Der Duke, der mich verführte
erwartet. Ich helfe, weil es sich so gehört.“
Verwundert sah sie ihn an. „Ich … danke. Ich hatte Ihnen schon vor Monaten danken wollen, aber Carlton wollte mich nicht zu Ihnen lassen. Ich kann ja verstehen, weshalb er mich so sehr verabscheut, aber seinen Hass auf Sie verstehe ich nicht. Auch wenn Carlton anderer Meinung ist, so weiß ich doch, dass alles, was geschehen ist, nicht Ihre Schuld war. Sie waren einer gegen sechs. Sie hätten nicht mehr tun können, als Sie getan haben.“
„Doch, ich hätte mehr tun können“, brummte Radcliff verdrießlich. Er war nur so sturzbetrunken gewesen, dass er sich kaum noch auf den Beinen hatte halten können und jeder seiner Schläge sein Ziel verfehlt hatte.
Matilda betrachtete ihn, ließ ihren Blick kurz auf seiner Narbe verweilen, senkte jedoch rasch die Lider. „Sie waren immer so gut zu mir. Wollen Sie nicht wenigstens erwägen, mich zur Mätresse zu nehmen? Bitte. Ich weiß, dass Sie mich mal haben wollten.“
Radcliff schluckte. Wie könnte er das vergessen? Einst hatte er wenig anderes im Sinn gehabt. Er hatte jede schöne Frau haben wollen. Selbst wenn sie einem anderen Mann gehörte. Selbst wenn dieser andere Mann sein eigener Bruder war.
„Ich werde Sie nicht abweisen, Bradford. Jetzt nicht mehr. Wenn Sie mich wollen, können Sie mich haben.“ Sie bot ihm ihre vollen Lippen dar.
Radcliff gab einen erstickten Laut von sich, sprang hastig auf und brachte sich außer Reichweite. „Bitte nicht. Ich bin ein verheirateter Mann.“
Sie hob ihm ihr verweintes Gesicht entgegen und schien erstaunt zu sein. „Verheiratet … Sie? “
„Ja, ich“, erwiderte er gereizt.
Sie blinzelte staunend, als könnte sie es noch immer nicht fassen. „Aber warum hat Carlton mir nichts davon gesagt? Wen haben Sie geheiratet? Kenne ich sie?“
„Die privaten Details meines Lebens gehen Sie genauso wenig an wie Carlton.“
Sie presste die Lippen zusammen, nickte stumm und rieb sich den Bauch. Liebevoll und versonnen. „Alles, was ich mir je gewünscht habe, war Carlton nicht bereit mir zu geben. Dabei hatte er mir so viele Versprechungen gemacht. So viele Versprechungen.“
Als sie wieder aufsah, war ihr Blick verzweifelt. „Ich habe nichts. Woraus folgt, dass auch mein Kind nichts haben wird. Ich bitte Sie, Radcliff. Von Carlton darf ich nichts erwarten. Ich flehe Sie an, bitte! Sorgen Sie für mich und mein Kind. Wenn Sie gut für uns sorgen, verspreche ich Ihnen alles, was Sie sich nur wünschen. Verheiratete Männer nehmen sich andauernd Mätressen.“
„Und manche Männer erwarten für ihre Taten keine Gegenleistung. Ich werde mich darum kümmern, dass für Sie und das Kind gesorgt ist. Himmel noch mal, Matilda, warum manövrieren Sie sich immer wieder in solche Situationen? Sie stehen kurz vor der Geburt und doch sitzen Sie hier, suchen ausgerechnet hier Zuflucht, wo alle nur das Eine im Sinn haben!“
Mit einem müden Schulterzucken wandte sie sich ab. „Vielleicht fühle ich mich ja hier zu Hause. Hier brauche ich mich nicht zu verstellen. Hier kann ich sein, was ich in den Augen der Gesellschaft schon lange bin – ein Nichts. Auch ich hatte mal meinen Stolz, Bradford. Ich bin nämlich die Tochter eines ehrbaren Kaufmanns. Und jetzt schauen Sie mich an. Ich verstecke mich hier vor mir selbst.“
Oh ja, das kannte er nur zu gut. Er hielt es genauso.
Sie schüttelte den Kopf, dann wandte sie sich ihm wieder zu, und plötzlich schien neue Hoffnung in ihren Augen aufzuflackern. „Sie müssen Ihre adelige Gattin ja sehr lieben, um mein Angebot auszuschlagen. Erzählen Sie mir von ihr. Hat sie alles, was Sie sich je von einer Frau erhofft haben? War es eine schöne Hochzeit? Mit vielen Blumen?“
„Blumen? Ja, Blumen gab es wohl, aber ich war viel zu aufgeregt, um darauf zu achten. Ein Mann wie ich heiratet nicht aus Liebe, Matilda. Es passt gut, mehr nicht. Ich brauchte eine Frau und hatte sie schon immer recht reizvoll gefunden.“
Einen Moment lang schien Matilda sprachlos zu sein, dann wurde sie wütend. „Reizvoll?“, schnaubte sie. „Ist das alles, was eine Frau Ihnen je bedeuten wird? Jetzt reden Sie doch genauso wie Carlton. Reizvoll! Schade, Bradford, dass sie Ihnen nicht mehr bedeutet. Wirklich schade. Vielleicht sollten Sie jetzt besser gehen. Ich komme auch ohne Sie zurecht.“
An der Tür blieb Radcliff noch einmal stehen und sah sich um. „Nein, so lasse ich Sie nicht zurück. Entgegen landläufiger Meinung habe ich nämlich sehr
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