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Der Duft von Tee

Der Duft von Tee

Titel: Der Duft von Tee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Tunnicliffe
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betrunken.« Sie sieht auf ihre Hände hinunter, die auf ihren Knien ruhen.
    »Ist … du weißt schon … irgendwas passiert ?«
    Sie dreht sich zu mir um und runzelt die Stirn.
    »Dieser Typ? Tom?«, sage ich langsam, während sich mir der Magen umdreht.
    »Oh, ja. Richtig. Nein.« Sie sieht wieder auf ihre Finger. »Nur, dass du auf seine Schuhe gekotzt hast.«
    »Oh.«
    »Ist schon okay. Er hat es dir nicht übel genommen. Wir sind danach gleich nach Hause. Er wollte trotzdem deine Nummer. Ich musste ihm tausendmal sagen, dass du verheiratet bist.«
    »Oh.« Schuldgefühle vermischen sich mit meiner Erleichterung.
    »Grace«, sagt sie unbeholfen, »was ist los? Du und ich, wir sind beide eher zurückhaltende Menschen, oder nicht? Deshalb verstehen wir uns vielleicht auch so gut. Aber nachdem, was auf dem Tennisplatz und mit Rilla und gestern Abend passiert ist …« Sie sieht mich mit finsterer Miene an. »Du bist nicht du selbst. Oder zumindest bist du nicht die, für die ich dich gehalten habe.«
    Ich lehne den Kopf gegen die Wand. Ich wünschte, er würde nicht so wehtun. Ich schließe die Augen und lege die Hände über die Stirn. Sie riechen nach Tabak und Wein, und ich rümpfe unwillkürlich die Nase. Wir schweigen ein paar Minuten lang, dann öffne ich die Augen wieder.
    »Ist es wegen Rilla?«, fragt sie.
    »Nein. Also, ja, aber eigentlich nicht.«
    Marjory wartet.
    Meine Kehle ist trocken. »Pete hat mit einer anderen Frau geschlafen. Mit einer dieser … Frauen aus dem Lisboa.« Es auszusprechen tut weh. Ich hätte nicht gedacht, dass es so wehtut.
    Marjory steht vom Bett auf und legt mir den Arm um die Schulter. »Das tut mir leid, Grace.«
    Ich nicke. Dann beginne ich zu weinen. Erst leise, dann laut. Große, nasse Tränen. Mein armer Kopf tut davon nur noch mehr weh. Schmerz und Tränen, Tränen und Schmerz. »Pssst, pssst, pssst«, flüstert Marjory, aber ich kann nicht aufhören; ihre Schulter wird nass von meinen Tränen.
    Sie fährt mich mit meinen Kleidern vom Vorabend in der Tasche nach Hause. Sie sind sorgfältig gefaltet und liegen auf meinen Schuhen. Ich trage eine ihrer Jogginghosen und Flipflops. Ich habe ihr von der vorzeitigen Menopause erzählt, von unseren enttäuschten Hoffnungen und geplatzten Träumen, dem Schweigen, wie wir uns langsam voneinander entfernt haben. Das alles purzelte schneller aus mir heraus, als ich es für möglich gehalten hätte. Sie hat nur zugehört und wenig gesagt. Jetzt tätschelt sie mir das Knie.
    »Alles wird gut«, sagt sie mit gedämpfter Stimme.
    »Meinst du?« Ich sehe auf meine Füße hinunter, der Nagel an meinem großen Zeh ist eingerissen. Das muss gestern Abend passiert sein. »Solltest du mir jetzt nicht sagen, dass ich diesen treulosen Bastard verlassen soll?«
    Marjory schaltet den Motor aus und lehnt sich auf das Lenkrad. Die Sonne geht langsam in leuchtenden Farben unter. Sonnenuntergänge wie diesen gibt es nicht oft in Macao. Wir beobachten das Schauspiel. Blau errötet zu Apricot, das zu rostigem Orange verbrennt. Große Wolken schweben wie Zuckerguss davor.
    »Aber nein, das werde ich dir bestimmt nicht sagen.«
    »Warum nicht?«
    »Er ist ein Idiot, dass er das getan hat. Aber er liebt dich, Grace.«
    Ich schnaube. Eine seltsame Art, seine Liebe zu zeigen. Die Wut steigt in meinem Inneren auf wie Champagnerblasen in einem Glas.
    »Das tut er wirklich, Grace. Ich weiß das. Du bist mir sehr wichtig, deshalb spüre ich so etwas.«
    Ich drehe mich zu ihr um.
    »Früher beim Tanzen haben uns ständig irgendwelche schmierigen, nichtsnutzigen Typen beobachtet. Typen, die ihre Frauen und ihre Freundinnen betrügen. Nicht einmal oder zweimal, sondern andauernd, Typen von der schlimmsten Sorte. Ich war damals dieser zwielichtigen Welt sehr nahe, und ich kann dir sagen, ja, Pete hat es verbockt. Er hat einen Fehler gemacht. Aber er ist nicht so wie diese Männer.« Ihre Augen sind fest auf den Sonnenuntergang gerichtet, die warmen Farben leuchten auf ihrem Gesicht. »Versteh doch, Grace – er wäre nicht auf Léon losgegangen, wenn er sich nichts aus dir machen würde.«
    »Er war einfach eifersüchtig. Er hat sich wie ein verdammter Neandertaler aufgeführt.«
    »Genau«, sagt sie. »Er war eifersüchtig, weil er gespürt hat, dass du Léon magst, und er die Vorstellung nicht ertragen kann, dass du jemand anderen lieben könntest.«
    »Er könnte es wohl eher nicht ertragen, wenn ich mit jemand anderem schlafe. Aber jetzt …« Ich starre in

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