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Der Duft von Tee

Der Duft von Tee

Titel: Der Duft von Tee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Tunnicliffe
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Haushaltshilfe und kümmert sich um das Haus und die Kinder von irgendwelchen reichen Leuten. Sie ist wohl an eine heiße Pfanne gekommen, vielleicht war es auch eins dieser wilden, ungezogenen Kinder, die ständig mit ihren Müttern ins Lillian’s kommen, an den Tischen rütteln, zwischen den Stühlen herumrennen und im Zuckerrausch herumbrüllen. Sie tut mir leid. Der Apotheker hört, dass wir Englisch sprechen und geht zu seiner kleinen Tochter, die auf einem Stuhl sitzt und an einem Lolli lutscht. Sie springt auf und nimmt den Lutscher aus dem Mund.
    »Creme, für Verbrennungen, heiß, aua …«, gebe ich dem Mädchen hinter der Theke zu verstehen, ich spreche laut. Sie nickt und erklärt es ihrem Vater, der eine Creme aus dem dritten Regal hinter sich holt. Aufgedruckte rote und orange Flammen lodern am Boden der Tube. Offensichtlich hat man uns verstanden. Die Frau greift in eine Geldbörse. Sie wird größtenteils von ihrem Haar verdeckt, doch ich sehe, dass Dutzende von Scheinen darin stecken, zu kleinen Quadraten gefaltet. Es sieht nicht so aus, als hätte ihr ihr Arbeitgeber Geld für diese Besorgung gegeben. Vorsichtig zieht sie einen Schein heraus und gibt ihn dem Mädchen.
    »Ich bin Grace.« Ich lächle Rillas Freundin an und strecke ihr die Hand hin. Sie ergreift sie nicht, sondern beißt sich auf die Lippen und weicht meinem Blick aus. »Ma’am. Jocelyn«, murmelt sie.
    »Nett, Sie kennenzulernen, Jocelyn«, antworte ich.
    Sie nickt und zieht sich mit kleinen, schnellen Schritten zurück, die Augen starr auf den Boden gerichtet.
    »Und Sie, Lady?«, singt das Mädchen hinter der Theke. Sie redet an dem Lutscher vorbei, den sie im Mund verkeilt hat. Sie sieht wie ein Eichhörnchen aus, die Wange straff und rund.
    »Erkältung. Influenza.«
    Sie erklärt es ihrem Vater auf Kantonesisch, und er legt die Arznei auf die Theke. Ich sehe sie einige Sekunden lang dankbar an. Wenn die Medizin wirkt, kann ich in ein paar Tagen wieder im Lil’s arbeiten. Ich hoffe, Rilla und Gigi kommen ohne mich zurecht. Aber natürlich wird es gut gehen; Marjory wird wahrscheinlich auch ein wachsames Auge auf das Café haben, doch überraschenderweise verspüre ich trotzdem eine Leere und ein flaues Gefühl im Magen. Das Lillian’s ist mein Baby.
    Nach ein paar albtraumhaften Tagen sinkt endlich das Fieber. Eines Morgens setze ich mich vorsichtig auf, besorgt, das Fieber könnte in einer Ecke auf mich lauern und erneut über mich herfallen. Doch es ist wohl endgültig verschwunden. Pete ist bereits zur Arbeit gegangen, die Matratze ist eingedrückt, wo er gelegen hat, die Laken sind zerknittert. Meine Nase läuft, und mein Hals brennt noch, doch immerhin ist mir Mama nicht im Fiebertraum erschienen. Ich stehe auf und dusche kalt, schäume die Seife zu einer samtigen Mousse auf und seufze glücklich zwischen dem trockenen Husten.
    Rilla kreischt auf, als ich zur Tür hereinkomme, Marjory klatscht in die Hände, und selbst Gigi lächelt. Yok Lan sieht mich mit ihrem sanftesten, liebenswürdigsten Lächeln an. Sie wirkt müde, doch ich bin so froh, sie zu sehen, ihre Gelassenheit zu spüren. Ich lege ihr die Hand auf die Schulter, und sie nimmt sie spontan und drückt einen leichten Kuss in meine Handfläche.
    »Du bist doch nicht etwa zum Arbeiten gekommen?«, warnt mich Marjory und schüttelt drohend einen manikürten Finger. Gigi steht neben ihr, auf die Rückenlehne ihres Stuhls gestützt, eine aufgeschlagene Modezeitschrift liegt vor ihnen. Das Model auf dem Bild trägt eine dunkelrote Strumpfhose und sitzt etwas linkisch auf einem Stuhl. Ihr Mund steht offen, die roten Lippen glänzen feucht.
    »Das würde ich gern«, antworte ich, »aber ich bin noch nicht ganz wieder auf dem Damm.«
    Rilla eilt hinter der Kasse hervor und umarmt mich fest.
    »Wir haben dich vermisst, Grace«, strömt es aus ihr heraus. »Alle haben nach dir gefragt. Tee?«
    Ich nicke dankbar. Sie geht, um mir eine Tasse zu holen. »Ist alles okay?«, rufe ich ihr hinterher und gebe mir Mühe, nicht zu nervös zu klingen. »Irgendwelche Probleme?«
    Marjory klopft auf einen Stuhl neben sich. »Sie haben wunderbare Arbeit geleistet, Grace«, flüstert sie, als ich mich hingesetzt habe. »Sie haben sich die Füße wund gelaufen, aber sie sind sehr gut zurechtgekommen. Du kannst stolz auf sie sein.«
    »Alles ist gut gegangen«, verkündet Rilla, als sie zurückkommt. Sie hat mir ein Thé pour Deux- Macaron auf die Untertasse gelegt. Die Füllung ist mit

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