Der Duft von Tee
Körper spürt die Reue und die Liebe in seiner Berührung.
»Dann noch einen schönen Tag.«
»Dir auch«, antworte ich ohne aufzustehen. Ein stürmischer Wind lässt die Tür in einer silbrigen Kakofonie klingeln, als er sie öffnet. Sobald er draußen ist, fährt ihm der Wind ins Haar und weht es um sein Gesicht; Gigi lacht ihm durch das Fenster zu. Er hebt die Hand, um mir zu winken, und ich winke zurück.
Am Abend hämmert der Regen gegen die Fenster. Ich sollte nicht so nahe davor stehen, doch ich bin so nervös, dass ich durch den Raum tigere und früher oder später immer wieder vor dem Fenster lande, um hinauszusehen. Ich komme mir vor wie ein Löwe im Käfig. Pete sitzt vor dem Fernseher. Es ist so windig, dass sich die Bäume in unserer Straße biegen. Es rumort und tost unheilvoll, und ich spüre ein heftiges Vibrieren, als ich die Hand gegen die Scheibe lege. Das ist kein normaler Taifun.
»Hey … du …«
»Ja, ich weiß«, antworte ich und trete zurück, bevor er mich dazu ermahnen kann.
Er weiß, dass ich mir um das Lillian’s Sorgen mache, und ich bin mir sicher, dass er sich genauso um seine Baustelle sorgt. Seine Augen sind auf mich gerichtet, und er lächelt mir beruhigend zu. Der letzte Sturm hat keine großen Schäden angerichtet, doch dieser ist sehr viel heftiger. Abgestellte Motorräder sind umgestürzt und wurden auf die Gehwege geweht; auf den Straßen sind keine Autos zu sehen. Es ist unheimlich und kalt wie im Januar.
Dann kommt der Wetterbericht, und Pete dreht den Fernseher lauter. »In Hongkong wurden heute aufgrund des Taifuns Hagupit und einer Regenwarnung der Stufe orange über einhundert Flüge annulliert oder konnten nur mit Verspätung starten. Schäden an Baugerüsten und große Überschwemmungen gehören zu den schlimmsten Auswirkungen des Taifuns, der an diesem Nachmittag durch die Region zog …«
Ein trauriges Heulen übertönt den Fernseher. Der Wind hat einen der Ventilatoren im Badezimmer zum Rotieren gebracht. Schnell schließe ich die Lüftungsklappe und beschwere die Zugleine mit einem Glas Pfefferkörner. Als ich zurück ins Wohnzimmer komme, sieht Pete mich besorgt an.
»Alles klar, Liebling?«
Ich setze mich neben ihn. »Ich mache mir um das Lil’s Sorgen.«
»Da wird schon nichts passieren«, sagt er optimistisch.
Dann ertönt ein Geräusch, als würde ein Baum gegen ein Fenster schlagen, ein Klopfen auf Glas oder Holz. Pete sieht mit gerunzelter Stirn zur Eingangstür hinüber.
»Ist da jemand an der Tür?«
»Was?«
»Hat jemand an die Tür geklopft?«
»Ich bin mir nicht sicher.«
Er steht auf und öffnet. Eine kleine, durchnässte und zitternde Gestalt steht auf der Schwelle.
»O Gott. Komm rein, komm schnell rein«, sagt Pete.
Als er zur Seite tritt, sehe ich ein kleines, blasses, nasses Gesicht. Ich hole tief Luft. »Rilla?«
Pete sieht mich an. »Grace, hol ihr ein Handtuch.«
Einen Moment lang stehe ich einfach nur da und starre sie an; stumm blickt sie auf unsere Holzdielen hinunter. Sie hat ihre Regenjacke nicht angezogen, sondern stattdessen in der Hand zusammengeknüllt. Sie hält sie so fest, dass ihre Knöchel ganz weiß sind. Sie hustet und hat blaue Lippen.
»Grace?«, sagt Pete noch einmal.
Ich hole schnell ein Handtuch. Pete wickelt Rilla darin ein, als wäre sie ein kleines Kind, das gerade aus der Badewanne kommt. Er wirkt so riesig neben ihr; seine Hand ist wie die Pranke eines Bären auf ihrem Rücken. Er führt sie zur Couch und fordert sie auf, sich zu setzen, was sie auch zögernd tut. Ich gehe in die Küche und gieße heißes Wasser in eine Tasse, in die ich einen Teebeutel hänge. Ich höre, wie er etwas sagt, aber keine Antwort.
»Das war sehr leichtsinnig«, sagt er gerade, als ich die Tasse vor sie hinstelle. Sie weicht noch immer meinem Blick aus, nimmt den Tee jedoch dankbar an. »Was hast du da draußen gemacht?«
Als sie nicht antwortet, setzt er sich neben sie und reibt ihr den Rücken mit der Handfläche, eine tiefe, besorgte Falte zwischen den Brauen. Ich setze mich auf die Kante des Sofatischs und beobachte, wie sie an dem Tee nippt. Sie sieht so verfroren und klein aus, dass ich spüre, wie mir die Tränen in die Augen schießen. Schließlich hört sie auf zu zittern, und Lippen und Wangen nehmen wieder ihre normale Farbe an. Sie hebt den Kopf und sieht mich kurz an.
»Rilla, was ist los?«, flüstere ich.
Ihre Lippen zittern über dem Rand der Tasse. Sie murmelt eine Antwort, ohne den Kopf zu
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