Der Duke, der mich verführte
Welt denn keine Gnade? Seufzend ließ er sich auf die Bettkante sinken und schob seine Kapuze zurück. „Was tun Sie hier? Zumal in Anbetracht Ihrer Umstände. Können Sie nirgendwo anders hin? Ich dachte, Sie hätten eine Schwester. Warum gehen Sie nicht zu ihr?“
Sie zuckte kurz die Schultern und schwieg.
Ihr Schweigen brachte ihn nur noch mehr auf. Er deutete auf ihr Gesicht. „Wer war das? Carlton?“
Sie holte tief und zitternd Luft und stieß ein leises, herzzerreißendes Schluchzen aus. Tränen liefen ihr über die geschwollenen Wangen. „Ja“, sagte sie schließlich leise und wandte das Gesicht ab.
„Verdammt.“ Er wusste ja, dass seinem Bruder so einiges zuzutrauen war, aber das? „Hat er das früher schon mal gemacht?“
Ihre Lippen zitterten, und die Tränen wollten gar nicht mehr aufhören zu fließen. „Nein. Hat er nicht. Ich … mir kommt es so vor, als … als ob er nach jenem Abend, als … als diese Männer …“ Sie schloss die Augen, schüttelte heftig den Kopf, öffnete sie wieder. „Es hat Carlton zu schaffen gemacht. Und ich wurde es irgendwann leid, jeden Tag deswegen mit ihm zu streiten. Ich war es leid, mich immer gegen seine Anschuldigungen zu verteidigen, mich dafür rechtfertigen zu müssen, dass ich Ihnen an jenem Abend gefolgt bin. Schlimmer noch: Er glaubt nicht, dass das Kind von ihm ist. Womit er vielleicht gar nicht so falsch liegt. Denn wie soll ich es wissen – nach dem, was mir angetan worden ist? Es wurde immer schlimmer mit ihm, und das war auch der Grund, weshalb ich ihm letzte Woche mitgeteilt habe, dass ich nicht mehr seine Mätresse sein wolle. Aber das hat er mir gründlich heimgezahlt.“
Radcliff wusste kaum, wohin mit seinem Zorn. Als hätte Matilda nicht schon genug durchgemacht!
Unfähig, noch länger still zu sitzen, sprang er auf. „Carlton scheint dem Irrglauben zu erliegen, sich alles herausnehmen zu können. Aber machen Sie sich seinetwegen keine Sorgen. Ihre einzige Sorge sollte Ihrem Kind gelten. Sie müssen Ihre Kräfte schonen. Ich werde Sie jetzt allein lassen, verspreche aber, in Kürze mit einem Arzt zurückzukehren, der mein Vertrauen genießt. Er hat auch mein Gesicht zusammengeflickt. Bis ich zurück bin, will ich, dass Sie hierbleiben und sich nicht von der Stelle rühren. Wir warten ab, was der Arzt sagt, und wenn alles in Ordnung ist, kümmere ich mich darum, dass Sie Geld bekommen und zu Ihrer Schwester gebracht werden. Bei ihr sind Sie in Sicherheit.“
Abwehrend schüttelte sie den Kopf. „Nein, völlig ausgeschlossen. Ich kann sie da nicht mit hineinziehen. Sie ist respektabel, nicht so wie ich. Sie hat Mann und Kinder. Ich könnte niemals … Nein.“ Wieder schüttelte sie den Kopf. „Und wer sagt mir, dass Carlton mich dort nicht finden würde? Meine Schwester ist besser dran, wenn ich sie nicht mit der Angelegenheit behellige, ganz gewiss.“
Deshalb war sie also hier. Lieber brachte sie sich selbst in Gefahr, als ihre Familie einer Gefahr auszusetzen. „So löblich es ist, an das Wohl Ihrer Schwester zu denken, bringen Sie doch sich und das Kind unnötig in Gefahr, wenn Sie hierbleiben. Gehen Sie zu Ihrer Schwester, Matilda. Ihre Gesellschaft wird Ihnen guttun. Um Carlton brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen. Um den kümmere ich mich, versprochen.“
Ihre Lippen zitterten noch immer, wieder begann sie zu schluchzen und heftig den Kopf zu schütteln. „Nein, bitte nicht! Dann macht er mir das Leben erst recht zur Hölle. Und meiner Familie auch. Bitte. Ich … ich bin froh, dass ich ihm entkommen konnte.“
Herrje. Radcliff atmete tief durch, um nicht mit der Faust auf die Wand einzuschlagen. Das hatte wahrlich niemand verdient, auch nicht Matilda. Als er sich etwas beruhigt hatte, setzte er sich wieder zu ihr auf das Bett und sah sie eindringlich an in der Hoffnung, ihr etwas Trost und Zuversicht zu spenden. „Carlton wird Ihnen nie wieder ein Haar krümmen. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.“
Daraufhin schwieg sie lange. Dann beugte sie sich schwerfällig vor, nahm seine behandschuhten Hände in die ihren und hob sie an ihre Lippen. „Sie sind nicht wie Ihr Bruder, oder?“
Wieder und wieder küsste sie ihm die Hände, und gerade als er meinte, sie wolle gar nicht mehr damit aufhören, legte sie seine Hände an ihre üppigen Brüste. „Ich gehöre ihm nicht mehr.“
Keuchend riss er seine Hände zurück und rutschte ein Stück von ihr weg. „Herrgott noch mal, Weib, ich hatte keine Bezahlung
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