Der Duft von Orangen (German Edition)
nicht, dass ich von ihm abhängig war, und ich hoffte, es würde nicht alles kaputt machen, was gerade erst begonnen hatte.
22. KAPITEL
Z u Hause blieb Johnny bei mir, während ich duschte. Er sagte nicht, dass er es tat, weil er Angst hatte, ich könnte in der Dusche bewusstlos werden und ertrinken oder so, aber ich wusste, dass das der Grund war. Und obwohl wir uns das Wasser und den Schwamm teilten, versuchte ich gar nicht erst, ihn zu verführen. Wir trockneten uns ab, und ich zog ein vollkommen unerotisches Flanellnachthemd an. Johnny steckte mich ins Bett und legte sich zu mir.
Ich drehte mich auf die Seite, wandte ihm den Rücken zu und starrte in die Dunkelheit. Ich war nicht müde. Johnnys Atem wurde tiefer. Ich spürte, wie sich die Matratze unter seinem Gewicht bewegte, als seine Muskeln erschlafften und er in Tiefschlaf fiel. Ich blinzelte und blinzelte, das Muster des Lichts, das durchs Fenster fiel, veränderte sich. Genau wie die Temperatur. Die Laken unter mir.
Als er sich gegen meinen Rücken drückte und seine Hand flach auf meinen Bauch legte, wollte ich mich zu ihm umdrehen und ihn ansehen. Ich wollte sehen, ob es der jetzige Johnny oder der damalige Johnny war. Ob ich träumte oder in die Dunkelheit gegangen war oder einfach nur so müde war, dass ich das Gefühl hatte, das Bett hätte sich unter mir bewegt. Aber ich drehte mich nicht um. Ich sprach nicht. Und Johnny, welcher es auch immer war, drückte sich ganz echt ganz eng an mich. Ob es nun die Wahrheit war oder eine Illusion, die mein Gehirn sich ausgedacht hatte, er war real.
Am Montag ging ich wieder zur Arbeit. Johnny fuhr mich hin und beugte sich für einen Kuss zu mir herüber. Noch vor einer Woche hatte ich seine Abschiedsküsse leidenschaftlich erwidert, jetzt hielt ich mich zurück. Ich wollte nicht übellaunig sein, ich wollte ihn nicht abweisen, aber auf diese Weise von ihm abhängig zu sein machte mich unerwartet nervös.
Meine Arbeit erledigte ich routiniert, aber nicht besonders enthusiastisch. Als Johnny mich am Ende des Tages wieder abholte,stieg ich in der Hoffnung ins Auto, dass mich keiner meiner Kollegen sah. Natürlich hatte ich den Vorfall der Personalabteilung melden müssen. Nicht etwa, weil ich es wollte, sondern damit irgendjemand wusste, was zu tun war, sollte mir während der Arbeit etwas passieren. Ich schnallte mich an und starrte den ganzen Rückweg über aus dem Fenster, ohne Johnny einmal anzusehen.
Er brachte mich nach Hause und kam mit rein, zog aber seinen Mantel nicht aus. „Emm.“
Ich hob den Kopf. „Ja?“
„Willst du, dass ich dich allein lasse? Ich kann nach Hause gehen.“
„Nein. Du kannst ruhig bleiben.“
Johnny sah mich forschend an. „Ich dachte, wir könnten heute vielleicht zum Essen ausgehen. Hast du Lust? Du darfst dir auch das Restaurant aussuchen.“
Normalerweise hätte ich das Angebot strahlend angenommen. Heute aber schüttelte ich nur meinen Kopf. „Mir ist heute nicht nach Ausgehen. Ich will mich einfach auf die Couch kuscheln, vielleicht ein wenig fernsehen.“
Johnny steckte die Hände in die Taschen. „Wenn du willst, dass ich gehe, musst du es nur sagen.“
„Du kannst bleiben“, wiederholte ich.
„Ja, aber willst du auch, dass ich bleibe?“ Ich wollte am liebsten alle auslachen, die jemals behauptet hatten, Johnny Dellasandro wäre nicht besonders intelligent. Er durchschaute mich immer.
„Wenn du willst, kannst du bleiben.“ Ich schaffte es nicht, mehr als das zu sagen, weil ich weder lügen noch seine Gefühle verletzen wollte.
„Ach, weißt du, ich gehe lieber nach Hause. Kümmere mich mal wieder um ein paar meiner Sachen.“
Er küsste mich, bevor er ging. Wenigstens das. Er zog mich in seine Arme und hielt mich fest, bis ich die Umarmung erwiderte, was mich allerdings ein paar Sekunden Überwindung kostete. Er drückte mir einen Kuss auf die Schläfe und drückte mich, dann ging er.
Ich sah ihm hinterher.
Ich war nicht böse auf Johnny, sondern ziemlich wütend auf mich selbst. Endlich hatte ich, was ich wollte, und ich schob es von mir. Aber ich konnte nicht anders. Johnny war nicht alles, was ich haben wollte. Ich wollte ein funktionierendes Gehirn, verdammt noch mal. Eines, das mich nicht die ganze Zeit willenlos durch die Zeiten reisen ließ und ein kleines Kind aus mir machte, um das man sich kümmern musste.
Ich legte mich auf die Couch und sah fern. Besser gesagt, ich zappte durch die Kanäle, ohne etwas zu finden, das meine
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