den fremd aussehenden Menschen.
    »Das sind Chinesen«, erklärte er ihr. »In den letzten Jahren sind viele von ihnen nach Australien gekommen, hauptsächlich wegen des Goldes. Von den Goldfeldern aus sind einige dann weitergezogen und haben sich als Hoteliers, Händler und Handwerker niedergelassen. Oder sie verdingen sich als Köche und Stallburschen in Gasthäusern, wie die Chinesen im Busch-Inn.«
    Krüger neben ihnen verzog das Gesicht. »Ob es ihnen dort allerdings gefällt, ist fraglich. Man sagt, die meisten Chinesen lieben es reinlich und ruhig, sie kochen gut und mögen keinen Alkohol.«
    »Dann waren die beiden gestern entschieden am falschen Platz«, sagte Emma mitleidig.
    »Ja. Und auch diese Menschen«, Carl wies auf eine Gruppe Schwarzer, »sind am falschen Platz. Eine Schande, was in den Städten aus ihnen wird.«
    Emma wagte es, die Eingeborenen genauer zu betrachten. Anders als bei den Dunnings, wo die schwarzen Angestellten ebenso gut gekleidet gewesen waren wie die weißen, trugen die Eingeborenen hier allesamt Lumpen. Sie hatten sie auf eine nachlässige Art umgehängt, so als käme es ihnen überflüssig vor, sich zu bedecken. Nicht wenige der Erwachsenen schienen betrunken zu sein, die Männer rauchten Tonpfeifen, und Emma sah eine Frau, die sich mit gleichgültiger Miene einem vorübergehenden Squatter anbot. Währenddessen spielten die Kinder, sich selbst überlassen, im Staub.
    Erschüttert fragte Emma: »Warum kommen sie in die Stadt, wenn es ihnen hier so schlecht geht?«
    »Weil sie aus ihren angestammten Gebieten vertrieben werden«, sagte Carl. »Die Weißen bestellen das Land, auf dem die Eingeborenen gelebt haben, und so ist für sie in den fruchtbaren Gegenden kein Platz mehr. Wenn sie nicht freiwillig das Feld räumen, wird nachgeholfen.«
    Pagel, der die letzten Worte aufgeschnappt hatte, mischte sich grinsend ein: »Hab gehört, die Wilden haben nette Geschenke von den Weißen gekriegt. Mit Arsen vermischtes Mehl zum Beispiel. Oder die eine oder andere Krankheit, die die schwarzen Weiber sich in den Betten der weißen Männer geholt haben.« Er spuckte aus. »Unchristliche Frauenzimmer!«
    »Sparen Sie sich Ihre dummen Bemerkungen«, sagte Carl scharf.
    Erstaunt

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