Der Duft von Tee
eine der beiden Frauen ist, die über den Ring gesprochen haben. Jetzt lachen sie über irgendetwas. Kichern wie die Papageien. Dann reden sie über japanische Glätteisen. Die Frau an der Tür seufzt und verdreht die Augen. »Linda?«
»Ich …«, setze ich an.
»Erzählen Sie das ja nicht weiter. Das wäre sehr peinlich für Elsie. Aber passen Sie auf, okay? Seien Sie nicht zu freundlich. Sie sind ein richtiger Schatz, und das werden sie ausnutzen. Sie wissen schon, was ich meine.« Sie hebt die Brauen und sieht mich bedeutungsvoll an. Dann richtet sie sich auf und lächelt. Sie nimmt das Wechselgeld, ohne mir ein Trinkgeld dazulassen. Die Verschlüsse ihrer Handtasche schnappen laut. »Ich komme!«, gurrt sie ihren Freundinnen zu und schiebt sich die Sonnenbrille vor die Augen. »Und kurieren Sie sich gut aus, Gracie. Es macht gerade ein grässlicher Virus die Runde. Die Kinder haben ihn auch alle.«
»Ja … das werde ich. Danke.«
Ihr Lachen und ihr Getratsche und der Klang ihrer Schuhe auf dem Bürgersteig verklingen, und die Zikaden, die sich in dem hohen Gras und dem Schutt des nahe gelegenen Bauplatzes verstecken, fühlen sich bald wieder sicher genug, um ihren Sommergesang erneut aufzunehmen.
»Mann, ist das ruhig hier.« Rilla lächelt, als sie durch die Küchentür kommt. Sie nimmt ein dampfendes Spültuch von einer Hand in die andere.
»Ja«, murmele ich.
»Bist du okay, Grace?«, fragt sie, als sie meine roten Wangen sieht.
»Ja, alles klar. Danke, Rilla.«
Sie wischt den Tisch ab, an dem die Frauen gesessen haben: klebrige Kaffeeringe, weggeworfene Servietten mit Lippenstiftrückständen und aufgerissene Süßstoffpäckchen.
Ein paar Tage später geht Rilla Lebensmittelfarbe kaufen. Gigi und ich denken uns in der Zwischenzeit ein neues Macaron-Rezept aus. Die Küche erscheint mir zusammen mit ihr noch enger. Mittlerweile scheint Gigis kugelrunder Bauch den Raum vor ihr zu betreten. Sie versucht weiterhin, ihre gewohnte Kleidung zu tragen, was jedoch nicht immer gelingt. Einmal hat sie nach meinem Macaron-Rezeptbuch gegriffen, das oben auf dem Kühlschrank lag. Dabei ist ihr Shirt hochgerutscht. Der Reißverschluss ihrer kurzen Shorts stand weit offen, ein limettengrünes Spitzenhöschen guckte heraus. Sie hatte sich aus einem Band eine Art Gürtel gemacht, der die Shorts gerade so festhielt.
Sie hat mich dabei erwischt, wie ich sie angestarrt habe, und die Augen verdreht. »Sag nichts. Ich weiß, dass das bescheuert aussieht, aber du solltest mal sehen, was die mir sonst zum Anziehen geben.«
Ich ging davon aus, dass sie mit die ihre Mutter und ihre Großmutter meinte.
»Soooooooooo hässlich. Im Ernst …«, sagte sie gedehnt.
In diesem Punkt konnte ich ihr nur zustimmen. In Macao scheint es für werdende Mütter nicht viele modische Alternativen zu geben. Die meisten Frauen tragen große, halblange Kittel und gleichen sich damit wie ein Ei dem anderen. Doch seit dem Vorfall mit den Shorts trägt Gigi etwas weitere Sachen, T-Shirts in Übergrößen und Leggins. Sie hat sich ein Paar Sandalen gekauft, wie sie Marjory trägt, sodass die Zusammenstellung noch immer hip ist. Ich persönlich mag die bedruckten T-Shirts mit den durch die schlechte Übersetzung absurden Botschaften:
Liebe macht Frieden für Welt drumherum. Mach schöne Zeit!
Morgen ist Sonne, trage ein Lächeln, tanze zum Schlag deines Herzens.
Und mein absoluter Favorit: Ich war Freude letzte Nacht, und du?
Es ist die pure Ironie, die durch die Schwangerschaft unförmige Gigi in diesem T-Shirt zu sehen. Ihr Englisch ist ziemlich perfekt, sodass ich annehme, dass sie sehr wohl versteht, was der Spruch impliziert.
Wir versuchen, ein Yuzu-Zitronenbasilikum-Macaron zu machen. Ladurée in Paris lässt sich durch die Früchte der Saison inspirieren, und nachdem ich irgendwo gelesen habe, dass sie für einen Artikel in der Vogue ein Zitronenbasilikum-Macaronkreiert haben, bin ich auf diese Idee gekommen. Oder war es für die französische Elle ? Egal, jedenfalls war es très chic . Ich versuche auch, es très chic zu machen, doch bis jetzt habe ich es nur geschafft, mich dick mit einer seltsamen, nach Kräutern riechenden Ganache einzusauen. Ich glänze vor Schweiß.
»Grace, das schmeckt echt widerlich«, sagt Gigi.
»Ich weiß, es ist nicht gerade eine Offenbarung. Ich bekomme es einfach nicht hin. Magst du Basilikum?«
Sie verzieht das Gesicht.
»Es ist ein Gewürz. Ein italienisches. Ich glaube, Macao bekommt diesem
Weitere Kostenlose Bücher